Nur weg hier!
Nur weg hier! Fern der deutschen Bürokratie, unbelastet jeglicher Zwänge in eine bessere Zukunft starten. Das ist der Wunsch vieler Auswanderer, die Deutschland den Rücken kehren, um sich in Australien, Kanada oder Norwegen eine neue Existenz aufzubauen.
Und es werden immer mehr: Waren es 2001 noch rund 111.000, stieg die Zahl der Auswanderer im Jahr 2007 auf über 161. 000 - und hinter jedem verbirgt sich eine eigene Geschichte.
Gabriele Mertens vom Raphaels-Werk in Hamburg kennt viele dieser Geschichten, auch die Motive, fortzugehen. Die katholische Organisation, die bundesweit über mehr als 20 Niederlassungen verfügt, gehört zu den ältesten Institutionen, die Auswanderer beraten:
"Es ist im Regelfall ein ganzes Bündel. An vorderster Stelle, sagen unsere Ratsuchenden, sind es vor allem berufliche und wirtschaftliche Gründe. Entweder 'Ich bin nicht richtig qualifiziert, zu alt, von Arbeitslosigkeit betroffen oder bedroht. Und in anderen Ländern werden mir noch Chancen geboten'. Das zweite Motiv ist die Liebe: Häufig sind es Urlaubsbekanntschaften, diese Menschen erleben einen erheblichen Widerstand im familiären Umfeld, aber das bedeutet oft, dass sie ihr Vorhaben mit noch mehr Verve verfolgen. Und ein dritter wichtiger Grund ist die allgemeine Unzufriedenheit. Vielen ist das Leben in Deutschland zu eng, die Regelungswut, das Gefühl des persönlichen Eingeschränktseins. Sie sagen, 'Ich brauche mehr Platz'. Dazu kommt die Hoffnung auf ein besseres Leben, das, was man früher Abenteuerlust nannte."
Die Generalsekretärin des Raphaels-Werks rät Auswanderungswilligen, Traum und Realität genau abzuwägen:
"Das erste, was sie wissen müssen ist, dass sie ihre gewohnten Verhaltensmuster mehr oder weniger in Frage stellen müssen. Was in Deutschland richtig ist, kann in Asien falsch sein. Das, was sie gewohnt sind am Arbeitsplatz, macht sie in Norwegen unbeliebt. Sie wachen eben nicht auf, und alles ist wie in Deutschland, nur scheint 365 Tage lang die Sonne, und sie haben den doppelten Verdienst."
Letztlich sei auch nicht jeder dafür geeignet, auszuwandern:
"Man muss über Zähigkeit verfügen, Durchhaltevermögen, flexibel sein. Sie müssen auch eine hohe Toleranz haben, kulturelle und persönliche Kompetenz, die Bereitschaft, die Sprache zu lernen. Wer nicht bereit ist, Eigenverantwortung zu übernehmen, sich auszuprobieren, wer nicht neugierig ist, der sollte es lassen. Es sind auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale. Wenn sie im Ausland auf Deutsche treffen, ist es ein bestimmter Menschenschlag, der die Ärmel aufkrempelt."
Diesen Menschenschlag hat auch Jürgen Bertram getroffen. Der Journalist und langjährige Asienkorrespondent trug sich lange mit Gedanken, gemeinsam mit seiner Frau nach Australien auszuwandern. Es blieb ein Traum, aber die beiden haben ein Buch über deutsche Auswanderer in Australien geschrieben: "Sehnsucht Australien - Vom Abenteuer des Auswanderns".
"Generelle Gründe waren die Selbständigkeit, etwas aufzubauen aus dem Nichts, Fernweh, Abenteuerlust. Bei vielen war es auch der Wunsch, so weit wie möglich wegzugehen, damit sie nicht so schnell zurückkommen können. So eine Art Robinson-Leben, etwas aufzubauen und alle Wurzeln zu kappen."
Das Buch erzählt von den Illusionen, von Erfolgsgeschichten, aber auch vom Scheitern, geplatzten Träumen und Heimatlosigkeit.
Was würde er Auswanderungswilligen raten?
"Erstens würde ich ihnen raten, sich die Vorteile unserer Gesellschaft vor Augen zu führen, zweitens die eigene Situation genau zu überprüfen, drittens, sich penibel zu informieren und viertens siebenmal darüber zu schlafen und mit Freunden und Verwandten darüber zu reden. Aber man darf auf der andren Seite auch nicht zu zögerlich sein, wenn man es wirklich will, sollte man es auch anpacken."
"Nur weg hier! Freud und Leid des Auswanderns"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9.05 Uhr bis 11 Uhr gemeinsam mit Gabriele Mertens und Jürgen Bertram. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis:
Helga und Jürgen Bertram: "Sehnsucht Australien - Vom Abenteuer des Auswanderns", Osburg Verlag 2009
Gabriele Mertens vom Raphaels-Werk in Hamburg kennt viele dieser Geschichten, auch die Motive, fortzugehen. Die katholische Organisation, die bundesweit über mehr als 20 Niederlassungen verfügt, gehört zu den ältesten Institutionen, die Auswanderer beraten:
"Es ist im Regelfall ein ganzes Bündel. An vorderster Stelle, sagen unsere Ratsuchenden, sind es vor allem berufliche und wirtschaftliche Gründe. Entweder 'Ich bin nicht richtig qualifiziert, zu alt, von Arbeitslosigkeit betroffen oder bedroht. Und in anderen Ländern werden mir noch Chancen geboten'. Das zweite Motiv ist die Liebe: Häufig sind es Urlaubsbekanntschaften, diese Menschen erleben einen erheblichen Widerstand im familiären Umfeld, aber das bedeutet oft, dass sie ihr Vorhaben mit noch mehr Verve verfolgen. Und ein dritter wichtiger Grund ist die allgemeine Unzufriedenheit. Vielen ist das Leben in Deutschland zu eng, die Regelungswut, das Gefühl des persönlichen Eingeschränktseins. Sie sagen, 'Ich brauche mehr Platz'. Dazu kommt die Hoffnung auf ein besseres Leben, das, was man früher Abenteuerlust nannte."
Die Generalsekretärin des Raphaels-Werks rät Auswanderungswilligen, Traum und Realität genau abzuwägen:
"Das erste, was sie wissen müssen ist, dass sie ihre gewohnten Verhaltensmuster mehr oder weniger in Frage stellen müssen. Was in Deutschland richtig ist, kann in Asien falsch sein. Das, was sie gewohnt sind am Arbeitsplatz, macht sie in Norwegen unbeliebt. Sie wachen eben nicht auf, und alles ist wie in Deutschland, nur scheint 365 Tage lang die Sonne, und sie haben den doppelten Verdienst."
Letztlich sei auch nicht jeder dafür geeignet, auszuwandern:
"Man muss über Zähigkeit verfügen, Durchhaltevermögen, flexibel sein. Sie müssen auch eine hohe Toleranz haben, kulturelle und persönliche Kompetenz, die Bereitschaft, die Sprache zu lernen. Wer nicht bereit ist, Eigenverantwortung zu übernehmen, sich auszuprobieren, wer nicht neugierig ist, der sollte es lassen. Es sind auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale. Wenn sie im Ausland auf Deutsche treffen, ist es ein bestimmter Menschenschlag, der die Ärmel aufkrempelt."
Diesen Menschenschlag hat auch Jürgen Bertram getroffen. Der Journalist und langjährige Asienkorrespondent trug sich lange mit Gedanken, gemeinsam mit seiner Frau nach Australien auszuwandern. Es blieb ein Traum, aber die beiden haben ein Buch über deutsche Auswanderer in Australien geschrieben: "Sehnsucht Australien - Vom Abenteuer des Auswanderns".
"Generelle Gründe waren die Selbständigkeit, etwas aufzubauen aus dem Nichts, Fernweh, Abenteuerlust. Bei vielen war es auch der Wunsch, so weit wie möglich wegzugehen, damit sie nicht so schnell zurückkommen können. So eine Art Robinson-Leben, etwas aufzubauen und alle Wurzeln zu kappen."
Das Buch erzählt von den Illusionen, von Erfolgsgeschichten, aber auch vom Scheitern, geplatzten Träumen und Heimatlosigkeit.
Was würde er Auswanderungswilligen raten?
"Erstens würde ich ihnen raten, sich die Vorteile unserer Gesellschaft vor Augen zu führen, zweitens die eigene Situation genau zu überprüfen, drittens, sich penibel zu informieren und viertens siebenmal darüber zu schlafen und mit Freunden und Verwandten darüber zu reden. Aber man darf auf der andren Seite auch nicht zu zögerlich sein, wenn man es wirklich will, sollte man es auch anpacken."
"Nur weg hier! Freud und Leid des Auswanderns"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9.05 Uhr bis 11 Uhr gemeinsam mit Gabriele Mertens und Jürgen Bertram. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis:
Helga und Jürgen Bertram: "Sehnsucht Australien - Vom Abenteuer des Auswanderns", Osburg Verlag 2009