"Ohne Eliteuniversitäten gerät Deutschland ins Hintertreffen"
Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Karl Max Einhäupl, hat die Verschiebung des Bund-Länder-Programms zur Einrichtung von Eliteuniversitäten bedauert. Einhäupl warnte davor, dass Deutschland im internationalen Ranking der Hochschulen weiter zurückfalle.
Ostermann: Das Bund-Länder-Programm besteht aus drei Säulen: aus den Exzellenz-Zentren, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und, schließlich, dem Aufbau von etwa zehn Elite-Universitäten. Gerade in diesem letzten Punkt kam es zu keiner Einigung. Haben Sie Verständnis für den Poker?
Einhäupl: Nein. Das ist ja nach einem Jahr auch nicht mehr zu erwarten. Es ist nun wirklich so, dass die gesamte wissenschaftliche Community darauf wartet, dass dieses Programm endlich beginnen kann. Und ich glaube schon, dass die gestrige Entscheidung eine Enttäuschung war, wenngleich die Türe ja noch nicht völlig verschlossen ist.
Ostermann: Nun argumentiert der hessische Wissenschaftsminister: Berlin trägt zwar 75 Prozent der Kosten des Programms, nimmt aber auf der anderen Seite wieder Geld, kürzt seinen Anteil am Hochschulbau - zu verstehen ist der Ärger doch in gewisser Weise?
Einhäupl: Das sind sich zwei völlig getrennte Probleme. Es ist in der Tat so, dass der Hochschulbau gekürzt worden ist. Das ist auch nicht hinzunehmen, das ist zu kritisieren. Aber deswegen darf dieses Programm jetzt nicht aufgehalten werden. Diese Verbindung, die immer in der Politik gemacht wird, führt letztlich dazu, dass Deutschland international ins Hintertreffen gerät.
Ostermann: Was bedeutet denn jetzt diese Verschiebung? Man könnte ja argumentieren: Wenigstens in zwei von drei Punkten ist man sich einig. Weshalb ist gerade die dritte Säule, die Förderung einer Gesamtstrategie universitärer Spitzenforschung, aus Ihrer Sicht so wichtig?
Einhäupl: Da sind wir völlig einig in den Wissenschaftsorganisationen, dass diese dritte Säule gebraucht wird. Die anderen beiden sind sicherlich gut, aber sind letztendlich nur eine Erweiterung bestehender Instrumente, Elite oder Spitze zu entwickeln. Beide Elemente, also die Graduiertenförderung und die Cluster, haben aber keine Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit wird dadurch erzeugt, dass tatsächlich neue Elemente wie Wettbewerb, leistungsorientierte Mittelvergabe, Entwicklungspläne, neue Profile, neue Felder erschließen - all dies muss auch geschehen, weil sonst das deutsche Universitätssystem nicht wirklich vorangetrieben wird.
Ostermann: Nun argumentiert Roland Koch, der hessische Ministerpräsident: Es entstehen jetzt Universitäten erster und zweiter Klasse nach amerikanischem Vorbild. Was würden Sie ihm entgegnen?
Einhäupl: Erstens würde ich ihm entgegnen, dass es die ja doch jetzt bereits gibt. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass alle Universitäten in Deutschland gleich gut sind. Aber es muss ja auch eine Differenzierung der Universitätslandschaft geben, wenn Sie bedenken, dass in den USA eben auch nicht 20 oder 30 Elite-Universitäten, sondern nur wenige existieren. Wir wären ja schon froh, wenn wir in Deutschland nur fünf Universitäten hätten, die bei den ersten 50 dabei wären. Aber Sie wissen, dass die erste deutsche Universität auf Platz 47 erscheint auf einem weltweiten Ranking von Universitäten.
Ostermann: Wann, glauben Sie, kommt denn wieder Bewegung in die Föderalismus-Debatte? - und das ist ja der Hintergrund. Erst nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen?
Einhäupl: Nun, ich vermute mal, dass das mit einer der Gründe ist, warum jetzt eine weitere Aufschiebung erfolgt. Ich habe aber die große Hoffnung, dass dann doch im Juni eine Entscheidung wirklich jetzt endgültig getroffen wird. Wenn das nicht passieren würde, das wäre ein verheerendes Signal hinein in die Wissenschaft. Aber nicht nur in die Wissenschaft: Das Programm ist ja auch im Ausland hoch beachtet worden, man hat wirklich gesagt, das sei seit langer Zeit ein großer Schritt nach vorne in Deutschland. Und natürlich schmunzelt man jetzt auch im Ausland, wenn man hört, welches Theater wir machen, um diesen dringenden Schritt endlich zu vollziehen.
Ostermann: Der Wissenschaftsrat berät Länder und Bund. Haben Sie eigentlich das Gefühl, dass Ihre Einrichtung, Ihre Organisation ernst genommen wird?
Einhäupl: Ich glaube schon, dass wir üblicherweise ernst genommen werden. Das ist ja nun ein hoch politisches Thema, wo die Spitzenpolitiker aller großen und auch kleinen Parteien und Ministerpräsidenten, aber auch der Bundeskanzler involviert sind. Das ist ein ganz wichtiges politisches Thema. Ich glaube schon, das wir ernst genommen werden, aber hier geht es ja nicht um den Wissenschaftsrat. Hier geht es um die Hochschulen im Lande. Hier geht es um die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sind ja auch betroffen, denn der Pakt für Innovationen ist ja auch gebremst. Auch die sind darauf angewiesen, dass sie langfristig ihre Planungen machen können. Das können sie nur, wenn dieser Pakt verabschiedet wird.
Einhäupl: Nein. Das ist ja nach einem Jahr auch nicht mehr zu erwarten. Es ist nun wirklich so, dass die gesamte wissenschaftliche Community darauf wartet, dass dieses Programm endlich beginnen kann. Und ich glaube schon, dass die gestrige Entscheidung eine Enttäuschung war, wenngleich die Türe ja noch nicht völlig verschlossen ist.
Ostermann: Nun argumentiert der hessische Wissenschaftsminister: Berlin trägt zwar 75 Prozent der Kosten des Programms, nimmt aber auf der anderen Seite wieder Geld, kürzt seinen Anteil am Hochschulbau - zu verstehen ist der Ärger doch in gewisser Weise?
Einhäupl: Das sind sich zwei völlig getrennte Probleme. Es ist in der Tat so, dass der Hochschulbau gekürzt worden ist. Das ist auch nicht hinzunehmen, das ist zu kritisieren. Aber deswegen darf dieses Programm jetzt nicht aufgehalten werden. Diese Verbindung, die immer in der Politik gemacht wird, führt letztlich dazu, dass Deutschland international ins Hintertreffen gerät.
Ostermann: Was bedeutet denn jetzt diese Verschiebung? Man könnte ja argumentieren: Wenigstens in zwei von drei Punkten ist man sich einig. Weshalb ist gerade die dritte Säule, die Förderung einer Gesamtstrategie universitärer Spitzenforschung, aus Ihrer Sicht so wichtig?
Einhäupl: Da sind wir völlig einig in den Wissenschaftsorganisationen, dass diese dritte Säule gebraucht wird. Die anderen beiden sind sicherlich gut, aber sind letztendlich nur eine Erweiterung bestehender Instrumente, Elite oder Spitze zu entwickeln. Beide Elemente, also die Graduiertenförderung und die Cluster, haben aber keine Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit wird dadurch erzeugt, dass tatsächlich neue Elemente wie Wettbewerb, leistungsorientierte Mittelvergabe, Entwicklungspläne, neue Profile, neue Felder erschließen - all dies muss auch geschehen, weil sonst das deutsche Universitätssystem nicht wirklich vorangetrieben wird.
Ostermann: Nun argumentiert Roland Koch, der hessische Ministerpräsident: Es entstehen jetzt Universitäten erster und zweiter Klasse nach amerikanischem Vorbild. Was würden Sie ihm entgegnen?
Einhäupl: Erstens würde ich ihm entgegnen, dass es die ja doch jetzt bereits gibt. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass alle Universitäten in Deutschland gleich gut sind. Aber es muss ja auch eine Differenzierung der Universitätslandschaft geben, wenn Sie bedenken, dass in den USA eben auch nicht 20 oder 30 Elite-Universitäten, sondern nur wenige existieren. Wir wären ja schon froh, wenn wir in Deutschland nur fünf Universitäten hätten, die bei den ersten 50 dabei wären. Aber Sie wissen, dass die erste deutsche Universität auf Platz 47 erscheint auf einem weltweiten Ranking von Universitäten.
Ostermann: Wann, glauben Sie, kommt denn wieder Bewegung in die Föderalismus-Debatte? - und das ist ja der Hintergrund. Erst nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen?
Einhäupl: Nun, ich vermute mal, dass das mit einer der Gründe ist, warum jetzt eine weitere Aufschiebung erfolgt. Ich habe aber die große Hoffnung, dass dann doch im Juni eine Entscheidung wirklich jetzt endgültig getroffen wird. Wenn das nicht passieren würde, das wäre ein verheerendes Signal hinein in die Wissenschaft. Aber nicht nur in die Wissenschaft: Das Programm ist ja auch im Ausland hoch beachtet worden, man hat wirklich gesagt, das sei seit langer Zeit ein großer Schritt nach vorne in Deutschland. Und natürlich schmunzelt man jetzt auch im Ausland, wenn man hört, welches Theater wir machen, um diesen dringenden Schritt endlich zu vollziehen.
Ostermann: Der Wissenschaftsrat berät Länder und Bund. Haben Sie eigentlich das Gefühl, dass Ihre Einrichtung, Ihre Organisation ernst genommen wird?
Einhäupl: Ich glaube schon, dass wir üblicherweise ernst genommen werden. Das ist ja nun ein hoch politisches Thema, wo die Spitzenpolitiker aller großen und auch kleinen Parteien und Ministerpräsidenten, aber auch der Bundeskanzler involviert sind. Das ist ein ganz wichtiges politisches Thema. Ich glaube schon, das wir ernst genommen werden, aber hier geht es ja nicht um den Wissenschaftsrat. Hier geht es um die Hochschulen im Lande. Hier geht es um die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sind ja auch betroffen, denn der Pakt für Innovationen ist ja auch gebremst. Auch die sind darauf angewiesen, dass sie langfristig ihre Planungen machen können. Das können sie nur, wenn dieser Pakt verabschiedet wird.