Nürnberger Zukunftsmuseum

Hohe Mietkosten mit Geschmäckle

07:11 Minuten
Gerd Schmelzer (l-r), Bauunternehmer aus Nürnberg, Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern und Wolfgang Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, stehen auf dem Gelände des früheren Augustinerhofs nebeneinander. Jeder von ihnen hat eine Kelle mit Speis darauf in der Hand. Sie schauen freudig in die Kamera.
Projekt Zukunft: Bauunternehmer Schmelzer, Ministerpräsident Söder und der Chef des Deutschen Museums Heckl legten den Grundstein für den Museumsbau in Nürnberg. © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Von Tobias Krone · 19.08.2021
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In Nürnberg soll bald das Zukunftsmuseum eröffnen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich für das Museum stark gemacht. Nun gibt es Fragen wegen der hohen Mietkosten für das Gebäude. Dessen Eigentümer ließ der CSU Parteispenden zukommen.
Ein Museum für die Zukunft – für die Träume von einer Menschheit ohne Krankheiten, für Prototypen von Drohnen und Elektroautos. Die neue Filiale des Deutschen Museums ist ein Prestigeprojekt, mit dem der heutige bayerische Ministerpräsident und ehemalige Finanzminister Markus Söder (CSU) seine Heimatstadt Nürnberg – und sich selbst – in Szene setzte.

Im Star-Trek-Dress für das Museum

Verena Osgyan, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Nürnberg, erinnert sich: "Es sollte ja ursprünglich im Rahmen der Nordbayern-Initiative der Staatsregierung angeschoben werden. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der damalige Finanzminister Markus Söder immer wieder als Ideengeber präsentiert."
Und sie verweist auf ein Foto, das ziemlich genau vor vier Jahren entstand: "Der Finanzminister und andere Akteure sind immer wieder auf diversen Presseterminen, auf Bildern gemeinsam erschienen – gern auch mal mit Star-Trek-Uniformen", sagt Osgyan. Markus Söder ist auf dem Foto, das sie meint, mit dem Chef des Deutschen Museums, Wolfgang Heckl, zu sehen – beide in den engen Pullis der Science-Fiction-Serie.
Soweit, so typisch Markus Söder. Man kennt den CSU-Chef für seine Lust am Verkleiden – und wenn es darum geht, sich als Macher zu präsentieren.

Fragen der Opposition zu hohen Mietkosten

Nun steht das Museum, das Söder mitinitiiert hat, in seinem modernen Bau kurz vor der Eröffnung: Es könnte ein weiterer touristischer Anziehungspunkt werden für Nürnberg. Grünen-Politikerin Verena Osgyan stören aber die Kosten. "Es ist ein veritabler Skandal, in dessen Zentrum der heutige Ministerpräsident und damalige Finanzminister Markus Söder steht", sagt sie.
Osgyan und ihre Oppositions-Kollegen Sebastian Körber von der FDP und Volkmar Halbleib von der SPD haben mit einem externen Gutachten die Miete überprüfen lassen, die der Freistaat für die neue Filiale des Deutschen Museums bezahlt.
"Die Standortvergabe und -auswahl ist sehr intransparent gelaufen. Hier ist unsauber gearbeitet worden", sagt Osgyan. "Und die Miete ist vom Quadratmeterpreis her allein schon mehr als doppelt so hoch, als bei diesem Standort erzielbar wäre. Ich bin vor Ort präsent. Für mich klingt das Gutachten sehr schlüssig, auch aus eigener Anschauung."

46 Euro pro Quadratmeter

1,4 Millionen Euro zuviel, pro Jahr, zahle das Deutsche Museum. Das Gutachten liegt Deutschlandfunk Kultur vor. Es stammt von einem Sachverständigen, dessen Büro quasi gegenüberliegt. Er kommt auf 46 Euro pro Quadratmeter – obwohl die Vergleichsmiete für Büro- und Geschäftsflächen in diesem eher ruhigen Teil der Nürnberger Altstadt bei elf bis 21 Euro pro Quadratmeter liege.
Wie kann das sein? Zum Einen, so die Opposition, seien im Mietvertrag auch Räume eingerechnet, für die normalerweise niemand Miete zahlen müsse. "Bei dieser 5500-Quadratmeter-Gesamtmietfläche sind auch Schacht- und Aufzugsflächen, technische Flächen sowie Lufträume enthalten. Nach den allgemein anerkannten Branchenstandards sind dies jedoch keine Mietflächen, die zu vermieten sind", sagt der FDP-Abgeordnete Sebastian Körber.
Das Zukunftsmuseum (links) ist ein Neubau. Auf diesem Foto steht es links, im Vodergrund ein Handlauf, der in den Hof führt,
Das Zukunftsmuseum soll bald eröffnen. Coronabedingt wurde die Eröffnung von 2020 ins Jahr 2021 verschoben.© picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Das Deutsche Museum, das den Mietvertrag über ein Jahr lang verhandelt hat, entgegnet auf Anfrage schriftlich: Die hohen technischen Anforderungen machten spezielle Haustechnik nötig, die durchaus branchenüblich dieser Sonderimmobilie zugerechnet würden.
Doch die Opposition und ihr Gutachter haben noch mehr Kritik: Da der Freistaat die Miete des Deutschen Museums übernehme – ein Zahler mit besonders guter Bonität – hätte er diese Macht nutzen und die Miete drücken können. Doch im Gegenteil – statt besonders günstig zu mieten, miete der Freistand nun besonders teuer, so macht es das Oppositions-Gutachten klar.
Normalerweise redet bei solchen Summen der Landtag mit, doch weil das Land hier nicht direkt miete, sondern nur indirekt die Miete des Deutschen Museums bezahle, sei der Landtag nicht mit einbezogen worden, sagt die Opposition. "Das ist natürlich etwas, das jegliche parlamentarische Kontrolle schwierig bis unmöglich macht, auch wenn es um Details geht, um Plausibilitätsprüfungen", so Grünen-Politikerin Osgyan.

Ministerium: Keine vergleichbaren Immobilien

Auf Anfrage bei Markus Söder in der Staatskanzlei antwortet das für das Museum zuständige Wissenschaftsministerium schriftlich. Es erklärt zur Miethöhe, es gebe keine vergleichbare Immobilien in Nürnberg – daher sei es irreführend und unredlich, diese Sonderimmobilie mit den üblichen Mieten von Büro- oder Gewerbeflächen zu vergleichen.
Ein internes Gutachten der Staatsverwaltung vom März 2017, also vor der Vertragsunterzeichnung, liegt der Redaktion vor. Darin erklärt ein Gutachter ebenfalls, es gebe wenige Vergleichsmöglichkeiten für einen Museumsbau – ein Vergleich mit Büroimmobilien sei "nicht sachgerecht". Das Mietpreisangebot könne als "schlüssig" angesehen werden.
Doch am Ende seines Schreibens schlägt auch der staatliche Gutachter vor: "Es könnte versucht werden, die rechnerische Quadratmetermiete zumindest unter die 40-Euro-Marke zu senken."
Für die Grünen-Politikerin Verena Osgyan steht fest: "Es gibt für uns jetzt eigentlich zwei mögliche Schlussfolgerungen. Entweder fußt das ganze Projekt auf Absprachen unter guten Amigos – oder der Freistaat hat sich in krasser Weise über den Tisch ziehen lassen. Und beide Varianten halten wir nicht für besonders schmeichelhaft für die Staatsregierung."

Der Eigentümer des Museumsbaus spendet an die CSU

Harte Vorwürfe. Gab es Absprachen im Vorfeld? Das Deutsche Museum, das die Verhandlungen führte, weist diesen Vorwurf zurück. Ebenso wie der Eigentümer des Baus, der Nürnberger Immobilieninvestor Gerd Schmelzer. Es habe weder Absprachen gegeben noch sei der Freistaat über den Tisch gezogen worden, erklärt dieser beim Telefonat. Ein Interview möchte Schmelzer nicht geben.
Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" ergaben, dass Schmelzer Markus Söders CSU über eine seiner Firmen in den Jahren 2018 und 2019 eine Parteispende in Höhe von jeweils 45.000 Euro zukommen ließ.
Volkmar Hartleib von der SPD wittert einen Zusammenhang mit dem Mietendeal: "Abschließend wollen wir schon noch einmal fragen, welche Kenntnis der Ministerpräsident, damaliger Finanzminister, von welcher Parteispende des Investors hatte – zu welchem Zeitpunkt."

Die Oppostion fordert eine Stellungnahme von Söder

Im Telefongespräch mit dem Reporter bestätigt Gerd Schmelzer, dass er 2018 und 2019 der CSU 45.000 Euro zukommen ließ. Diese Spende stehe allerdings in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Mietvertrag des Deutschen Museums.
Einen Zusammenhang verneint auch die Partei. Ein CSU-Sprecher schreibt auf Anfrage: "Gerd Schmelzer ist seit 20 Jahren ein langjähriger Unterstützer der CSU Nürnberg."
Für die Opposition hat der Mietvertrag des Deutschen Museums weiterhin ein Geschmäckle. FDP, Grüne und SPD fordern von Ministerpräsident Söder eine Regierungsstellungnahme, die Frist dafür läuft heute aus.
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