Oliver Polak: "Gegen Judenhass"

"Ich wünsche mir von der Politik härtere Gesetze"

Olilver Polak diskutiert
Starkes Plädoyer gegen Antisemitismus: Der Komiker Oliver Polak zu Gast bei der Frankfurter Buchmesse. © David Kohlruss
Oliver Polak im Gespräch mit Christine Watty · 10.10.2018
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Fassungslos beobachtet der Comedian Oliver Polak, wie Antisemitismus wieder gesellschaftsfähig wird. Die Politik begegne dem zu kraftlos, sagt er: Politiker könnten offenbar besser mit toten Juden umgehen als mit lebendigen. Sein neues Buch heißt "Gegen Judenhass".
Oliver Polak ist Comedian, Satiriker, Buchautor – und der Sohn eines Holocaust-Überlebenden. Aufgewachsen ist er in Deutschland unter dem Eindruck, dass die Parolen "Nie wieder…!" und "Wehret den Anfängen!" Gültigkeit haben, sagt er auf dem "Blauen Sofa" der Frankfurter Buchmesse. Doch musste er "in den letzten Jahren feststellen, dass das alles nur Worthülsen, Floskeln waren." Der Antisemitismus in Deutschland sei "nie richtig verarbeitet" worden, sagt er weiter und führt dazu die Häufung antisemitischer Übergriffe und Straftaten in den letzten Jahren an. So wurden unter anderem bei Demonstrationen in Berlin unter antisemitischen Parolen Israelflaggen verbrannt: "Arabische Männer, aber auch viele Linke standen da rum. Rechte. Mitten in Berlin."

Eine Stimme für die jungen Opfer

Als dann jüdische Schüler auf Berliner Schulen gemobbt und gejagt wurden, habe ihn dies an seine eigene Jugend erinnert: "Als ich in den 80er-Jahren in Papenburg aufgewachsen bin, wurde ich auch über den Schulhof gejagt. Und ich weiß es selber, wie es ist, wenn man jung ist: Ich habe das meinem Vater dann nicht erzählt, weil er das alles schon erlebt hatte. Und da war der Gedanke: Ich versuche mal, all jenen jungen Menschen eine Stimme zu geben und dass auch andere junge Menschen von der Gegenseite auch mal anfangen, das zu verstehen." Aus dieser Motivation heraus ist sein neues Buch "Gegen Judenhass" entstanden.
Gewidmet hat er das Buch der 85-jährigen Holocaust-Überlebenden Mireille Knoll, die am 23. März 2018 in ihrer Pariser Wohnung Opfer eines mutmaßlich antisemitischen Mordes wurde. "Als ich das hörte, mit dieser 85-jährigen Frau, die den Holocaust schon überlebt hat und dann auf brutalste Art und Weise ermordet wurde, dachte ich mir: 'Hey, was ist überhaupt los? Was machen wir hier alle eigentlich? Warum gibt es überhaupt gar keinen Widerstand?'"

Gleichgültigkeit nützt den Antisemiten

Auch in seiner Branche sei der Comedian und Kabarettist mit Antisemitismus konfrontiert worden, erzählt Oliver Polak im Gespräch weiter. Ein Kollege habe ihn etwa nachts angerufen, mit der Frage, ob es denn stimme, dass die Juden ein Mittel gegen Krebs gefunden hätten, das sie anderen Menschen aber vorenthalten würden.
Es mangele an Menschen, die aufstehen und sagen: "Jetzt reicht’s! … Die Lücke für den Antisemitismus entsteht da, wo man sagt, ach komm, der meinte das doch nicht so, ach, der hatte was getrunken." Dies habe es begünstigt, dass heute Sachen salonfähig seien, "die man vor 20 Jahren nie hätte aussprechen können".

Härtere Gesetze gegen Hass

Aber wie kann man gegen den Judenhass vorgehen? Für Polak ist für mehr Empathie, "sich für einen Moment in den anderen hineinzuversetzen". Aber er fordert auch, "was die deutsche Regierung angeht, mehr Klarheit, Deutlichkeit, Gesetze, die jeden Menschen in diesem Land auch viel mehr schützen. Ob das Leute sind, die zuziehen, ob das Leute sind, die hier leben, Leute, die diskriminiert werden. Viel härtere Gesetze – Hitlergruß, weiß ich nicht: 10.000 Euro. 5 Jahre Knast."
"Wenn ich Angela Merkel in Yad Vashem sehe, wie sie einen Kranz niederlegt, und dann sehe ich, was hier in Deutschland gerade los ist, da habe ich echt das Gefühl, dass die deutschen Politiker besser mit toten Juden umgehen können als mit lebendigen."

Oliver Polak: "Gegen Judenhass"
Suhrkamp, Berlin 2018
127 Seiten, 8 Euro

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