Ohne Humor, Kritik und Gewalt
Das Opernfestival im südfranzösischen Aix-en-Provence verfügt nun auch über einen Opernsaal: Im "Grand Theatre de Provence" setzte Regisseur Stéphane Braunschweig den im letzten Jahr begonnenen "Ring" mit "Der Walküre" fort. Doch ist die teilweise äußerst brutale und recht verwerfliche Bühnenhandlung aktueller, als es der Augenschein der von vorn bis hinten auf Beschönigung bedachten Inszenierung glauben machen möchte.
Von Weitem mutet das neue Grand Théâtre de Provence an wie eine Festung der Maginot-Linie, die frisch (aber nicht sehr sorgfältig) mit leicht braunrötlichen Kalksteinplatten verkleidet wurde. Treppen und Terrassen sollen, wenn sie fertig gestellt sind, für Anbindung in die hügelige Stadtlandschaft sorgen. Im Innenraum, der überwiegend durch enge Schächte zu erreichen ist, dominiert Rot (allerdings blättert das rotbraune Furnier bereits am Tag der Eröffnung ab).
Das Gebäude ist im Prinzip schlicht als Rundbau mit ansteigendem Parkett und drei Rängen angelegt. Kräftig hebt sich der Streicherklang aus dem Graben und blühen die Holzbläser auf. Das Blech der Berliner Philharmoniker lässt Simon Rattle bei den Zwischen- und Nachspielen allzu protzig auftrumpfen – im Vorjahr hatte er, noch im Hof der Archevêché, beim "Rheingold" dafür gesorgt, dass das Parlando der Sänger Vortritt hatte und der Berliner Nobelklangkörper sich elegant zurückhielt.
Insgesamt wirkt die Akustik der neuen Halle beim ersten Eindruck auf manchen Plätzen gut, auf anderen weniger, freilich in sich mitunter inhomogen – wenn ein Solist drei Schritte zur Seite macht, verändern sich Lautstärke und Klangfarbe seiner Stimme auf irritierende Weise.
Welchen Zugewinn bringt das neue Theater dem traditionell im Freien stattfindenden Festival von Aix-en-Provence? Der Mehrzweckbau ist eine im Rahmen der Stadterneuerung anberaumte Investitionsmaßnahme auch für Kongress- und Kulturaktivitäten außerhalb der Festspielzeit. Allerdings verliert das luftige Sommermusikfest der Franzosen durch die teilweise Einbindung in eine Halle dieser Art zu erheblichen Teilen sein charakteristisches und sympathiestiftendes "Alleinstellungsmerkmal".
Der Regisseur Stéphane Braunschweig setzte den im letzten Jahr begonnenen "Ring" mit "Der Walküre" fort: Die Familien-Saga, welche die Götter-, Zwergen und Riesen-Welt des "Rheingolds" mit der Siegfried-Tragödie verknüpft, offenbarte sich als schlichte "Erzählung". Doch ist die teilweise äußerst brutale und recht verwerfliche Bühnenhandlung aktueller, als es der Augenschein der von vorn bis hinten auf Beschönigung bedachten Inszenierung glauben machen möchte. Immerhin geht es um Zwangsehen, Notwehrexzesse, eine wegen Ehebruchs durchgesetzte Todesstrafe und, gelinde gesagt, um Überreaktionen des Göttervaters.
Als dessen Supersohn Siegmund schlägt sich Robert Gambill stimmlich wacker. Eva-Maria Westbroek verleiht der leidenden, liebenden und wieder leidenden Sieglinde eine fulminante, strahlende und feurige Stimme. Für ihre bedrängte Ehesituation war ein modernistischer Milchglastrichter installiert worden – der Rest spielt in einem grauen Raum (mit und ohne Treppe), dessen Wände von Video-Projektoren auf die bescheidenste Art mit Matterhorn-Panorama, Wasserwellen und Feuerflammen bespielt werden.
Willard White sorgt für eine gewisse Raubeinigkeit der Wotan-Partie, Eva Johansson führt im Germania-Look mit einigen Mühen die Zwangsemanzipation Brünnhildes zu Gehör und zu Gemüte. Braunschweigs Inszenierung bleibt völlig humor-, kritik-, gewaltfrei – verstößt also gröblich gegen Geist und Wortlaut des Wagnerschen Werks. Insgesamt verdeutlicht sie den dummdreisten Zugriff der politisch konsolidierten Rechten auf das Musiktheater – und wie diese sich quer durch Europa die Bälle zuspielt. Im Namen der "Kooperation" und der "Synergie-Effekte".
Das Gebäude ist im Prinzip schlicht als Rundbau mit ansteigendem Parkett und drei Rängen angelegt. Kräftig hebt sich der Streicherklang aus dem Graben und blühen die Holzbläser auf. Das Blech der Berliner Philharmoniker lässt Simon Rattle bei den Zwischen- und Nachspielen allzu protzig auftrumpfen – im Vorjahr hatte er, noch im Hof der Archevêché, beim "Rheingold" dafür gesorgt, dass das Parlando der Sänger Vortritt hatte und der Berliner Nobelklangkörper sich elegant zurückhielt.
Insgesamt wirkt die Akustik der neuen Halle beim ersten Eindruck auf manchen Plätzen gut, auf anderen weniger, freilich in sich mitunter inhomogen – wenn ein Solist drei Schritte zur Seite macht, verändern sich Lautstärke und Klangfarbe seiner Stimme auf irritierende Weise.
Welchen Zugewinn bringt das neue Theater dem traditionell im Freien stattfindenden Festival von Aix-en-Provence? Der Mehrzweckbau ist eine im Rahmen der Stadterneuerung anberaumte Investitionsmaßnahme auch für Kongress- und Kulturaktivitäten außerhalb der Festspielzeit. Allerdings verliert das luftige Sommermusikfest der Franzosen durch die teilweise Einbindung in eine Halle dieser Art zu erheblichen Teilen sein charakteristisches und sympathiestiftendes "Alleinstellungsmerkmal".
Der Regisseur Stéphane Braunschweig setzte den im letzten Jahr begonnenen "Ring" mit "Der Walküre" fort: Die Familien-Saga, welche die Götter-, Zwergen und Riesen-Welt des "Rheingolds" mit der Siegfried-Tragödie verknüpft, offenbarte sich als schlichte "Erzählung". Doch ist die teilweise äußerst brutale und recht verwerfliche Bühnenhandlung aktueller, als es der Augenschein der von vorn bis hinten auf Beschönigung bedachten Inszenierung glauben machen möchte. Immerhin geht es um Zwangsehen, Notwehrexzesse, eine wegen Ehebruchs durchgesetzte Todesstrafe und, gelinde gesagt, um Überreaktionen des Göttervaters.
Als dessen Supersohn Siegmund schlägt sich Robert Gambill stimmlich wacker. Eva-Maria Westbroek verleiht der leidenden, liebenden und wieder leidenden Sieglinde eine fulminante, strahlende und feurige Stimme. Für ihre bedrängte Ehesituation war ein modernistischer Milchglastrichter installiert worden – der Rest spielt in einem grauen Raum (mit und ohne Treppe), dessen Wände von Video-Projektoren auf die bescheidenste Art mit Matterhorn-Panorama, Wasserwellen und Feuerflammen bespielt werden.
Willard White sorgt für eine gewisse Raubeinigkeit der Wotan-Partie, Eva Johansson führt im Germania-Look mit einigen Mühen die Zwangsemanzipation Brünnhildes zu Gehör und zu Gemüte. Braunschweigs Inszenierung bleibt völlig humor-, kritik-, gewaltfrei – verstößt also gröblich gegen Geist und Wortlaut des Wagnerschen Werks. Insgesamt verdeutlicht sie den dummdreisten Zugriff der politisch konsolidierten Rechten auf das Musiktheater – und wie diese sich quer durch Europa die Bälle zuspielt. Im Namen der "Kooperation" und der "Synergie-Effekte".