„Offensichtlich versteh‘ ich was von Grausamkeit“
„Nachhinein“ heißt der zweite Roman von Lisa Kränzler. Er war in diesem Frühjahr nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse – und ist alles andere als ein Wohlfühlbuch. Die 29-jährige schreibende Malerin erzählt darin von zwei Mädchen aus ganz unterschiedlichen Elternhäusern.
„Auf der einen Seite der Straße, die vielleicht Hirsch-, vielleicht Reh-, vielleicht Forsch- oder Eulenstraße hieß, Gesicht und Bauch der Akademiker-Mutter, auf der anderen dagegen Züge und Nabel der Arbeiter-Mutter. Hüben Lehrplan, drüben Schichtplan; da Eigenheim, dort Mietwohnung; rechts Standpauke, links Arschvoll. Frischobst und Frischluft und Kompost im Osten, Dosen und Kippen und Ascher im Westen.“
Schon ganz früh, auf Seite zehn, macht Lisa Kränzler in ihrem Roman „Nachhinein“ die Unterschiede deutlich. Das eine Mädchen wächst auf der Sonnenseite, das andere auf der Schattenseite des Lebens auf. Für die Freundschaft der beiden ist der soziale Graben kein Hindernis, anfangs zumindest.
Das Mädchen auf der Sonnenseite spielt Klavier, geht auf Gymnasium, verliebt sich. Das Mädchen auf der Schattenseite schafft es nicht aufs Gymnasium, wird vom Vater missbraucht, versucht den Kontakt zur Freundin nicht zu verlieren. Vergebens. Eine bittere Geschichte über das Leben in Zeiten der wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheit, wie am Reißbrett entworfen.
„Sie ist real, sie ist real, ich konstruier nicht. Konstruktion interessiert mich nicht, mich interessieren Bilder, die ich hab. Es ist immer eine Mischung. Wie funktioniert Fantasie? Man hat einen gewissen Erfahrungsschatz, so wie man vielleicht einen Wasserfarbenkasten mit Farben hat. Und dann kommt die Fantasie und nimmt sich Farben und macht was damit, und kombiniert die und verschmiert die, macht Sauerei, was auch immer, und dann danach ist was da.“
Schon ganz früh, auf Seite zehn, macht Lisa Kränzler in ihrem Roman „Nachhinein“ die Unterschiede deutlich. Das eine Mädchen wächst auf der Sonnenseite, das andere auf der Schattenseite des Lebens auf. Für die Freundschaft der beiden ist der soziale Graben kein Hindernis, anfangs zumindest.
Das Mädchen auf der Sonnenseite spielt Klavier, geht auf Gymnasium, verliebt sich. Das Mädchen auf der Schattenseite schafft es nicht aufs Gymnasium, wird vom Vater missbraucht, versucht den Kontakt zur Freundin nicht zu verlieren. Vergebens. Eine bittere Geschichte über das Leben in Zeiten der wachsenden gesellschaftlichen Ungleichheit, wie am Reißbrett entworfen.
„Sie ist real, sie ist real, ich konstruier nicht. Konstruktion interessiert mich nicht, mich interessieren Bilder, die ich hab. Es ist immer eine Mischung. Wie funktioniert Fantasie? Man hat einen gewissen Erfahrungsschatz, so wie man vielleicht einen Wasserfarbenkasten mit Farben hat. Und dann kommt die Fantasie und nimmt sich Farben und macht was damit, und kombiniert die und verschmiert die, macht Sauerei, was auch immer, und dann danach ist was da.“
Kreative Doppelbegabung
Lisa Kränzler spricht nicht zufällig von Farben, die 29-Jährige ist Malerin, hat an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe studiert, schreibt und malt in ihrem Atelier in Freiburg. Eine Doppelbegabung – oder wie sieht sich selbst?
„Als Maler, der schreibt, ganz einfach, als Maler, der schreibt, Punkt.“
Lisa Kränzler ist schmal, auffallend schmal. Schwarze Haare und dunkle braune Augen. Sie ist sehr bestimmt in dem, was sie von sich preisgibt und was nicht. Ihre Biografie erzählt sie nur in Bruchstücken, es bleiben Leerstellen. Geboren 1983 in Ravensburg, aufgewachsen irgendwo in der Nähe auf dem Land, schon als Kind wollte sie Künstlerin werden. Und schon früh hat sie geschrieben:
„Es waren oft Notate, tagebuchartige Aufzeichnungen, Episoden, die ich irgendwie festgehalten hab, die mir begegnet sind, Briefe. Ich hab immer viel Briefe geschrieben, in der Regel immer ohne sie abzuschicken, so was.“
In ihrem ersten Roman „Export A“ erzählt sie die Geschichte eines 16-jährigen Mädchens, das als Austauschülerin – so wie sie selbst – ein paar Monate in Kanada verbringt. Und ausbricht, in einer Kiffer-WG landet, die Schule sausen lässt, Freiheit erlebt, aber eben auch die dunklen Seiten: Sie wird vergewaltigt – und rächt sich. Ein verstörendes Debüt, wie „Nachhinein“ alles andere als ein Wohlfühlbuch:
„Naja, man schreibt von den Dingen, von denen man was versteht und offensichtlich versteh‘ ich was von Grausamkeit, Verzweiflung, Sehnsucht und so weiter.“
Die beiden Romane sind so dicht geschrieben, so nah an den Protagonistinnen, dass man unwillkürlich überlegt, was sie davon wohl selbst erlebt hat.
„Es ist sowieso alles wahr in meinen Büchern. Selbst wenn es nicht Teil meiner in Anführungszeichen ‚tatsächlichen Autobiografie‘ wäre, was ich da schreibe. Dann würde es in dem Moment, wo ich es schreibe, es werden. Weil ich sehe es ja, weil ich es schreib, und in dem Moment ist es real. Also, es gibt da keine Trennung. Ich habe dieses Buch geschrieben, es ist jetzt Teil meiner Biografie. Alles.“
„Als Maler, der schreibt, ganz einfach, als Maler, der schreibt, Punkt.“
Lisa Kränzler ist schmal, auffallend schmal. Schwarze Haare und dunkle braune Augen. Sie ist sehr bestimmt in dem, was sie von sich preisgibt und was nicht. Ihre Biografie erzählt sie nur in Bruchstücken, es bleiben Leerstellen. Geboren 1983 in Ravensburg, aufgewachsen irgendwo in der Nähe auf dem Land, schon als Kind wollte sie Künstlerin werden. Und schon früh hat sie geschrieben:
„Es waren oft Notate, tagebuchartige Aufzeichnungen, Episoden, die ich irgendwie festgehalten hab, die mir begegnet sind, Briefe. Ich hab immer viel Briefe geschrieben, in der Regel immer ohne sie abzuschicken, so was.“
In ihrem ersten Roman „Export A“ erzählt sie die Geschichte eines 16-jährigen Mädchens, das als Austauschülerin – so wie sie selbst – ein paar Monate in Kanada verbringt. Und ausbricht, in einer Kiffer-WG landet, die Schule sausen lässt, Freiheit erlebt, aber eben auch die dunklen Seiten: Sie wird vergewaltigt – und rächt sich. Ein verstörendes Debüt, wie „Nachhinein“ alles andere als ein Wohlfühlbuch:
„Naja, man schreibt von den Dingen, von denen man was versteht und offensichtlich versteh‘ ich was von Grausamkeit, Verzweiflung, Sehnsucht und so weiter.“
Die beiden Romane sind so dicht geschrieben, so nah an den Protagonistinnen, dass man unwillkürlich überlegt, was sie davon wohl selbst erlebt hat.
„Es ist sowieso alles wahr in meinen Büchern. Selbst wenn es nicht Teil meiner in Anführungszeichen ‚tatsächlichen Autobiografie‘ wäre, was ich da schreibe. Dann würde es in dem Moment, wo ich es schreibe, es werden. Weil ich sehe es ja, weil ich es schreib, und in dem Moment ist es real. Also, es gibt da keine Trennung. Ich habe dieses Buch geschrieben, es ist jetzt Teil meiner Biografie. Alles.“
Der dritte Roman ist schon fertig
Ihren dritten Roman hat sie schon abgeschlossen, Inhalt wird nicht verraten. Lisa Kränzler hat einen erstaunlichen Output, pro Buch, sagt sie, ein halbes Jahr Arbeit. Neben der Malerei.
Auffallend ist, dass in ihren Büchern Musik eine große Rolle spielt, in ihrem ersten hat sie hinten eine Liste mit Titeln veröffentlicht, den Soundtrack zum Buch, von Rage against the Machine bis Led Zeppelin. Im zweiten will das Mädchen von der Sonnenseite des Lebens unbedingt Pianistin werden. Nebenbei – Lisa Kränzler hat selbst auch als Kind Klavier gespielt:
„Musik ist doch irgendwie schon die Königin unter den Künsten, meiner Meinung nach. Das ist die, die direkt ins Herz geht, also durchs Ohr direkt ins Herz. Ich glaube, als Maler geht es mir oft so. Und ich glaub auch beim Schreiben wahrscheinlich auch, dass ich oft denk: Es wäre unglaublich gut, ein Bild malen zu können, das denselben Effekt hat wie ein richtig gutes Lied, das sich so direkt vermittelt. Das ist überhaupt das, was, glaube ich, das Einzige ist, was ich beim Malen bemängle im Vergleich zu Büchern und Musik: Mich hat noch nie ein Bild zum Weinen gebracht, aber Bücher schon und Musik sowieso.“
Service:
Lisa Kränzler liest am 17.05.2013 um 20.00 Uhr in Kirchzarten im Buchladen in der Rainhof Scheune. Ihre Romane „Nachhinein“ und „Export A“ sind im Berliner Verbrecher Verlag erschienen.
Auffallend ist, dass in ihren Büchern Musik eine große Rolle spielt, in ihrem ersten hat sie hinten eine Liste mit Titeln veröffentlicht, den Soundtrack zum Buch, von Rage against the Machine bis Led Zeppelin. Im zweiten will das Mädchen von der Sonnenseite des Lebens unbedingt Pianistin werden. Nebenbei – Lisa Kränzler hat selbst auch als Kind Klavier gespielt:
„Musik ist doch irgendwie schon die Königin unter den Künsten, meiner Meinung nach. Das ist die, die direkt ins Herz geht, also durchs Ohr direkt ins Herz. Ich glaube, als Maler geht es mir oft so. Und ich glaub auch beim Schreiben wahrscheinlich auch, dass ich oft denk: Es wäre unglaublich gut, ein Bild malen zu können, das denselben Effekt hat wie ein richtig gutes Lied, das sich so direkt vermittelt. Das ist überhaupt das, was, glaube ich, das Einzige ist, was ich beim Malen bemängle im Vergleich zu Büchern und Musik: Mich hat noch nie ein Bild zum Weinen gebracht, aber Bücher schon und Musik sowieso.“
Service:
Lisa Kränzler liest am 17.05.2013 um 20.00 Uhr in Kirchzarten im Buchladen in der Rainhof Scheune. Ihre Romane „Nachhinein“ und „Export A“ sind im Berliner Verbrecher Verlag erschienen.