NS-Raubkunst

Immer noch Probleme bei der Rückgabe

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Deutschland tut sich noch immer schwer mit der Rückgabe von NS-Raubkunst. © Fredrik von Erichsen dpa/lhe (zu dpa-lhe 7137
Gunter Gebauer und Stefan Koldehoff im Gespräch mit Julius Stucke · 26.11.2018
"Faire und gerechte Lösungen" für den Umgang mit NS-Raubkunst, das war das Ziel der "Washingtoner Erklärung". 20 Jahre später ziehen Experten Bilanz. In Deutschland brauche es klarere Regeln, finden der Philosoph Gunter Gebauer und Journalist Stefan Koldehoff.
Vor 20 Jahren wurde die "Washingtoner Erklärung" verabschiedet, die Leitlinien für den Umgang mit NS-Raubkunst vorgibt. Einiges wurde seitdem erreicht, trotzdem gibt es noch immer Probleme bei der Rückgabe. Eine Konferenz in Berlin mit über tausend Experten aus aller Welt zieht nun Bilanz und berät über die aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Raubkunst.

Selbstverpflichtungen allein genügen nicht

Nur auf Selbstverpflichtungen wie die "Washingtoner Erklärung" zu hoffen, sei nicht ausreichend, sagte der Philosoph Gunter Gebauer im Deutschlandfunk Kultur. "Den moralischen Gedanken gibt es ja schon seit langer Zeit und es ist relativ wenig passiert."
In den ersten 40 Jahren seit dem Bestehen der Bundesrepublik habe man nicht daran gedacht, die geraubte Kunst freiwillig zurück zu geben, so Gebauer: "Nur auf die moralischen Triebe der Kunstbesitzer zu warten, ist ein bisschen blauäugig. Wir brauchen, glaube ich, ein Gesetz."
Für die freiwillige Rückgabe müssten Anreize geschaffen werden, forderte unser Kulturredakteur Stefan Koldehoff. "Wenn Sie über den Van Gogh nachdenken, der bei Ihnen im Wohnzimmer über den Sofa hängt, den Sie irgendwann mal gutgläubig gekauft haben, dann würden Sie sich natürlich auch fragen: Warum soll ich den jetzt einfach abgeben?" Wenn die Bundesrepublik jedoch einen Fonds auflegen würde, der zumindest eine symbolische Erstattung garantiere, dann könne dies womöglich ein Anstoß sein, doch einmal darüber nachzudenken.

Der Kulturförderalismus als Hürde

Mit Frankreich, das die Rückgabe kolonialer Kunstwerke künftig vorschreiben wolle, lasse sich Deutschland aufgrund des Föderalismus aber nicht vergleichen, meint Koldehoff. In der Bundesrepublik werde nicht einmal genau Buch geführt darüber, wieviel Werke schon zurück gegeben worden seien. "Das liegt eben daran, dass wir hier die Kulturhoheit der Länder haben, also nicht zentralistisch eine Kulturpolitik wie etwa in Frankreich durchziehen können."
Zum Auftakt der Konferenz in Berlin kündigte Kulturstaatsministerin Monika Grütters an, dass sich Deutschland in einer neuen Vereinbarung nochmals zur Aufarbeitung des NS-Kunstraubs verpflichten will. Nach den Verbrechen der NS-Zeit habe Deutschland eine bleibende historische und moralische Verpflichtung gegenüber den Opfern und ihren Nachfahren, betonte Grütters. Deshalb wolle man die vor 20 Jahren unterzeichneten "Washingtoner Prinzipien" noch einmal bekräftigen.
Die Gemälde "Landscape with goat" des Künstlers Willem Buytewech (1625-1670) (l) und "Ships in distress on a stormy sea" des Künstlers Jan Porcellis (1584-1632) stehen am 12.12.2016 in der Botschaft von Kanada in Berlin. Die Erben des jüdischen Kunstsammlers Max Stern stellen diese als NS-Raubkunst zurückerstattete Kunstwerke vor. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa |
Die Gemälde "Landscape with goat" von Willem Buytewech und "Ships in distress on a stormy sea" von Jan Porcellis wurden an die Erben des jüdischen Kunstsammlers Max Stern zurückgegeben.© picture alliance/dpa/Britta Pedersen
In der "Washingtoner Erklärung" hatten sich 44 Staaten verpflichtet, im Umgang mit NS-Raubkunst "faire und gerechte Lösungen" mit den Erben oder ihren Nachfahren zu finden. Die Berliner Konferenz im Haus der Kulturen der Welt knüpft an das damalige Treffen in der US-Hauptstadt an und will Bilanz ziehen. An der Konferenz nimmt auch Ronald Lauder teil, der Präsident des World Jewish Congress. Er hatte Deutschland kürzlich vorgeworfen, zu wenig für die Suche nach NS-Raubkunst zu tun.
(kü)
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