NRW will Stadion-Untersuchung prüfen

Moderation: Marie Sagenschneider |
Nordrhein-Westfalen will die von der Stiftung Warentest genannten Sicherheitsmängel in WM-Fußballstadien untersuchen. Innenminister Ingo Wolf sagte, man nehme die Kritik ernst. Bis zur Weltmeisterschaft bleibe noch genügend Zeit, um Mängel zu beseitigen. Größere Sicherheitsprobleme sieht der FDP-Politiker bei der Übertragung der Spiele auf öffentliche Plätze.
Marie Sagenschneider: Ein herber Dämpfer, und das nur knapp fünf Monate vor dem Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland: Stiftung Warentest hatte die Stadien unter die Lupe genommen und erhebliche Mängel festgestellt. Keines der insgesamt zwölf WM-Stadien ist zu 100 Prozent in Ordnung, acht Arenen wurden erhebliche oder deutliche Mängel attestiert wie fehlende Fluchttore, zu kurze oder zu steile Treppen, tiefe Gräben und nicht ausreichender Brandschutz. Tja, und der Kaiser ist sauer und beschimpft den Boten: Die Stiftung Warentest verstünde vielleicht etwas von Gesichtscreme, Olivenöl und Staubsaugern, meckerte Franz Beckenbauer gestern, von Fußball aber beziehungsweise Stadien rein gar nichts. Aber kann man die Kritik so einfach abtun? Auch darüber wollen wir nun mit Ingo Wolf sprechen, er gehört der FDP an, ist Innenminister in Nordhrein-Westfalen und damit zuständig für Sport und Sicherheit. Herr Wolf, wie ernst nehmen Sie denn diese Studie?

Ingo Wolf: Na ja, wir nehmen jede Studie zunächst einmal ernst. Wir warnen allerdings auch ganz eindeutig vor unnötiger Aufregung. Wir werden das jetzt in Sorgfalt prüfen, und wenn es Anlass gibt, irgendetwas zu verbessern, werden wir das natürlich tun. Nur: bisher sind die Veranstaltungen in diesen Stadien immer sehr gut gelaufen, reibungslos, auch was die Frage des Abflusses von Zuschauern ist. Das muss man sich in Ruhe anschauen.

Sagenschneider: Stiftung Warentest sagt ja auch, für den normalen Ablauf ist das alles soweit in Ordnung, aber sollte es eben zu einer Massenpanik kommen, dann bestünde die Gefahr, dass sich möglicherweise das wiederholt, was 1985 im Brüsseler Heysel-Stadion geschehen ist, und das ist ja das Problem gewesen, dass diese Fluchtmöglichkeiten auf das Spielfeld nicht gegeben waren. In Nordrhein-Westfalen werden Sie drei WM-Stadien haben, Dortmund, Köln und Gelsenkirchen, und Gelsenkirchen ist in diesem Fall das Problem.

Wolf: Ja, wir werden uns das genau anschauen, und dann wird man gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen. Nur: Ich rate immer dazu an, den Ball flach zu halten an der Stelle. Wir haben bisher jedenfalls gute Erfahrungen mit unseren Stadien gemacht, und wenn es dann tatsächlich Anlass zu Kritik gibt, dann nehmen wir die auch ernst.

Sagenschneider: Wer ist denn bei Ihnen zuständig für die Überprüfung? Denn man fragt sich ja, wieso es einer Studie von Stiftung Warentest bedarf, um auf diese Mängel aufmerksam zu machen.

Wolf: Ich denke, ich habe deutlich werden lassen, dass wir erst einmal das prüfen, was Stiftung Warentest geprüft hat, ob tatsächlich diese behaupteten Mängel dann auch auftreten können, und dann kann man sich auch über die Schlussfolgerungen unterhalten.

Sagenschneider: Und wenn Schlussfolgerungen, Nachbesserungen nötig sind, reicht dann die Zeit?

Wolf: Natürlich wird die Zeit reichen. Wir haben bisher alles getan. Wir verfeinern auch unsere Sicherheitskonzepte im Übrigen ständig, so dass das ein Prozess ist, der völlig normal ist. Wenn etwas aufgedeckt ist, was als Problem sich darstellen könnte, wird es geprüft, und dann werden die entsprechenden Abhilfemaßnahmen vorgenommen.

Sagenschneider: Nun muss man das Augenmerk tatsächlich nicht nur auf die Stadien richten, sondern auch auf - und die Polizei wird das sicherlich auch tun - die Hooliganszene, die sich ja durchaus auch jenseits der Stadien mal gerne prügelt. Wie schätzt man da derzeit die Lage ein?

Wolf: Bisher ist es so gewesen, dass wir auch hier natürlich auf die Erfahrung bei den Großveranstaltungen setzen. Wir haben ja nicht nur in Deutschland Europameisterschaften und Weltmeisterschaften auch mit der deutschen Polizei begleitet, sowohl in der Beratungsszene, dass wir drüben gewesen sind, als auch umgekehrt, wenn Großveranstaltungen wie beispielsweise Champions-League-Spiele und der Confederations Cup bei uns waren. Wir sind darauf gut gerüstet, und wir sind insbesondere in guter Kooperation auch mit den teilnehmenden Staaten. Wir arbeiten mit Verbindungsbeamten und szenekundigen Beamten, das heißt, eben eine möglichst frühzeitige Erkennung potenzieller Störer ist ganz entscheidend.

Sagenschneider: Auf der anderen Seite hört man, dass sich zum Beispiel deutsche und polnische Hooligans schon zu Probeschlachten treffen.

Wolf: Ja, aber das ist genau das, was wir natürlich jetzt auch in Augenschein nehmen. Die Sicherheitsorgane beobachten ja auch im Vorfeld, und das sind alles Dinge, die bis ins Detail natürlich nicht nach draußen getragen werden, aber gehen Sie davon aus, dass unsere Sicherheitsorgane natürlich auch im steten Kontakt stehen mit anderen Nationen, die ihre Pappenheimer auch kennen. Das heißt also: Ganz wichtig ist, dass die szenekundigen Beamten, die ja auch die Hooligans vielfach auch persönlich kennen aus Auseinandersetzungen der vergangenen Zeit, dass wir denen deutlich machen, ihr seid erkannt, wir haben euch im Auge und können dann rechtzeitig Maßnahmen treffen.

Sagenschneider: Welche Maßnahmen treffen Sie dann?

Wolf: Im Vorfeld Ansprache solcher Gefährder, und wenn entsprechende Anhaltspunkte da sind, können sie gegebenenfalls mit Auflagen belegt werden und auch, wenn weitere Maßnahmen möglich sind, auch natürlich Ingewahrsamnahme.

Sagenschneider: Wie steht es eigentlich mit den großen Leinwänden, die an öffentlichen Plätzen aufgestellt werden sollen, vor denen sich garantiert dann auch Massen einfinden werden? Könnte das zum Problem werden in Sachen Sicherheit?

Wolf: Zunächst einmal muss man sagen, dass diese Public-Viewing-Veranstaltungen, das gemeinsame Schauen von solchen Fußballspielen vor entsprechenden Übertragungswänden, natürlich ein ungemein gemeinschaftsförderndes Erlebnis sind und auch ein Stück Kompensation für die Fans, die keine Karten kriegen können. Es werden also auch viele kommen, die keine Karten haben, und werden einfach bei solchen Veranstaltungen dabei sein. In Nordrhein-Westfalen werden wir etwa 15 große Städte haben, die solche Public-Viewing-Veranstaltungen machen, und das ist in der Tat etwas schwieriger, weil das nicht ein solch umzäunter Raum ist wie ein Stadion. Hier müssen wir dann auch mit einem abgestuften Konzept daran arbeiten, dass dieses auch ein sicheres Gelände werden wird. Das geht über die Frage der Abgrenzung, der Einfriedung solcher Plätze, das geht hin zu einer entsprechenden Ordnerkontrolle, kontrollierter Alkoholausschank. Also ich glaube, da haben wir eine ganze Reihe von Möglichkeiten, und das müssen wir allerdings auch nutzen, denn dort ist es nicht so leicht wie bei den Stadien, die ja ihrerseits ganz gut geschützt sind.

Sagenschneider: Eine letzte Frage, Herr Wolf: Werden wir Fußballweltmeister?

Wolf: Ich würde es mir natürlich sehr wünschen, aber ich bin Politiker und kein Prophet. Deswegen beschränke ich mich als Fan darauf, meiner Mannschaft sehr viel Erfolg zu wünschen, aber vor allen Dingen viele schöne Spiele und vor allen Dingen natürlich auch Spiele in Sicherheit. Wir wollen eine Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Wir wollen, dass fröhliche Spiele stattfinden, das ist unser Ziel, guter Fußball und hoffentlich natürlich auch mit einem guten Ergebnis für die deutsche Mannschaft.

Sagenschneider: Ich danke Ihnen.