"On Africa" von Skip Norman

Kolonialismus im Abendprogramm

07:32 Minuten
Im Still aus "On Africa" wird eine weiße Illustration des afrikanischen Kontinents über Schwarzweißaufnahmen von Bäumen eingeblenet.
Bildkritisch gearbeitet: Szene aus Skip Normans "On Africa". © WDR / Screenshot via Vimeo am 15.12.2021
Madeleine Bernstorff im Gespräch mit Massimo Maio · 15.12.2021
Audio herunterladen
Mit „On Africa“ reflektierte der Filmemacher Skip Norman vor einem halben Jahrhundert neokoloniale Verhältnisse für das westdeutsche Fernsehen. Nun wird die Dokumentation und ihre besondere Bildsprache wiederentdeckt.
Jedes Jahr findet in einem anderen Land die für Dokumentarfilme bedeutende Konferenz Visible Evidence statt. Derzeit macht sie Station in Frankfurt am Main, wo eine über 50 Jahre alte WDR-Produktion erneut dem Publikum gezeigt wird: „On Africa“ heißt der Film von Skip Norman.

Kein Dreh in Angola

Der US-Amerikaner Norman wurde 1933 in Baltimore geboren, 1965 ging er nach Göttingen, um Germanistik zu studieren. Ein Jahr später zog es ihn nach Westberlin, wo er als einziger Schwarzer ein Studium an der neu gegründeten Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB) aufnahm. Nach seinem Weggang aus Berlin beschäftigte er sich mit Visual Antropology; 2015 starb er in Washington.
Sein Film „On Africa“ hat eine besondere Perspektive: Er verknüpft neokoloniale Verhältnisse in Afrika mit dem Leben in Westdeutschland.
Norman habe „sehr bildkritisch“ gearbeitet, erläutert Madeleine Bernstorff. Sie kuratiert Filmreihen, ist Autorin und sitzt in einer Arbeitsgruppe zu Skip Norman am Harun-Farocki-Institut.
„On Africa“ wollten Norman und sein Co-Regisseur Joey Gibbs zum Teil in Angola drehen, damals noch eine Kolonie Portugals. Doch durften sie dort wegen des Unabhängigkeitskriegs keine Aufnahmen machen. Deswegen hätten die Filmemacher unter anderem wie beiläufig Fotos aus dem Taxi geschossen, berichtet Bernstorff.

Noch viele offene Fragen

Das in Angola entstandene Material reichte für einen Film nicht aus, deswegen sei Norman dann an den Tricktisch gegangen: Er arbeitete die Fotos ein.
Der Dokumentarfilm wirkt auf der einen Seite wie ein nüchterner Lehrfilm, in dem über neokoloniale Zusammenhänge aufgeklärt wird. Dafür habe Norman auf das Buch „Neokolonialismus – die letzte Stufe des Imperialismus“ des ersten ghanaischen Präsidenten Kwame Nkrumah zurückgegriffen.
Den strengen und didaktischen Erklärungen sind indes die am Tricktisch entstandenen Sequenzen als „Gegengewicht“ zur Seite gestellt worden, erläutert die Kuratorin.
„On Africa“ lief 1970 zuerst an einem Samstagabend im WDR, der damals als linker Sender galt. Später wurde die Doku noch in Mannheim auf dem Filmfestival gezeigt.
Sonst gebe es nicht viele weitere Spuren, so Bernstorff. Die Aufnahmen selbst lagen lange Zeit im WDR-Archiv. Nun sei es gelungen, sie zu digitalisieren. Doch noch seien viele Fragen zu der Doku offen.

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema