NSU-Prozess

Mutter von Uwe Böhnhardt belastet Behörden

Schwere Vorwürfe im NSU-Prozess: Beamte sollen Brigitte Böhnhardt unverhohlen gedroht haben, das NSU-Trio zu erschießen, wenn es sich einer Festnahme widersetzt.
Ein Beamter habe ihr gesagt: "Wenn wir sie aufspüren und die zucken nur – glauben Sie mir, unsere Leute sind schneller mit der Pistole, die haben das gelernt." So wollten die Behörden offenbar den Druck erhöhen, um den Aufenthaltsort des Trios zu erfahren. Die Angeklagte Beate Zschäpe folgte der Zeugenaussage insgesamt konzentrierter als sonst. Als Brigitte Böhnhardt von der Drohung erzählte, nickte sie sogar zustimmend.
Brigitte Böhnhardt trat insgesamt sehr gefasst und konzentriert auf. Die pensionierte Lehrerin erzählte zunächst ausführlich von dem Leben ihres Sohnes, von den Schwierigkeiten in der Schule Anfang der 1990er-Jahre, von seinem Abrutschen in das kriminelle Milieu und vom Auftauchen neuer Freunde wie Uwe Mundlos und Ralf Wohlleben. Sympathisch und nett seien diese Leute gewesen, sagte sie in Richtung des Angeklagten Wohlleben. Der schaute ernster als sonst zurück, berichtet ARD-Korrespondent Holger Schmidt..
"Wir haben verlangt, dass sie sich stellen"
Die pensionierte Lehrerin erzählte, dass sie nach dem Untertauchen des Trios noch Kontakt zu ihrem Sohn und seinen Komplizen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gehabt habe. Sie hätten sich zu Telefonaten in Telefonzellen verabredet: "Wir haben vom ersten Telefongespräch an verlangt, dass sie sich stellen." Bei späteren Gesprächen seien ihr Sohn und Zschäpe grundsätzlich bereit gewesen, sich zu stellen – Uwe Mundlos aber nicht.
Böhnhardts Vernehmung war in der vergangenen Woche verschoben worden. Sie hatte im Juni bereits als Zeugin im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss ausgesagt. Die Mutter hatte angegeben, in den ersten Jahren nach dem Untertauchen 1998 sporadisch Kontakt zu dem Trio gehabt zu haben.
Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Jahr 2004
Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Jahr 2004© picture alliance / dpa / Bundeskriminalamt
In früheren Vernehmungen hatte sie dem Bundeskriminalamt wiederholt geschildert, dass sie Zschäpe sympathisch gefunden habe. Als die drei im Hintergrund lebten, sei sie geradezu froh gewesen, dass Zschäpe mit von der Partie war: Von den Morden ahnte sie damals nichts. Gesucht wurden Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt damals noch als rechtsextreme Bombenbastler. Auch die Behörden ahnten damals noch nichts von den Morden. Trotzdem will die Nebenklage die Kontakte zum Verfassungsschutz besser aufklären. Nebenkläger-Anwalt Mehmet Damagüler will so die Rolle des Verfassungsschutzes besser verstehen, sagte er gegenüber Deutschlandradio Kultur.
Richter Manfred Götz möchte vor allem die Vorgeschichte verstehen. Ein ähnliche Interesse vertritt die Bundesanwaltschaft. Bundesanwalt Herbert Diemer sagte vor Verhandlungsbeginn gegenüber Deutschlandradio Kultur, er erhoffe sich von Böhnhardts Aussage Informationen "über das Leben insbesondere der Verstorbenen und dadurch auch über die Personen und das persönliche Umfeld der Angeklagten" .
Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich am 4. November 2011 selbst getötet, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende der Gruppe. Insgesamt rechnet die Anklage dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zehn Mordanschläge zu.
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