Ödipus im Libanon
Die Spielfläche ist von rußig-schwarzen Backsteinwänden umstellt und mit schwarzem Sand bedeckt. Verbrannte Erde. So hat Bühnenbildnerin Monika Rovan den schrecklichen Boden bereitet für ein modernes Kriegsmärchen von antiker Wucht: "Verbrennungen", geschrieben vom libanesisch-stämmigen Dramatiker Wajdi Mouawad, am Münchner Volkstheater jetzt neu inszeniert von Christine Eder.
Bei der Testamentseröffnung ihrer Mutter Nawal erfahren die Zwillingsgeschwister Jeanne und Simon, dass ihr tot geglaubter Vater noch lebt; und mehr noch: Sie haben auch noch einen Bruder, von dem sie bislang nichts wussten. Nawals letzter Wille: Jeanne und Simon sollen Vater und Bruder aufsuchen. Und so finden die beiden die entsetzliche Wahrheit heraus, die auch Nawal erst wenige Jahre vor ihrem Tod erfuhr: Vater und Bruder sind ein und dieselbe Person. Nihad wurde Nawal als Säugling weggenommen. Fern der Mutter wächst er zum Soldaten heran, zu einer wahren Mordmaschine im Libanonkrieg. Als Nihad und Nawal einander begegnen, erkennen sie einander nicht wieder. Nihad vergewaltigt unwissentlich die eigene Mutter. Da klingt - überdeutlich - der Ödipus-Mythos an.
Wajdi Muoawad erzählt das in einer vertrackten Struktur aus Zeitsprüngen und Rückblenden. Gezeigt wird (parallel ineinander verschränkt) sowohl Nawals Lebensgeschichte, als auch Jeannes und Simons Recherche in die Familienvergangenheit. Stück für Stück wird so die Wahrheit zusammengepuzzelt. Ein analytisches Drama, spannend wie ein Krimi, ausgeklügelt im Aufbau.
Allerdings bedarf es schon einiger unwahrscheinlichen Fügungen des Schicksals, um die Geschichte zu ihrem Ende zu führen. Gewiss, auch der "Ödipus" von Sophokles ist voll von Unwahrscheinlichkeiten; in der poetisch überhöhten antiken Tragödie aber stört das nicht weiter. Mouwads Stück dagegen ist im Kern realistisch. Da strapaziert so eine Kette von Zufällen die Glaubwürdigkeit der Handlung doch erheblich.
Das ist die Schwäche eines ansonsten starken Stücks. Mit Christine Eders Inszenierung verhält es sich ähnlich: Sie ist insgesamt gelungen und schwächelt nur gelegentlich; meistens dann, wenn Gewalt auf der Bühne dargestellt werden soll. Da wird mit Platzpatronen geballert, Schauspieler fallen wie tot um, doch bedrohlich wirkt das nie. Eher ein bisschen unbeholfen. Doch solche Szenen sind selten.
Was Christine Eder gut und nach etwas zögerlichem Start immer besser gelingt, das ist die Verzahnung der verschiedenen Zeitebenen. Was in einem Film der Schnitt erledigt, schafft Eder durch simultanes Abspielenlassen paralleler Szene in einem Einheitsraum. Neun Schauspieler schlüpfen in über 20 Rollen, flinke Rollenwechsel erlauben fließende Übergänge.
Ein dichter Abend - dank einer geschlossene Leistung des Münchner Volkstheater-Ensembles, aus dem Timur Isik als joviale Kampfmaschine Nihad herausragt. Die fröhliche Aufgeräumtheit, mit der über das Töten schwadroniert, ist derart unangemessen, dass es irritiert. Das ist verstörender als jede Erschießungsszene mit Platzpatronen.
"Verbrennungen"
Von Wajdi Mouwad
Premiere: 25.1.2008 am Münchner Volkstheater
Regie: Christine Eder
Wajdi Muoawad erzählt das in einer vertrackten Struktur aus Zeitsprüngen und Rückblenden. Gezeigt wird (parallel ineinander verschränkt) sowohl Nawals Lebensgeschichte, als auch Jeannes und Simons Recherche in die Familienvergangenheit. Stück für Stück wird so die Wahrheit zusammengepuzzelt. Ein analytisches Drama, spannend wie ein Krimi, ausgeklügelt im Aufbau.
Allerdings bedarf es schon einiger unwahrscheinlichen Fügungen des Schicksals, um die Geschichte zu ihrem Ende zu führen. Gewiss, auch der "Ödipus" von Sophokles ist voll von Unwahrscheinlichkeiten; in der poetisch überhöhten antiken Tragödie aber stört das nicht weiter. Mouwads Stück dagegen ist im Kern realistisch. Da strapaziert so eine Kette von Zufällen die Glaubwürdigkeit der Handlung doch erheblich.
Das ist die Schwäche eines ansonsten starken Stücks. Mit Christine Eders Inszenierung verhält es sich ähnlich: Sie ist insgesamt gelungen und schwächelt nur gelegentlich; meistens dann, wenn Gewalt auf der Bühne dargestellt werden soll. Da wird mit Platzpatronen geballert, Schauspieler fallen wie tot um, doch bedrohlich wirkt das nie. Eher ein bisschen unbeholfen. Doch solche Szenen sind selten.
Was Christine Eder gut und nach etwas zögerlichem Start immer besser gelingt, das ist die Verzahnung der verschiedenen Zeitebenen. Was in einem Film der Schnitt erledigt, schafft Eder durch simultanes Abspielenlassen paralleler Szene in einem Einheitsraum. Neun Schauspieler schlüpfen in über 20 Rollen, flinke Rollenwechsel erlauben fließende Übergänge.
Ein dichter Abend - dank einer geschlossene Leistung des Münchner Volkstheater-Ensembles, aus dem Timur Isik als joviale Kampfmaschine Nihad herausragt. Die fröhliche Aufgeräumtheit, mit der über das Töten schwadroniert, ist derart unangemessen, dass es irritiert. Das ist verstörender als jede Erschießungsszene mit Platzpatronen.
"Verbrennungen"
Von Wajdi Mouwad
Premiere: 25.1.2008 am Münchner Volkstheater
Regie: Christine Eder