Obama gelingt das Comeback

Er kann also doch debattieren: US-Präsident Barack Obama bei seinem zweiten TV-Duell gegen Mitt Romney
Er kann also doch debattieren: US-Präsident Barack Obama bei seinem zweiten TV-Duell gegen Mitt Romney © picture alliance / dpa / Justin Lane
Von Marcus Pindur, USA |
In der jüngsten Fernsehdebatte mit seinem Herausforderer Mitt Romney hat der US-Präsident Boden gut gemacht - unter anderem mit einem leidenschaftlichen Bekenntnis zur Chancengerechtigkeit. Und dennoch: Obamas Wiederwahl steht nach wie vor auf Messers Schneide, meint Marcus Pindur.
Die amerikanischen Präsidentschaftsdebatten entscheiden keine Wahlen. Aber sie sind gute Indikatoren dafür, wo das Rennen derzeit steht und wie die Kontrahenten aufgestellt sind.

Mitt Romneys Selbstbewusstsein war mit Händen greifbar. Mehrfach ging er die sehr souveräne CNN-Moderatorin Candy Crowley an, mehrfach versuchte er, Obama in eine Art politisches Verhör zu nehmen, und einmal wies er Obama brüsk zurück, noch bevor dieser ihm widersprechen konnte. Wer neben einem amerikanischen Präsidenten auf der Bühne bestehen will, der muss eine massive Präsenz zeigen, und Mitt Romney dominierte die erste halbe Stunde der Debatte. Ob er sich mit seinem forschen Auftritt, insbesondere gegenüber der Moderatorin, einen Gefallen getan hat, bleibt dahingestellt. Mitt Romney muss besonders bei weiblichen Wählern aufholen, und deswegen hat ihm sein teilweise rüder und fordernder Auftritt gegenüber Candy Crowley eher geschadet als genutzt.

Doch eines schaffte Romney mit schlafwandlerischer Sicherheit: Egal welche Frage ihm gestellt wurde, er attackierte die wirtschaftliche Bilanz der Obama-Administration und verwies auf die 23 Millionen Amerikaner, die arbeitslos oder unterbeschäftigt sind – und das ist das Argument, das er an den Mann oder die Frau bringen will, was ihm aber bislang wegen selbstverschuldeter Wahlkampfpatzer nur unzureichend gelungen ist.

Präsident Obama hatte ein gutes, zum Teil sehr gutes Comeback. Er demontierte sehr effektiv das Steuermodell der Republikaner, das auch nach Ansicht neutraler Forschungsinstitute voller Löcher ist und in seiner jetzigen Form die mittleren Einkommen stärker belasten würde. Romney nehme 98 Prozent der Wähler als Geisel, um den reichsten Amerikanern Steuererleichterungen zu verschaffen, die diese nicht brauchten. Obama, sonst in der Rede mäandernd und kompliziert, brachte dieses Argument klar und deutlich auf den Tisch.

Stark war diesmal auch das Schlussstatement des Präsidenten, in dem er ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Chancengerechtigkeit ablegte, die eine dynamische Gesellschaft wie die der USA braucht wie die Luft zum Atmen. Was man vermisste, war eine zündende Begründung für weitere vier Jahre Obama – mehr als ein "weiter so", in dem sich die Kampagne der Demokraten seit Monaten erschöpft. Die konkrete Utopie ist nicht die Sache des luftigen Visionärs Obama.

Doch der Wahlkampf wurde an diesem Abend nicht entschieden. Der Wahlkampf entscheidet sich im Laufe der nächsten drei Wochen bei der Wählermobilisierung. Wem es besser gelingt, die eigenen Leute an die Urnen zu bringen, der hat den Sieg vor sich. Obama hat dafür die bessere Bodenorganisation, Romney und seine Verbündeten mehr Geld für eine weitere massive Welle von Werbespots. Obama hat Boden gut gemacht, aber seine Wiederwahl steht nach wie vor auf Messers Schneide.

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