Olivenbäume

Tod durch Globalisierung

Arbeiter fällen einen Olivenbaum, der mit dem Bakterium Xylella infiziert ist
Ein Olivenbaum muss wegen des Bakteriums Xylella gefällt werden © picture alliance / dpa / Max Frigione
Von Tilmann Kleinjung · 26.05.2015
Sie sind Wahrzeichen, kulturelles Erbe und Wirtschaftsfaktor. Doch die alten Olivenbäume in Apulien sterben an einem Bakterium namens Xylella, eingeschleppt aus Costa Rica. Um die weitere Ausbreitung zu verhindern, werden auch gesunde Bäume gefällt. Dagegen regt sich Widerstand.
Jahrhunderte-, jahrtausendealte Olivenbäume vertrocknen, sterben. Schuld ist ein Bakterium, das von Costa Rica nach Europa gekommen ist und das den Olivenbäumen Apuliens offenbar besonders zusetzt. Nur wenige resistente Arten widerstehen dem Killerbakterium, das von Insekten übertragen wird.In Apulien steht ein Drittel der italienischen Olivenbäume, ganze Familien leben von der Oliven-Produktion. Bei der Bekämpfung der Krankheit gibt es unterschiedliche Strategien. Die EU will die befallenen Olivenhaine abholzen und verbrennen lassen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Bauern und Bürgern wehren sich vehement gegen den Kahlschlag.
Der Tod kommt schleichend, aber unaufhaltsam. Zuerst vergilben die Blätter, dann vertrocknen die Äste und schließlich ist der ganz Stamm verdorrt, tot. Schuld am Sterben der Olivenbäume ist ein Bakterium namens Xylella fastidiosa, sagt Rolando Manfredini vom italienischen Bauernverband Coldiretti:
"Xylella nistet sich ins Baumgewebe ein. Es verhindert, dass Flüssigkeit zirkuliert, der Baum trocknet aus. Deshalb spricht man auch vom 'schnellen Austrocknen des Olivenbaumes'. Man sieht ja wie die Bäume verdorren und dann sterben."
Wie Rom ohne die Sixtinische Kapelle
Das Feuerbakterium hat in Apulien schon verheerende Schäden angerichtet, vor allem ganz im Süden der Region, am Stiefelabsatz im Salento. Olivenhaine in der Größe von 400 Quadratkilometern sollen hier bereits zerstört sein. Auch auf dem Hof des Schlagersängers Al Bano Carrisi sind Bäume befallen. Er sagt: Apulien ohne Olivenbäume wäre wie Rom ohne die Sixtinische Kapelle:
"Ich setze immer noch auf die Wissenschaft, auf Menschen, die davon etwas verstehen, um dieses Erbe zu retten. Weil das ist unvorstellbar: Apulien ohne Olivenbäume."
Doch es ist Eile geboten, denn die Wiesenschaum-Zikade fliegt wieder. Das Insekt gilt als Hauptüberträger dieses Bakteriums, das zum ersten Mal vor zwei Jahren in Apulien aufgetaucht ist. Die Infektion ist eine Folge der Globalisierung, sagt Rolando Manfredini:
"Es wurde über eine infizierte Pflanze importiert, wahrscheinlich genauso wie in Frankreich. Denn es gibt auch einen französischen Fall von Xylella, dort wurde das Bakterium in einer Kaffeepflanze gefunden."
Gegen das Sterben der Olivenbäume helfen keine Medizin und kein Gift. Deshalb hat die Europäische Union angeordnet, nicht nur infizierte Bäume zu fällen. In einem Radius von 100 Metern um den Infektionsherd sollen auch gesunde Bäume geschlagen werden, um eine Verbreitung der Krankheit zu verhindern.
Widerstand von Umweltschützern, Bauern und Bürgern
Als Mitte April die Motorsägen an die ersten Olivenbäume angelegt wurden, gab es erbitterten Widerstand bei Umweltschützern, Bauern und Bürgern. Auf dem Feld hatten sie keinen Erfolg – vor Gericht schon. Das Verwaltungsgericht in Rom stoppte erst einmal den Kahlschlag. Der italienische Landwirtschaftsminister fürchtet nun, dass das Bakterium auch andere Landesteile und Pflanzen infizieren kann und fordert die Bauern auf, Insektenvernichtungsmittel zu sprühen, um die Überträger der Krankheit auszuschalten. Der italienische Bauernverband plädiert dagegen für eine weniger drastische Vorgehensweise.
Rolando Manfredini: "Wenn es keine andere Wahl gibt, muss man auch in drastischer Form eingreifen. Aber man sollte zum Beispiel mit Planen versuchen, Pflanzen zu schützen, die 2000 Jahre alt sind. Denn wir haben es hier mit einem enormen kulturellen Erbe zu tun. Hier stehen 2000 Jahre alte Pflanzen, das sind echte Denkmäler."
Für viele Menschen in Apulien, ist der Olivenbaum nicht nur eine Frage der Kultur, sondern des Überlebens. Hier steht ein Drittel des italienischen Baumbestands. Etliche Familien leben von der Produktion und der Weiterverarbeitung von Oliven. Sie sind durch Xylella in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht.
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