Österreichische Kulturszene für Aufnahme von Flüchtlingen

Ein Wasserhahn für 1300 Menschen

07:38 Minuten
Eine Flüchtlingsfamilie bereitet in ärmlichsten Verhältnissen im griechischen Flüchtlingslager Moria auf Lesbos Essen zu.
Flüchtlinge sind wegen mangelnder Hygiene durch das Coronavirus besonders gefährdet. © ANE Edition / imago-images
Esther Dischereit im Gespräch mit Andrea Gerk · 01.04.2020
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Nicht nur in Deutschland fordern Kulturschaffende in einem offenen Brief, Menschen aus griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. In Österreich gibt es eine ähnliche Initiative. Die Schriftstellerin Esther Dischereit erläutert die Forderungen.
Vor wenigen Tagen sprach die Schriftstellerin Rebecca Maria Salentin in unserem Programm über einen offenen Brief deutscher Kulturschaffender mit der Forderung, die griechischen Flüchtlingslager in Corona-Zeiten schleunigst zu evakuieren. Auch in Österreich gibt es eine Initiative, diesen Menschen, die in unwürdigen Bedingungen leben müssen, schnell zu helfen.

Die Schriftstellerin Esther Dischereit, die seit vielen Jahren auch in Wien lebt, sagt, dass in der österreichischen Aktion ein breites Spektrum von Menschen vertreten sei, darunter die Schriftstellerinnen Elfriede Jelinek und Monika Helfer und der Politologe Alexander Behr. Man fordere die österreichische Bundesregierung auf, die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln dringend zu evakuieren.

Gemeinden unterstützen das Vorhaben

"Soweit ich das sehen kann, treten mehr und mehr Leute dieser Petition bei, und es melden sich auch bereits aus den Gemeinden Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, die sagen, sie sind dazu bereit", sagt Dischereit. "Das ist eine Entwicklung, die wir in Deutschland auch haben. Und die Frage, die im Raum steht, ist: Wie kommt man von dieser Absichtserklärung dann auch zur Tat?"
Esther Dischereit blickt freundlich in Richtung des Betrachters.
Die Schriftstellerin Esther Dischereit fordert die schnelle Aufnahme Geflüchteter aus den griechischen Flüchtlingslagern.© SKATA / imago-images
Die Problematik liege darin, eine EU-weite Aktion hinzubekommen, so Dischereit. "Und Österreich ist auf der Liste der 'willigen Länder' nicht zu sehen – und steht damit auch nicht alleine. Es kann ja nicht sein, dass die EU aus neun Staaten besteht, die bereit sind, sich um 1600 Menschen zu kümmern, während 40.000 gestrandet sind."

Hoffnung auf eine Initialzündung

Sie erhoffe sich mit dieser Aktion eine Initialzündung für andere europäische Länder. Es gebe 27 Mitgliedstaaten und nur in neun davon die Bereitschaft, etwas zu tun. Es gebe 40.000 Menschen in diesen Lagern und in dem Lager Moria müssten sich 1300 Menschen einen einzigen Wasserhahn teilen.
Die Aufnahme dieser Menschen sei sehr wohl praktikabel, sagt Dischereit. "Die werden ja dann 14 Tage in Quarantäne untergebracht. Das ist auch möglich. Also daran kann es nicht liegen."
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