Olfaktorisches Marketing

Was man mit der richtigen Duftnote erreichen kann

Fläschchen mit Duft-Aromen.
"Für den Mainstream fruchtige Noten mit Pfeffer": Inzwischen sind zahlreiche Duftaromen auf dem Markt, die gezielt eingesetzt werden. © picture alliance / Oliver Berg/dpa
Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster |
"Wohlfühlcharakter schaffen, Ressentiments aufbrechen": Der Duft soll es richten. Ob es um bessere Verkaufszahlen in Shoppingcentern geht oder eine wohlriechende Stadt. Sogar das Angstgefühl in Tiefgaragen soll durch eine bestimmte Duftnote verschwinden.
Hannover, Opernplatz. Peter Hampel eilt mit großen Schritten die Treppe zur Tiefgarage hinunter. Jahrelang kämpfte die Leinestadt hier mit der mangelnden Akzeptanz ihrer unterirdischen Parkflächen.
"Alle Umfragen haben ergeben damals, egal was man gemacht hat: Heller, Notrufschalter, andere Farben, bessere Wegbeleuchtung haben nicht dazu geführt, dass das subjektive Angstgefühl weg war."
Ein Fall für Hampel und sein Team von "The Olfactory". Der Auftrag: "Schlechte Gerüche reduzieren, Wohlfühlcharakter schaffen, die Modernität der Einrichtung betonen, Ressentiments aufbrechen". Die Geruchsdesigner tüftelten im Labor. Und setzten schließlich auf Altbekanntes:
"Erst als man dem Ganzen einen Duft dazu gepackt hat, und hier haben wir einen sehr annähernden an einen gelernten, den wir alle als Kinder schon gelernt haben, so etwas wie Nivea, diese Inhaltsstoffe eingesetzt, der wird hier ganz leicht hineingeben", sagt Hampel.
Babywiege statt unterirdischer Parkbucht. Sicherheitsgefühl dank Duftmischung. Der Einsatz funktionierte. Umfragen bestätigten das verbesserte Garagen-Image.
"Es hat insgesamt dieses ganze Gefühl, hier gehe ich hin, hier parke ich, auch als Frau, hier ist nicht so angstbesetzt, signifikant verändert."

Den wirksamsten Duft nimmt man kaum wahr

Ein junges Pärchen kommt die Treppe hinunter. Bleibt stehen. Beide machen den Riechtest:
"Er: Hm, wenn man sagt, das ist irgendwie ein Duft. Sie: "Ich rieche nichts." Er: "Nach Tiefgarage würde ich sagen."
Hilft der Geruch von Babycreme gegen Angst in der Tiefgarage? In Hannover zumindest scheint es zu funktionieren.
Hilft der Geruch von Babycreme gegen Angst in der Tiefgarage? In Hannover zumindest scheint es zu funktionieren.© Deutschlandradio / Ernst-Ludwig von Aster
Peter Hampel lächelt. Er weiß: der wirksamste Duft ist der, der unaufdringlich daherkommt. Kaum wahrnehmbar aber omnipräsent. Die Duft-Details beschreiben Geruchs-Profis per Farbe. Blau-weiß etwa für den Cremeduft. Wenn wir einen Duft entwickeln, dann hört unser Vokabular bei der Duftbeschreibung relativ schnell auf. Während wir eben in Farben redend sehr weit runterspezifizieren können. Ein bisschen mehr Orange, ein bisschen weniger Braun, ein bisschen mehr Schwarz, ein bisschen mehr Grün."
Seit gut 20 Jahren ist Hampel im Geruchsgeschäft. Er gehört damit zu den Pionieren in Deutschland.

"Es war sicherlich auch schon Missionarsarbeit, gar keine Frage. Dazu kam, dass andere Länder eine ganz andere Duftaffinität hatten wie der Deutsche. Der kannte Duft im Handel eher zur Überdeckung von schlechten Gerüchen. Oder hat das verbunden mit: Die wollen etwas beeinflussen bei mir, dass ich dann gar nicht merke oder sehe."
In den letzten Jahren hat sich die Duftwahrnehmung in Deutschland geändert, sagt Hampel. Das Geschäft durch die Nase gilt nicht mehr als so anrüchig wie vorher:
"Das hat sich heute gewandelt, weil der Deutsche selber, auch im Privathaushalt, eine ganz andere Einstellung zum Duft hat. Das hängt damit zusammen, dass eben viel mehr Angebote da sind mit Raumdüften zu Hause, mit Rattan-Sticks und was die Leute eben nicht alles als Duft nehmen."

Stoff-Mix für die Kanalisation

Weiter geht es durch die Fußgängerzone. Hampel erzählt, dass sein Unternehmen auch in der Geruchsbeseitigung arbeitet. In der Kleinstadt Laatzen, unweit von Hannover, pumpen sie einen Stoff-Mix in die Kanalisation, um penetranten Gestank zu beseitigen. Natürliche Wirkstoffe zerlegen dabei die Schwefelsäure. Stoppen so den Geruch. Und verhindern auch noch "Kanal-Korrosion". Der Duftdesigner bleibt vor einem eleganten Bekleidungsgeschäft stehen. Ein Hollandrad parkt als Deko vor dem Eingang. "Amsterdam Couture" steht auf der Scheibe. Eine Filiale von Scotch & Water.
"Von Deutschland, Europa bis nach China."
Und alle riechen nach einer Kreation aus Hannover. Entwickelt vom Olfactory-Labor.
"Durchaus dunkle Bestandteile, fruchtige Bestandteile, Orange, Mandarine, erdige Bestandteile, leicht holzige Noten enthalten, ursprünglich sicherlich eher mal ein männlicher Duft, aber inzwischen als Unisex-Duft akzeptiert…"
Und als Geschäft perfektioniert. Den Corporate-Identity-Duft gibt es im Bekleidungsgeschäft gleich noch als Parfum zu kaufen.

"Meistens haben wir den richtigen Riecher"

Verweildauer und Stimmung beeinflussen - das ist die Geschäftsidee. Wenn die Umsätze nach einem Dufteinsatz so hoch sind wie vorher, dann hat Peter Hampel das Geschäftsziel verfehlt. "Meistens aber haben wir den richtigen Riecher", sagt er lachend. Und ist schon beim nächsten Beduftungskunden. Einer Shopping-Galerie:
"Jetzt sind wir hier in der Galerie Luise. Eher so die exklusivere Ecke von Hannover. Die haben hier ihren ganz ureigenen Duft, sehr leicht, aber wahrnehmbar, der ein bisschen dieses Einkaufserlebnis verstärken soll, was ich hier habe, ein bisschen exklusiver."
Duft-Verteiler unterm Dach: In der Galerie Luise in Hannover setzt man auf die verkaufsfördernde Wirkung von Gerüchen.
Duft-Verteiler unterm Dach: In der Galerie Luise in Hannover setzt man auf die verkaufsfördernde Wirkung von Gerüchen.© Deutschlandradio / Ernst-Ludwig von Aster
Hampel deutet nach oben, unters gläserne Galeriedach. Dort, kaum erkennbar, steht der Duft-Verteiler: "Das Gerät sitzt da oben. Und das müssen wir dann alle drei, vier Monate anpacken. Ist aber nicht so schlimm, Intensitäten oder auch Veränderungen oder Leerstände überwachen wir heute für alle Geräte via Online-Telemetrie, das heißt wir haben immer Zugriff auf die Geräte ohne dabei sein zu müssen."
Duftsteuerung online. Für das Shopping-Erlebnis. Ganz exklusiv. Für den Mainstream...
"Was wir heute so im Mainstream in den letzten Jahres ein bisschen gelernt haben, als exklusive Duftnoten: Leichter, nicht schwerer, eine sehr frische Komposition. Hier haben wir beispielsweise Blütendüfte drin, wir haben fruchtige Noten drin, wir haben aber auch ein bisschen Pfeffer da drin. Das als Komposition zusammengestellt ist ja eher blaugrau von der Farbwirkung."
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