Nur noch mit Kamera
Vor allem in Großstädten leben Radfahrer gefährlich, sie werden von Autos und Lkw häufig ausgebremst, abgedrängt oder lebensgefährlich überholt. Oft bleiben solche Vorfälle aber ohne Zeugen. Unter Londoner Radfahrern macht sich nun ein neuer Trend breit, um brenzlige Situationen festzuhalten. Sie fahren mit kleinen Digitalkameras, die sie am Helm oder am Lenkrad befestigen.
Eine zweispurige Strasse außerhalb von London: Ein Lastwagen rast haarscharf an einem Fahrradfahrer vorbei, zwischen Fahrrad und Lkw bleibt kaum Platz. Die Erschütterung durch den Lastwagen ist so stark, dass der Radfahrer kurz durchgerüttelt wird. Aufgezeichnet hat das ganze Andy Bennett, ein Software-Entwickler, mit Hilfe einer kleinen Video-Kamera, die an seinem Helm festgeschnallt ist.
„Das ist auf meinem normalen Weg zur Arbeit passiert, der Lastwagen kam mit 100 Stundenkilometer hinter mir angerast und er hat nur ein paar Zentimeter Platz gelassen. Im Video sieht man, dass der Außenspiegel des Wagens nur knapp an meinem Gesicht vorbei geht. Ich glaube, ich war dem Tod noch nie so nah.“
Andy Bennet gehört zu einer wachsenden Zahl von Fahrradfahrern, die nur noch mit eingeschalteter Kamera in die Pedale treten. Ihre Digicams befestigen sie entweder am Helm oder sie schrauben die kleinen Kameras an den Lenker. In speziellen Internetforen und auf Videosharing-Seiten wie Youtube werden die mitgefilmten Erlebnisse im Straßenverkehr ausgetauscht. Da kann man in Wackelbildern jede Menge Beinahe-Zusammenstöße zwischen Autos und Rädern verfolgen. Für Radler wie Andy Bennett sind solche Szenen Alltag. Mit der Kamera, sagt er, fühle er sich einfach sicherer.
„Ursprünglich habe ich die Kamera gekauft, weil ich damit besonders rasante Fahrten bergab festhalten wollte, eher zur eigenen Unterhaltung. Aber dann hatte ich mal mitten im Verkehr eine Auseinandersetzung mit einem Autofahrer, der mich fast überfahren hätte. Leider gab es keine Zeugen. Danach habe ich beschlossen, die Kamera ständig anzulassen. Es ist nicht viel schwieriger als das Licht einzuschalten. Und das Videobild liefert im Zweifelsfall gutes Beweis-Material.“
Die Firma „Action Cameras“ ist einer der größten britischen Händler für tragbare Video-Kameras im Mini-Format. Aus zwei kleinen Lagerräumen in einem Londoner Gewerbegebiet verkaufen die Mitarbeiter jeden Monat Hunderte von Kameras nach ganz Europa. Dass die kleinen Geräte auch bei Fahrradfahrern gefragt sind, hat Sab Jhooti, den Gründer der Firma zuerst überrascht.
„Viele unserer Kunden machen Extremsport, zum Beispiel Snowboarding oder Mountainbiking. Diesen Leuten gefällt es, sich selbst zu filmen, um nachher damit bei Freunden anzugeben. Aber inzwischen haben auch viele Radfahrer dieses Gadget entdeckt, um damit ganz einfach die morgendliche Fahrt ins Büro festzuhalten. Wir sind da noch ganz am Anfang. Aber je besser das Wetter wird, desto mehr Radfahrer wollen so ein Ding.“
Sabs Schreibtisch ist umgeben von meterhohen Holzregalen. Die Mitarbeiter packen ständig Kartons mit neuen Lieferungen aus. Die teuerste Mini-Kamera kostet 700 Euro, aber die meisten Radfahrer, sagt Sab, entschließen sich für das billigste Modell, das gibt es ab 140 Euro. Es handelt sich um ein Gerät im Format einer kleinen Taschenlampe.
„Sie stecken hier einfach eine Speicherkarte rein und zwei Batterien. Dann schnallen sie die Kamera an einem Fahrradhelm fest und drücken auf ‚record‘. Schon wird alles gefilmt, was Ihnen vors Fahrrad kommt. Um das Ganze hinterher anzusehen, müssen Sie nur die Kamera an den Computer anschließen. Für einfache Computer-Videos oder für Youtube reicht diese Bildqualität völlig aus.“
Zu Sabs Kunden gehört auch Mike van Erp. Er arbeitet in verschiedenen Londoner Parks als Trainer für Inline-Skater und ist deshalb viel im Innenstadt-Verkehr unterwegs. Seine Kamera hat er vorne am Lenker montiert.
„Wenn ein Autofahrer Dich anschreit und dann sieht, dass Du ihn filmst, hört er sofort auf mit dem Geschrei. Die meisten Leute vermeiden schlechtes Benehmen einfach, sobald eine Kamera läuft.“
Im Internet wird inzwischen auch von Fahrradfahrern berichtet, die ihre mitgefilmten Erlebnisse über Handy oder WiFi-Verbindung live ins Netz einspeisen. Für Datenschützer könnten die vielen Kameras an Fahrradhelmen und –lenkern allerdings zu einem Problem werden. Denn letztendlich handelt es sich dabei um Überwachungskameras, niemand kann sich sicher sein, ob das eigene Gesicht oder das eigene Nummernschild irgendwann im Internet auftaucht – etwa in einem Kurz-Video von Mike van Erp.
„Ich kann diesen Einwand verstehen. Aber das Wichtige ist doch, dass die Macht über das Bild beim einzelnen Fahrradfahrer liegt, nicht bei irgendeiner Behörde. Jeder von uns Radfahrern hält einfach fest, was um ihn herum passiert. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Überwachungssystemen.“
Eine Kamera am Fahrrad dient aber auch als Anschauungsmaterial für den Fahrradfahrer selbst. Mike sagt zum Beispiel, dass ihm beim Angucken seiner Videos aufgefallen ist, dass er immer viel zu nah am Straßenrand radelt und auf diese Weise Autofahrer geradezu einlädt, gefährlich zu überholen. Wer jetzt mit einem Einstieg in diese Technologie liebäugelt, sollte deshalb beachten: Die Kamera am Fahrradhelm zeichnet nicht nur die Fehler der anderen auf, sondern auch die eigenen.
„Das ist auf meinem normalen Weg zur Arbeit passiert, der Lastwagen kam mit 100 Stundenkilometer hinter mir angerast und er hat nur ein paar Zentimeter Platz gelassen. Im Video sieht man, dass der Außenspiegel des Wagens nur knapp an meinem Gesicht vorbei geht. Ich glaube, ich war dem Tod noch nie so nah.“
Andy Bennet gehört zu einer wachsenden Zahl von Fahrradfahrern, die nur noch mit eingeschalteter Kamera in die Pedale treten. Ihre Digicams befestigen sie entweder am Helm oder sie schrauben die kleinen Kameras an den Lenker. In speziellen Internetforen und auf Videosharing-Seiten wie Youtube werden die mitgefilmten Erlebnisse im Straßenverkehr ausgetauscht. Da kann man in Wackelbildern jede Menge Beinahe-Zusammenstöße zwischen Autos und Rädern verfolgen. Für Radler wie Andy Bennett sind solche Szenen Alltag. Mit der Kamera, sagt er, fühle er sich einfach sicherer.
„Ursprünglich habe ich die Kamera gekauft, weil ich damit besonders rasante Fahrten bergab festhalten wollte, eher zur eigenen Unterhaltung. Aber dann hatte ich mal mitten im Verkehr eine Auseinandersetzung mit einem Autofahrer, der mich fast überfahren hätte. Leider gab es keine Zeugen. Danach habe ich beschlossen, die Kamera ständig anzulassen. Es ist nicht viel schwieriger als das Licht einzuschalten. Und das Videobild liefert im Zweifelsfall gutes Beweis-Material.“
Die Firma „Action Cameras“ ist einer der größten britischen Händler für tragbare Video-Kameras im Mini-Format. Aus zwei kleinen Lagerräumen in einem Londoner Gewerbegebiet verkaufen die Mitarbeiter jeden Monat Hunderte von Kameras nach ganz Europa. Dass die kleinen Geräte auch bei Fahrradfahrern gefragt sind, hat Sab Jhooti, den Gründer der Firma zuerst überrascht.
„Viele unserer Kunden machen Extremsport, zum Beispiel Snowboarding oder Mountainbiking. Diesen Leuten gefällt es, sich selbst zu filmen, um nachher damit bei Freunden anzugeben. Aber inzwischen haben auch viele Radfahrer dieses Gadget entdeckt, um damit ganz einfach die morgendliche Fahrt ins Büro festzuhalten. Wir sind da noch ganz am Anfang. Aber je besser das Wetter wird, desto mehr Radfahrer wollen so ein Ding.“
Sabs Schreibtisch ist umgeben von meterhohen Holzregalen. Die Mitarbeiter packen ständig Kartons mit neuen Lieferungen aus. Die teuerste Mini-Kamera kostet 700 Euro, aber die meisten Radfahrer, sagt Sab, entschließen sich für das billigste Modell, das gibt es ab 140 Euro. Es handelt sich um ein Gerät im Format einer kleinen Taschenlampe.
„Sie stecken hier einfach eine Speicherkarte rein und zwei Batterien. Dann schnallen sie die Kamera an einem Fahrradhelm fest und drücken auf ‚record‘. Schon wird alles gefilmt, was Ihnen vors Fahrrad kommt. Um das Ganze hinterher anzusehen, müssen Sie nur die Kamera an den Computer anschließen. Für einfache Computer-Videos oder für Youtube reicht diese Bildqualität völlig aus.“
Zu Sabs Kunden gehört auch Mike van Erp. Er arbeitet in verschiedenen Londoner Parks als Trainer für Inline-Skater und ist deshalb viel im Innenstadt-Verkehr unterwegs. Seine Kamera hat er vorne am Lenker montiert.
„Wenn ein Autofahrer Dich anschreit und dann sieht, dass Du ihn filmst, hört er sofort auf mit dem Geschrei. Die meisten Leute vermeiden schlechtes Benehmen einfach, sobald eine Kamera läuft.“
Im Internet wird inzwischen auch von Fahrradfahrern berichtet, die ihre mitgefilmten Erlebnisse über Handy oder WiFi-Verbindung live ins Netz einspeisen. Für Datenschützer könnten die vielen Kameras an Fahrradhelmen und –lenkern allerdings zu einem Problem werden. Denn letztendlich handelt es sich dabei um Überwachungskameras, niemand kann sich sicher sein, ob das eigene Gesicht oder das eigene Nummernschild irgendwann im Internet auftaucht – etwa in einem Kurz-Video von Mike van Erp.
„Ich kann diesen Einwand verstehen. Aber das Wichtige ist doch, dass die Macht über das Bild beim einzelnen Fahrradfahrer liegt, nicht bei irgendeiner Behörde. Jeder von uns Radfahrern hält einfach fest, was um ihn herum passiert. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Überwachungssystemen.“
Eine Kamera am Fahrrad dient aber auch als Anschauungsmaterial für den Fahrradfahrer selbst. Mike sagt zum Beispiel, dass ihm beim Angucken seiner Videos aufgefallen ist, dass er immer viel zu nah am Straßenrand radelt und auf diese Weise Autofahrer geradezu einlädt, gefährlich zu überholen. Wer jetzt mit einem Einstieg in diese Technologie liebäugelt, sollte deshalb beachten: Die Kamera am Fahrradhelm zeichnet nicht nur die Fehler der anderen auf, sondern auch die eigenen.