Olympia-Attentat als Spionagekrimi

Rezensiert von Andreas Baum |
Zum Filmstart von "München" ist das Buch "Die Rächer. Wie der israelische Geheimdienst die Olympia-Mörder von München jagte" in Deutschland erschienen. Aaron J. Klein, intimer Kenner der Geheimdienste, schildert die Ereignisse nach dem Attentat von 1972 im Stil eines Spionagekrimis. Ein sachlicheres Herangehen wäre dem Thema angemessener gewesen.
Am 5. September 1972 stürmen fünf palästinensische Attentäter das Quartier der israelischen Athleten im Olympischen Dorf von München, töten zwei Sportler und kidnappen weitere neun. Nur einen Tag später endet der Coup auf noch tragischere Weise, als unerfahrene deutsche Sicherheitskräfte versuchen, die Geiseln zu befreien. Alle israelischen Sportler sterben bei einer wilden Schießerei auf einem Flughafen bei München, ebenso fünf der acht Terroristen und ein deutscher Polizist. Als Reaktion auf die Geiselnahme beschließt Israels Premierministerin Golda Meir, alle überlebenden palästinensischen Beteiligten und Drahtzieher von einer Spezialeinheit des israelischen Geheimdienstes Mossad umbringen zu lassen - zur Abschreckung, wie es hieß, für künftige Attentäter. Der deutsche Titel des Buches von Aaron J. Klein, "Die Rächer", legt jedoch nahe, dass es hier um Vergeltung, um die Begleichung einer Schuld gegangen sei, was Israel in einem moralisch zweifelhaften Licht dastehen lässt. Der englische Titel "Striking back" ist da präziser.

Das Buch erscheint pünktlich zum Filmstart von Spielbergs "München" in Deutschland. In den USA ist es bereits seit vergangenem Jahr zu haben. Die deutsche Übersetzung ist offensichtlich etwas hastig erledigt worden, von insgesamt drei Übersetzerinnen. Immer wieder stolpert man über holprige Sätze, der Text hätte ein sorgfältigeres Lektorat gut vertragen können. Der Autor Aaron J. Klein gibt sich viel Mühe, die Vorgänge von der Geiselnahme bis hin zu den einzelnen Morden an den Beteiligten im Stil eines Spionagekrimis zu beschreiben. Herausgekommen ist ein Buch, in dem es nur so wimmelt von Klischees, konstruiert klingenden Dialogen und hölzernen Beschreibungen der Akteure: Da ist die Rede von Agenten mit "Nerven aus Stahl", die "aus gleichem Holz geschnitzt sind" und sich "durch die lichten Haare fahren". Der Versuch, die komplizierten Ereignisse im Spionage- und Terroristenmilieu spannend zu erzählen, wirkt bisweilen etwas hilflos, manchmal gar unfreiwillig komisch, was dem ernsten Sujet nicht gerecht wird.

Aaron J. Klein ist Korrespondent des "Time Magazine" in Jerusalem und gilt als intimer Kenner der Geheimdienste. Seine Recherchen beruhen auf Gesprächen mit Mitgliedern des Mossad, aber auch mit palästinensischen Offiziellen, die ihr Wissen teilweise zum ersten Mal der Öffentlichkeit preisgeben. Sein Verdienst besteht unter anderem darin, aufzudecken, welcher Dilettantismus auf Seiten der deutschen Behörden während der Geiselnahme zur Katastrophe geführt hat. Auch wird beschrieben, wie die deutsche Politik über Jahrzehnte versucht hat, die Einzelheiten der misslungenen Befreiungsaktion der Geiseln geheim zu halten, auch um Schadensersatzforderungen der Hinterbliebenen abzuwenden. Weiterhin zeigt er, dass der Mossad bei seinen Liquidierungen bis in die 90er Jahre hinein durchaus Fehler begangen hat, denn weder wurden alle Verantwortlichen gefunden, noch waren alle Opfer wirklich verantwortlich.

Die Rechercheleistung von Klein ist bewundernswert, auch ist sein Anliegen zweifellos ehrenhaft, die Mythen, die sich um die Mossad-Aktionen ranken, zu entzaubern. Ein sachlicherer Stil wäre dem Stoff jedoch angemessener gewesen. Nicht immer lässt sich die komplizierte Realität schadlos in die berechenbare Dramaturgie eines Politthrillers pressen.

Aaron J. Klein: Die Rächer. Wie der israelische Geheimdienst die Olympia-Mörder von München jagte
Übersetzt von Christiane Bergfeld, Susanne Kuhlmann-Krieg, und Sigrid Langhaeuser
Spiegel-Verlag, 2006
288 Seiten; 17,90 Euro
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