Oper aus unseren Archiven

In seiner Novellensammlung „Die Serapionsbrüder“ überträgt E.T.A.Hoffmann uralte Sagen und Mythen in seine eigene Zeit. Busoni, der sich zeitweise als Reinkarnation des großen Dichters betrachtete, verbinden mit Hoffmann die kosmopolitische Gesinnung, der spitzfindige Humor und das Festhalten an Visionen und Idealen.
In der „Brautwahl“ geht Hoffmann auf eine Berliner Historie aus dem 16. Jahrhundert zurück. Eine der handelnden Personen dieser „witzigsten Komödie“ E.T.A.Hoffmanns ist der Goldschmied Leonhard, ein Meister der geheimen Kunst der Alchimie. In dieser Figur hat sich der Dichter selbst dargestelltt, behauptet zumindest Hoffmann-Kenner Hans von Müller. Auch der Berliner Maler Wilhelm Hensel, der durch seine allegorischen Bilder einen Skandal bei einer Kunstausstellung 1816 in Berlin auslöste, kommt in der Novelle vor – von Hoffmann zu „Lehsen“ umgewandelt. Eine weitere Quelle ist Shakespeares „Kaufmann von Venedig“, der 1818 im Berliner Schauspielhaus aufgeführt wurde, gerade als der Dichter an seiner Novelle schrieb. Er trug zur Gestaltung der Figur des Manasse bei.

Die ausschweifenden Dialoge und den Detailreichtum der Novelle in ein Bühnenstück zu verwandeln, kostete selbst den Hoffmann-begeisterten Busoni einige Mühen. Zwar gelang es ihm, die Handlung in stimmungsvolle Bilder einzuteilen, nicht aber, sie auf das Wesentliche zu reduzieren. Ständig wird der Fortgang der dann ungekürzt drei Stunden dauernden Handlung durch „Schönrederei“ gebremst.
Für die Neuinszenierung der „Brautwahl“ an der Staatsoper Unter den Linden entstand die hier auf CD vorliegende Berliner Fassung von Antony Beaumont und Nicolas Briegel. Zwei Akthälften wurden komplett gestrichen und der Höhepunkt der Oper ins Schlussbild verlagert. Insgesamt entfiel etwa ein Drittel der Partitur. Busoni selbst vertrat ja die Ansicht, dass jeder Künstler das Recht habe, Musik nach eigener Auffassung aufzuführen.


Deutsche Staatsoper Unter den Linden Berlin
Aufzeichnung vom 5.12.1992

Ferruccio Busoni
„Die Brautwahl“
Musikalisch-phantastische Komödie
nach Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns gleichnamiger Erzählung
aus den „Seraphionsbrüdern“

Kommissionsrat Voswinkel – Siegfried Vogel, Bariton
Albertine, seine Tochter – Dalia Schaechter, Mezzosopran
Geheimer Kanzleisekretär Thusman – Peter Kazaras, Tenor
Edmund, ein junger Maler – Robert Swensen, Tenor
Baron Bensch – Peter Menzel, Tenor
Goldschmied Leonhard – Roman Trekel, Bariton
der Jude Manasse – Oscar Hillebrandt, Bass

Chor der Deutschen Staatsoper Berlin
Staatskapelle Berlin
Leitung: Daniel Barenboim


anschließend ca. 21:20 Uhr Nachrichten