Olympia in der Kommerzfalle

Wenn das Publikum nicht mehr mitspielt

Arnd Peiffer mit Goldmedaille. Man sieht nur den Brustkorb und die Medaille.
Bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang blüht der Patriotismus © imago sportfotodienst
Klaus Zeyringer im Gespräch mit Dieter Kassel  · 15.02.2018
Der Olympische Gedanke scheint angesichts von Kommerz, Korruption und Doping zerrüttet. Könnte ein Verzicht auf nationale Symbole den olympischen Geist neu beleben? Der Sportexperte Klaus Zeyringer ist skeptisch und sagt, dass die TV-Millionen und das Publikumsinteresse entscheidender sind.
Allein das Wegbrechen des Publikums könnte den Charakter der Sportveranstaltungen grundlegend verändern, sagte der österreichische Literaturwissenschaftler und Sportexperte Klaus Zeyringer im Deutschlandfunk Kultur. "Das wäre die einzige reale Möglichkeit, dass einfach das Zuschauerinteresse einbricht", sagte der Buchautor. "Bei Olympischen Spielen kann man das schon ein bisschen beobachten, auch vor Ort natürlich, wo die Ränge freibleiben und auf den Tribünen niemand mehr sitzt."

Aufruf zu Zuschauerboykott

Beim Fußball fürchte er allerdings, dass dies lange noch nicht eintreten werde, sagte Zeyringer. Die Fußballbegeisterung sei nach wie vor groß. "Ich meine ja, man sollte sich die Weltmeisterschaft in Russland nicht im Fernsehen ansehen." Zu einem solchen Zuschauerboykott wolle er zusammen mit dem Schriftsteller Ilja Trojanow in einem Manifest aufrufen. Allerdings räumte Zeyringer ein, dass vermutlich nur 0,1 Prozent der Deutschen die Spiele nicht ansehen würden.
Der österreichische Literaturkritiker und Publizist Klaus Zeyringer
Der österreichische Literaturwissenschaftler und Publizist Klaus Zeyringer setzt sich kritisch mit sportlichen Großveranstaltungen auseinander. © Imago/ Rudolf Gigler

Patriotismen überall

Auch gegenüber Überlegungen, ob es mit dem Weglassen nationaler Symbole gelingen könnte, Missstände, wie das Doping, im Sport zu unterbinden, zeigte sich Zeyringer skeptisch. "Es würden dann noch stärker die Sportartikelfirmen hervortreten," sagte er. "Die Athleten würden dann für ihre Sponsoren laufen, springen, fahren." Außerdem sei es ohnehin eine Utopie, an der auch das Olympische Komitee kein Interesse habe, ebenso wenig wie die Medien. "Sie brauchen nur zu schauen, wie die Patriotismen hochgehen", sagte der Sportexperte. "Überall in Deutschland freut man sich heute enorm über den Eiskunstlauf, dann titelt man auch gleich: Wir sind Olympiasieger."

Millionen aus der TV-Berichterstattung

Entscheidend für den Reichtum des Olympischen Komitees sei vor allem die TV-Berichterstattung, sagte Zeyringer. "Das Geld kommt ja vom Fernsehen, da kommen die Milliarden." Die Staaten seien da weniger entscheidend.

Klaus Zeyringer, Olympische Spiele. Eine Kulturgeschichte von 1896 bis heute. Winter, S. Fischer Verlag 2018, 25 Euro.

Klaus Zeyringer, Olympische Spiele. Eine Kulturgeschichte von 1896 bis heute, Band 1: Sommer, S. Fischer Verlag 2016, 26,99 Euro.

Stefan Gmünder, Klaus Zehringer, Das wunde Leder - Wie Kommerz und Korruption den Fußball kaputt machen, Suhrkamp Verlag 2018, 10 Euro.

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