Obama-Rede

Ein schwieriger Balanceakt

Barack Obama will sich zu den Abhörpraktiken der USA äußern
Barack Obama will sich zu den Abhörpraktiken der USA äußern. © dpa / picture-alliance / Shawn Thew
Von Martin Ganslmeier · 17.01.2014
Bürgerrechtler und Datenschützer kritisieren schon jetzt vorab durchgesickerte Vorschläge des US-Präsidenten zur Reform der "National Security Agency". Grundlegende Änderungen ihrer Praktiken werden wohl ausbleiben.
Obama hat sich in den vergangenen Tagen intensiv mit den 46 Reformvorschlägen seiner Expertengruppe befasst. Er hat sowohl mit Geheimdienstleuten als auch mit Datenschützern gesprochen, mit den Chefs von Internetfirmen und auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Seit Tagen versuchen die Medien herauszufinden, welchen Vorschlägen Obama folgen wird, doch selbst am Tag vor der Rede wiegelt sein Sprecher ab. Noch sei der Präsident nicht in allen Punkten entschieden. Nur eines sei klar: Obama sehe sich in der absoluten Verpflichtung, die Sicherheit der Amerikaner zu wahren – ebenso die der Soldaten und Zivilisten in Übersee. Will heißen: An den Antiterrorprogrammen der NSA wird der Präsident im Kern festhalten.
Obama sieht in der massenhaften Speicherung von Verbindungsdaten ein wertvolles Instrument im Kampf gegen den Terror. Anders als von der Expertengruppe vorgeschlagen, will er es der NSA weiterhin erlauben, die Telefonverbindungsdaten bei sich zu speichern. Dies den Telefonkonzernen zu übertragen, war auf deren heftigen Widerstand gestoßen.
Prüfung von Alternativen
In seiner Rede werde Obama den Kongress um Prüfung von Alternativen bitten, berichten US-Medien und er könnte die Dauer der Datenspeicherung von derzeit fünf Jahren verkürzen. Einen Missbrauch der Daten durch die NSA befürchte er nicht, hatte Obama vor Weihnachten bekräftigt:
"Ich bin zuversichtlich, dass sie NSA nicht im Inland herumschnüffelt."
Das Weiße Haus will künftig über Lauschangriffe auf Regierungschefs entscheiden
Wohlgemerkt: im Inland. Im Ausland dagegen gibt es kaum Vorschriften für die NSA, und da sieht Obama durchaus Reformbedarf – auch um die Empörung im Ausland zu beruhigen. In seiner Rede will der Präsident einen besseren Schutz der Privatsphäre von Ausländern ankündigen, berichtete die New York Times.
Wie genau dieser Schutz allerdings aussehen soll, blieb bislang unklar. Über Lauschangriffe auf ausländische Regierungschefs will künftig das Weiße Haus entscheiden. Damit will Obama vermeiden, dass der diplomatische Schaden letztlich größer ist als der mögliche Nutzen durch die Geheimdienste. Wir müssen das Vertrauen wiedergewinnen, hatte Obama mehrfach betont.
Vorschläge nur als Kosmetik
Ob Obama mit seiner Rede Vertrauen im Ausland zurückgewinnen kann, ist zweifelhaft. Schon jetzt kritisieren Bürgerrechtler und Datenschützer, solche vorab durchgesickerten Vorschläge als Kosmetik, zumal Obama eine weitere Empfehlung der Experten wohl nicht umsetzen wird. Bräuchte die NSA vor jeder Zielfahndung eine Beschluss des Sondergerichts, würde dies die Ermittlungen der Geheimdienste zu sehr verzögern.
Dagegen folgt Obama einem andern wichtigen Vorschlag der Experten: Künftig soll eine Datenschutzbeauftragter im Sondergericht zur Kontrolle der NSA sitzen, um die Interessen der Bürger zu vertreten.
Obamas Rede wird womöglich ein Spagat zwischen unterschiedlichen Erwartungen – den Sicherheitsbedürfnissen Amerikas, den Persönlichkeitsrechten der Bürger und den kaum erfüllbaren Forderungen im Ausland. Richtig zufrieden wird hinterher kaum jemand sein.

US-Präsident Barack Obama stellt heute in Washington seine Reformen für den Geheimdienst vor. Die Rede ist für 17 Uhr MEZ angesetzt. Deutschlandradio Kultur berichtet darüber in der Sendung "Ortszeit" um 17.07 Uhr und um 22.30 Uhr.