Oettingers Provokation
Es ist ein Lehrstück politischer Kommunikation in dieser Republik, das da Günther Oettinger mit seiner Trauerrede auf Hans Filbinger in Szene gesetzt hat. Am Anfang steht die gezielte Provokation, mutmaßlich in der Absicht, den überregionalen Bekanntheitsgrad zu steigern. Sollte es absichtslos gewesen sein, macht es die Sache eigentlich nur schlimmer.
Aber stellen wir uns einfach vor, wie sich Herr Oettinger hinterher die Hände reibt über den kleinen kommunikativen Sprengsatz, den er da in die Welt gesetzt hat. Und wie er vielleicht nervös wird, weil die Medien am Tag danach gar nicht so richtig darauf einsteigen. Seit gestern kann er sich aber beruhigt zurücklehnen. Die üblichen Verdächtigen haben die zwei relevanten Sätze seiner Trauerrede nun doch kapiert und sich mit der Zuverlässigkeit pawlowscher Reflexe zu Wort gemeldet. Filbinger und seine Vergangenheit als Marinerichter während der NS-Zeit, da wenigstens funktioniert noch das alte Schema von rechts und links. Das ist es, was die Union in den Zeiten der Großen Koalition ab und an braucht, um sich selbst zu vergewissern, dass es noch ein paar alte konservative Korsettstangen gibt, an denen man sich auch in Zeiten gesellschaftlicher Modernisierung noch festhalten kann.
Ob diese Art der politischen Instrumentalisierung eines Begräbnisses den Normen des politischen Anstands entspricht, das mag Günther Oettinger mit sich ausmachen.
In der Sache selbst liegt er daneben, und man kann sich kaum vorstellen, dass er das nicht weiß. Ob Filbinger einst ein Nazi war oder nicht, ist fast schon eine Nebensache; deutschnationaler Kadavergehorsam war im Endeffekt genauso schlimm. Filbinger ist aber seinerzeit weniger über seine Vergangenheit selbst gestürzt, als über seine angeblichen Erinnerungslücken und seine absolute Uneinsichtigkeit, was eigene Schuld und Verstrickung anging. Diese erzkonservative Selbstgerechtigkeit als Grundzug einer ganzen politischen Kultur war es nebenbei bemerkt, die in den 60er und 70er Jahren zu Tausenden die Landeskinder aus Schwaben und Baden nach Berlin trieb; ihr Anteil an der Studentenbewegung war überdurchschnittlich hoch – wen wundert's. Und dass Günther Oettinger nun auf diese politische Kultur wieder abstellt, das ist das eigentlich Bedauerliche. Denn da waren wir schon mal weiter.
Ob diese Art der politischen Instrumentalisierung eines Begräbnisses den Normen des politischen Anstands entspricht, das mag Günther Oettinger mit sich ausmachen.
In der Sache selbst liegt er daneben, und man kann sich kaum vorstellen, dass er das nicht weiß. Ob Filbinger einst ein Nazi war oder nicht, ist fast schon eine Nebensache; deutschnationaler Kadavergehorsam war im Endeffekt genauso schlimm. Filbinger ist aber seinerzeit weniger über seine Vergangenheit selbst gestürzt, als über seine angeblichen Erinnerungslücken und seine absolute Uneinsichtigkeit, was eigene Schuld und Verstrickung anging. Diese erzkonservative Selbstgerechtigkeit als Grundzug einer ganzen politischen Kultur war es nebenbei bemerkt, die in den 60er und 70er Jahren zu Tausenden die Landeskinder aus Schwaben und Baden nach Berlin trieb; ihr Anteil an der Studentenbewegung war überdurchschnittlich hoch – wen wundert's. Und dass Günther Oettinger nun auf diese politische Kultur wieder abstellt, das ist das eigentlich Bedauerliche. Denn da waren wir schon mal weiter.