#NousToutes-Demonstration in Paris

"Ich würde auf jeden Fall mit auf die Straße gehen"

05:34 Minuten
Weiss geschminkte Femen Aktivistinnen mit nacktem Oberkörper halten auf dem Friedhof Montparnasse in Paris Grabschilder von Frauen in den Händen, die durch Männergewalt gestorben sind. Jedes Grabschild zeigt den Namen und das Alter der Frau, die durch ihren Partner oder Ex-Partner ermordet worden ist. Eine Demonstration am 5. Oktober 2019.
Femen-Demonstration gegen Femizide in Paris im Oktober. Auf dem Körper steht "Ich will nicht sterben", auf den Schilder der Name eines Opfers.. © picture alliance/Pierrot Patrice/Avenir Pictures/ABACA
Martina Weyrauch im Gespräch mit Anke Schaefer · 23.11.2019
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Tausende Französinnen demonstrieren gegen sogenannte Femizide. Martina Weyrauch von der Brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung wünscht sich, dass die Tötung von Frauen auch in Deutschland stärker thematisiert wird.
Tausende Teilnehmerinnen wollen in Paris gegen Gewalt an Frauen und Diskriminierung demonstrieren. Unter dem Motto #NousToutes ("Wir alle") wollen sie auf die hohe Zahl sogenannter Femizide aufmerksam machen – also geschlechtsspezifische Tötungen von Frauen. 2018 sollen in Frankreich mindestens 121 Frauen durch häusliche Gewalt getötet worden sein – in 2019 sind es bisher schon 115.
Martina Weyrauch, Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung, begrüßt die Demonstration in Paris. Als Französin wäre sie auf jeden Fall mit auf die Straße gegangen, weil dieser Zustand angeprangert gehöre.

Weyrauch plädiert für eigenen Straftatbestand Femizid

Zur Debatte, ob die Tötung von Frauen auch in Deutschland ein eigener Straftatbestand werden solle, sagt die Juristin: "Ich glaube, dass Recht ein wichtiges Symbol darstellt." Als Beispiel nennt sie den Straftatbestand der "Vergewaltigung in der Ehe", der vor einigen Jahren eingeführt wurde. Damit nähere man sich dem Innenleben von Familien an – und dulde Verbrechen in diesem Kontext nicht. "Das finde ich ein sehr wichtiges Signal", sagt Weyrauch.
Besonders wichtig sei es, diese Problematik sichtbar zu machen. "Denn wir wissen ja, dass viele Frauen, denen Gewalt angetan wird – auch innerhalb der Familie –, vor Anzeigen zurückschrecken. Warum? Weil sie gleichzeitig die Auflösung dieser Familie fürchten und diese Konflikte fürchten."

Familienministerin Giffey sollte Vorreiterrolle übernehmen

Daher sei es besonders wichtig, dass Frauen sich als Politikerinnen für diese Fragen einsetzen, meint Weyrauch: "Nur, wenn Frauen diese Interessen in der Öffentlichkeit, in den Gesetzgebungsorganen vertreten, nur dann wird etwas geändert."
Gefragt, wer in Deutschland so eine Vorreiterrolle übernehmen könne, sagte Weyrauch: "Da gibt es viele gute Frauen, die das könnten. Ich sehe auch in unserer Bundesfamilienministerin eine, die das auf jeden Fall könnte."
Zudem müssten auch die Bundesländer Druck auf die Bundesebene machen, denn einen eigenen Straftatbestand könne nur der Bund schaffen. "Das können die Länder nicht. Aber sie können eine Atmosphäre schaffen, wo diese Situation diskutiert wird und dann auch in die Gesetzgebung eingeht."
Die französische Regierung will am Montag Ergebnisse eines Runden Tischs gegen häusliche Gewalt vorstellen. Menschenrechtsorganisationen haben den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt.
(mak)
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