"Ohne Limit"

Von Hans-Ulrich Pönack |
Ein Schriftsteller mit Schreibblockade kommt in Berührung mit einer Droge, die auf phänomenale Weise das Gehirn aktiviert. Wie ein Zauberlehrling erliegt er der Versuchung. Er verändert sein Aussehen und erobert die vermeintlich bessere Welt der Reichen und Schönen.
Die bisherigen drei Filme des in New York lebenden Regisseurs, der an der "Yale Universität" ein Kunststudium absolvierte und ursprünglich Kunstmaler werden wollte, sind hierzulande nur dem DVD-Publikum bekannt: "Interview with the Assassin" (das Debüt von 2002; ein pseudodokumentarisches Drama), vor allem die spektakuläre Magie-Show "The Illusionist" von 2006 (mit Edward Norton, Paul Giamatti und Jessica Biel) sowie zuletzt "The Lucky Ones" (2008; ein Independent-Movie über heimkehrende Irak-Soldaten; mit Tim Robbins, Rachel McAdams und Michael Para).

Nun aber wird die große Kino-Leinwand gefüllt und wie. Drehbuchautorin Leslie Dixon adaptierte den Erstlingsroman "The Dark Fields" des irischen Schriftstellers Alan Glynn aus dem Jahr 2001, der bei uns 2006 unter dem Titel "Stoff" veröffentlicht wurde. Thema: Unser modernes "Schnelligkeitsbedürfnis". Bloß keinen Stillstand haben. Immer "gleich auf los". Von Null auf 100 in einer Sekunde. An jedem Tag. Unsere Zivilisation, unsere heutige Gesellschaft akzeptiert nur die Überflieger, nicht die "Halbherzigen". Deshalb: "Nimm eine Pille, und Du wirst einen Ausweg finden!". Denn diese Pille, NZT genannt und mit 800 Dollar "nicht ganz billig", aktiviert in deinem Gehirn die 80 Prozent, die ansonsten bei jedem von uns ungenutzt bleiben.

Eddie Mora ist ein Loser. Nennt sich Schriftsteller, hat sogar einen Vorschuss vom Verlag bekommen, hat aber eine totale Schreibblockade. Eddie ist unsicher, innerlich zerrissen, sauer auf sich und sein müdes Dasein, trinkt zu viel. In seinem New Yorker Appartement stapelt sich der Müll - auch der seelische. Seine Freundin Lindy hat auch die partnerschaftliche Reißleine gezogen. Eddie ist buchstäblich "auf den Hund" gekommen als er mit dieser NZT-Droge zufällig "Bekanntschaft" schließt. Über seinen Ex-Schwager. Die ersten Auswirkungen sind phänomenal. Der ultimative Kick.

Plötzlich hört, sieht und denkt Eddie mit einer unglaublichen Präzision, kann jedes Detail seiner Umwelt zur Kenntnis nehmen und konstruktiv weiterverarbeiten. Vermag plötzlich rhetorisch zu brillieren. Hat "Zugriff" zu allem, was er gelesen, was er überhaupt vernommen hat. Der pure, nein, der totale positive Wahnsinn. Eddie ist aus dem Häuschen. Will "mehr". Findet in der Wohnung seines ermordeten Schwagers ein ganzes Reservoir von Pillen. Ist nun nicht mehr aufzuhalten. Verändert Aussehen, wird wortgewandt, lernt blitzschnell Sprachen, erobert mit Charme und Genialität die "andere Welt", die bessere. Die der Reichen und Beachteten. Entwickelt spektakuläre, Aufsehen erregende Geschäftsideen. Macht Geld. Viel Geld. Sehr viel Wall Street-Geld, benötigt aber dafür eben seine "tägliche Medizin".

Da auch andere an dieser kleinen Wunderpille Geschmack finden - wird ne Menge kriminelle Energie freigesetzt. Kurzum: Eddie Mora sitzt in einer Art Achterbahn, und ob die jemals zum "vernünftigen Stillstand" kommen wird, ist längst ungewiss. Zu unkontrolliert rast sie inzwischen durch die Zeit. Wohin also führt die Reise dieses ständig über sich hinauswachsenden Durchschnittsmenschen Eddie Mora?

"Limitless", so der Originaltitel, ist einer der aufregendsten, spannendsten Denk- und Bauchfilme der letzten Zeit. Kocht Motive aus "Dr. Jekyll & Mr. Hyde" ebenso zusammen wie Rausch-Bewegungen a la "Trainspotting".
Ein Zauberlehrling probiert vom köstlichen Neumittel und erliegt der Versuchung. Die Gedanken, die der originelle Psychothriller "Ohne Limit" entwickelt, sind irre. Selten hat "nur ein Film" einen derart "mitgenommen" auf seine spannende Was-wäre-wenn-Reise.

Unbedingt erwähnenswert dabei das Schauspielerensemble - allen voran der aus Philadelphia stammende 35-jährige Bradley Cooper - spätestens in unserem Bewusstsein seit "Hangover" (2009) und "Das A-Team - Der Film" (2010). "Oscar"-Hero Robert de Niro ist sich für einen düsteren Stichwortgeber als oberster Finanzhai nicht zu schade. Und die australische Akteurin Abbie Cornish ("Ein gutes Jahr" von Ridley Scott/2006) begleitet als Lindy den Egotrip ihres Freundes Eddie mit souveräner Personality. "Ohne Limit" = ein toller doller Film.

USA 2011, Regie: Neil Burger, Hautpdarsteller: Bradley Cooper, Robert de Niro, Abbie Cornish, 105 Minuten

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