Obermaier/Schulz: "Kapuzenmänner"

Der Ku-Klux-Klan in Deutschland

Die Robe eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds in einer Ausstellung in Washington.
Die Robe eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds in einer Ausstellung in Washington. © dtv premium / AFP / Karin Zeitvogel
Von Bodo Morshäuser · 13.02.2017
Lächerliche und gefährliche Gestalten, die sich von der rassistischen Folklore des Ku-Klux-Klan angezogen fühlen: So beschreiben die Autoren von "Kapuzenmänner" die Anhänger des deutschen Ablegers des Geheimbundes, unter denen sich offenbar viele junge Polizisten befinden.
Der Ku-Klux-Klan feiert Rituale, setzt nachts Kreuze in Brand, trägt dazu Kutten mit spitzen Kapuzen, schwört sich Treue und seinen Feinden – Nicht-Weißen und Nicht-Christen – den Tod. Es sind lupenreine Rassisten.
Frederik Obermaier und Tanjev Schultz erzählen in ihrem Buch "Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland" die Geschichte der deutschen Ableger des vor 150 Jahren in den USA gegründeten Geheimbunds. Und sie zeigen in detaillierter Recherche, dass es ziemlich lächerliche Figuren sind, die sich hierzulande von dieser US-Folklore angezogen fühlen: junge weiße Männer, denen der quasi-religiöse Kult mehr zusagt als Hooliganismus oder Parteiarbeit. Ihre Treffen sind Saufgelage. Frauen haben dort nichts zu melden.
Ab und zu schlagen Klan-Leute allerdings aufs Brutalste zu. Besonders fielen sie Anfang der neunziger Jahre auf.

Attraktiv für junge Polizisten

Das Buch dokumentiert die Anziehungskraft von Klan-Gruppen auf junge Polizisten und legt offen, dass Verfassungsschutzämter Klan-Gruppen unterstützten, indem sie eingeschleuste V-Leute mit Geld für neue Taten finanzierten. Mehr noch: Anschließend wurden Ermittlungen verschleppt und gegenüber anderen Behörden Auskünfte verweigert.
Hauptthema des Buches sind bis heute unklare Verbindungen zwischen Nachrichtendiensten, Ku-Klux-Klan-Gruppen und dem "Nationalsozialistischen Untergrund". Sie reichen von der Zeit, als der NSU noch nicht abgetaucht war, bis zum Tod von Mundlos und Böhnhardt, also über 15 Jahre. Die Heilbronner Polizistin Michelle Kiesewetter, deren Ermordung bis heute nicht aufgeklärt ist, war auf ihrer Dienststelle umgeben von Polizisten, die dem Klan angehörten. Das wurde zehn Jahre lang geheimgehalten. Zwei V-Leute mit Kontakten zum Klan und zur NSU sind auf ungewöhnliche Weise ums Leben gekommen. Alle Untersuchungsausschüsse zum Thema NSU rieben sich auf an einer Mauer des Schweigens der Dienste.
Die Autoren kommen zu dem Fazit, dass sich die Sicherheitsbehörden im Zustand kompletter Verwahrlosung befinden. Sie trügen Mitschuld daran, wenn obskuren Verschwörungstheoretikern eher Glauben geschenkt werde als dieser unglaublichen Behörde. Die Autoren bezeichnen die Verfassungsschutzämter selbst als Geheimbünde.

Viele Details, aber kaum neue Fakten

Mit Aussagen von solcher Klarheit halten sie sich ansonsten zurück. Sicher bieten ihre Gespräche mit Beteiligten viele neue Details. Doch sind die grundsätzlichen Unzulänglichkeiten der Dienste im Umfeld des NSU, ihre Aktenschredderungen und Auskunftsverweigerungen, schon bekannt.
Die Autoren betonen, dass man deutsche Ku-Klux-Klan-Gruppen zwar kaum ernst nehmen kann, dass man sie aber auch nicht übersehen darf. Ihre Gefährlichkeit bestehe gerade darin, dass man sie nicht für voll nehmen will.
Auf den ersten Blick wirken viele Details in diesem Buch unwichtig - noch. Neue, harte Fakten präsentiert das Buch kaum. Es ist eine fleißige Sammelarbeit zum Komplex Verfassungsschutz/NSU/Ku-Klux-Klan. Ein Fund für detailverliebte Leser, die sich für rechtsextremistische Zusammenhänge und die Parallelwelt der Sicherheitsbehörden interessieren.

Frederik Obermaier, Tanjev Schulz: "Kapuzenmänner - Der Ku-Klux-Klan in Deutschland"
dtv premium, Frankfurt a. M. 2017
260 Seiten, 16,90 Euro



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