Opel, Magna und die "Grüne Woche"

Von Jörg Münchenberg, Wirtschaftsredaktion Deutschlandfunk |
Die Manager von Opel werden die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt herbeigesehnt haben. Endlich wieder über neue Modelle reden und nicht mehr über Dauerkrise und Zukunftsängste. Zumal mit dem österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna zumindest auf dem Papier der neue Investor endlich feststeht.
Doch die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Auch auf der IAA war der Einstieg von Magna und die milliardenschweren Bürgschaften des Staates Dauerthema. Selbst die Kanzlerin musste auf ihrem Messerundgang immer wieder Stellung beziehen. Denn gerade die europäischen Nachbarn mit Opel-Standorten sind über das Vorgehen der Bundesregierung arg verschnupft.

Bürgschaften gegen den Erhalt deutscher Arbeitsplätze - nach diesem simplen Prinzip hat Schwarz-Rot staatliche Hilfen zugesagt und die vorläufige Rettung von Opel quasi im Alleingang bewältigt. Und Magna hat erwartungsgemäß dieser Vorgabe entsprochen: So werden an den anderen Opel-Standorten im europäischen Ausland deutlich mehr Jobs wegfallen als hierzulande, auch wenn offiziell natürlich immer betriebswirtschaftliche Gründe herhalten müssen.

Der Zorn über diesen Kuhhandel ist nachvollziehbar - freilich wird die Bundesregierung damit leben können. Handfeste Beweise für einen Verstoß gegen Europäisches Wettbewerbsrecht dürften kaum zu erbringen sein. Insofern wird auch die EU-Kommission am Ende das umstrittene Geschäft nicht zu Fall bringen.

Auf der anderen Seite sagt dies auch sehr viel aus über den Zustand des Europäischen Binnenmarktes. Wenn es darum geht, die eigenen Standorte und damit Jobs zu sichern - zumal in Wahlkampfzeiten - ist jeder EU-Regierung das eigene Hemd noch immer näher als der europäische Rock. Zudem müssen sich auch die Kritiker den Einwurf gefallen lassen, dass die vorläufige Sicherung der Opel-Zukunft ausschließlich der schwarz-roten Koalition in Berlin zu verdanken ist.

Allerdings bedeutet dieser Umstand noch keine Entwarnung für Opel. Einige zentrale Fragen zwischen Magna und General Motors sind bis heute nicht geklärt. Dazu kommen die berechtigten Zweifel an der Tragfähigkeit des Magna-Konzepts. Ein Scheitern und damit eine Insolvenz von Opel bleibt weiterhin eine ernsthafte Option - und mit dieser Unsicherheit werden die Mitarbeiter an allen Standorten auch in den nächsten Wochen und Monaten, wenn nicht gar Jahren, leben müssen.

Vor unsicheren Zeiten steht aber nicht nur Opel, sondern die gesamte Branche. Auch wenn sich die Autobauer auf der IAA krampfhaft bemüht haben, Zuversicht zu verbreiten. Ob jedoch die nahe und mittlere Zukunft tatsächlich so grün ausfallen wird wie von den Konzernen beschworen, ist derzeit völlig offen.

Da ist zum einen die unbeantwortete Frage, ob die Kunden die klimafreundlichen Hybrid- und Elektroautos tatsächlich kaufen werden. Denn selbst wenn es demnächst eine staatliche Anschubfinanzierung für die saubere Technologie geben sollte - die grünen Autos werden noch immer deutlich mehr kosten als herkömmlich motorisierte Fahrzeuge. Am Ende aber dürfte nicht das Umweltbewusstsein, sondern der eigene Geldbeutel bei der Kaufentscheidung ausschlaggebend sein.

Dazu kommen die hohen Entwicklungskosten. Bis zum serienreifen E-Auto ist es noch ein weiter und mühsamer Weg, der vor allem viel Geld verschlingen wird. Doch die immensen technischen wie finanziellen Anstrengungen werden die Konzerne nicht im Alleingang stemmen können, schon gar nicht in Zeiten der Absatzkrise und schmelzender Gewinne. Ohne tiefer gehende Kooperation aber wird so mancher Wettbewerber auf der Strecke bleiben.

Doch damit nicht genug: Längst haben sich die Märkte, aber auch die Akteure tiefgreifend verändert. In China und Indien entstehen neue Konkurrenten, hier lassen sich derzeit auch die besten Geschäfte machen. Volkswagen wird zugleich immer mehr zu einer globalen Automacht. Mit der Einverleibung von Porsche als zehnte Marke ist der Expansionsdrang noch längst nicht gestillt. Der japanische Autobauer Suzuki gilt bereits als nächster Übernahmekandidat.

Unter dem Strich steht die Autoindustrie also aus vielen Gründen vor einer tiefgreifenden Neuordnung, deren Konturen sich bislang nur schemenhaft abzeichnen. Insofern ist auch die diesjährige IAA vor allem eine Automesse des Übergangs - ohne klare Antwort auf die zentrale Frage, wie die Zukunft der Branche aussehen wird.