Ölpreis

Teuer erkauftes Strohfeuer

E10-Zapfpistole an einer Tankstelle
E10-Zapfpistole an einer Tankstelle: Durch den Preis für Rohöl ist auch der Benzinpreis auf Talfahrt © picture alliance / dpa
Von Jürgen Döscher · 27.11.2014
Auch wenn der Preis derzeit im freien Fall zu sein scheint: Die Zeit, in der Öl wirklich billig war, ist vorbei, meint Jürgen Döschner. Der "elende Rest" des Rohstoffs müsse mit steigendem technischen und finanziellen Aufwand gewonnen werden.
Die Zeit des billigen Öls ist vorbei. Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern von Fathi Birol, dem Chefökonom der Internationalen Energieagentur. Und ich zitiere ihn auch nicht, um Ihnen den Spaß am geplanten Ausflug an die Tankstelle zu verderben, sondern schlicht und einfach, weil er wahr ist. Ja, auch wenn sich der Ölpreis seit Wochen im freien Fall befindet, auch wenn er seit Juli um mehr als 30 Prozent gesunken ist, und auch wenn er nach der jüngsten OPEC-Entscheidung weiter fallen wird: Die Zeit des billigen Öls ist vorbei.
Wer seine Tankquittungen schön brav gesammelt hat, kann es selbst ausrechnen. Über's Jahr gerechnet dürfte jeder von uns fast genauso viel für Sprit ausgegeben haben, wie im letzten Jahr. Oder in der Sprache der Statistiker gesagt: Der aktuelle Jahresdurchschnittspreis für Rohöl der Sorte Brent liegt aktuell bei rund 105 US-Dollar pro Fass und damit nur unwesentlich unter den Durchschnittswerten der letzten drei Jahre. Zur Erinnerung: 2004 lag er bei 38 US-Dollar pro Fass.
Nie wieder Preise wie 2004
Und auch wenn die OPEC nun entschieden hat, ihre Förderung nicht zu kürzen, und damit der Preisverfall beim Erdöl vielleicht noch einige Wochen oder Monate anhalten sollte: Solche Preise wie 2004 werden wir nie wieder sehen.
Denn das derzeitige Überangebot auf dem Ölmarkt ist ein teuer erkauftes Strohfeuer. Ob Öl aus der Arktis, aus Tiefsee- oder Fracking-Bohrungen oder solches aus kanadischem Teersand: Es ist der elende Rest des Öls, der nur mit immer größerem technischen und finanziellen Aufwand und immer größeren Umweltrisiken aus dem Boden geholt werden kann.
Boom auf wackeligen Füßen
Der aktuelle Preisverfall beim Rohöl zeigt, auf welch wackeligen Füßen dieser vermeintliche Boom steht. Manche Finanzexperten warnen bereits vor einem großen Crash, weil insbesondere der Fracking-Boom in den USA zum größten Teil mit hochriskanten Anleihen finanziert ist. Steigen die ersten Investoren aus, könnte das eine Lawine auslösen. Die Folge wäre, dass anschließend der Ölpreis umso steiler in die Höhe schießt. Manche glauben, dass genau das die Strategie der OPEC ist.
Tanken wir also ruhig noch mal voll, genießen wir den Moment. Aber wir sollten uns nicht gleich ein größeres Auto kaufen! Der vorübergehende Öl-Überschuss und der möglicherweise aus taktischen Gründen von der OPEC provozierte Preissturz sollten uns nicht zu falschen Schlüssen verleiten. Wir müssen nach wie vor weg vom Öl – aus ökologischen und ökonomischen Gründen.
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