Nothilfekoordinator zur Lage in Ost-Ghuta

"Das muss sofort aufhören!"

Ein Syrer sitzt am 5. Februar 2018 klagend auf den Mauern seines durch Luftangriffe zerstörten Hauses in der Region Ost-Ghuta nicht weit der Hauptstadt Damaskus.
Ein Syrer sitzt klagend auf den Mauern seines durch Luftangriffe zerstörten Hauses in der Region Ost-Ghuta nicht weit der Hauptstadt Damaskus. © AFP / ABDULMONAM EASSA
Marten Mylius im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 21.02.2018
Fast 400.000 Menschen sind derzeit Ost-Ghuta in Syrien eingeschlossen. Wegen des Dauerfeuers könne aber keine Hilfe geleistet werden, erklärt CARE-Nothilfekoordinator Marten Mylius. Die Kämpfe müssten sofort eingestellt werden, fordert er.
Die Region Ost-Ghuta im Zentrum Syriens kann wegen der Kämpfe derzeit nicht mehr mit Hilfsgütern beliefert werden. Die Raketen würden wie Regen fallen, schildern Augenzeugen.
Fast 400.000 Menschen sind aktuell in Ost-Ghuta eingeschlossen Der Nothilfe-Koordinator von "CARE", Marten Mylius, sagte im Deutschlandfunk Kultur, man habe die Nothilfe vor Ort einstellen müssen.
"Weil das dermaßen eskaliert ist mit den permanenten Luftangriffen, vor allen Dingen in den letzten zwei, drei Tagen, da können wir einfach die Sicherheit unserer Mitarbeiter und unserer Partner nicht mehr gewährleisten und deswegen mussten wir das einstellen."
In Ost-Ghuta sei es schon immer schwierig gewesen, Hilfe zu leisten, weil die Stadt seit ungefähr vier Jahren belagert werde, erklärte Mylius weiter.
"Man musste über Frontlinien, man musste über Tunnel und Checkpoints, das war alles schon extrem schwierig und ist nochmal in den letzten Monaten, nachdem die Tunnel zerstört worden sind, viel schwieriger geworden. Und es ging da schon ums Nötigste, also Nahrung, Wasser, Unterkünfte – da ging's schon ums nackte Überleben."
Zivilisten fliehen nach einem Luftangriff auf die Stadt Saqba in der syrischen Rebellen-Enklave Ost-Ghuta.
Zivilisten fliehen nach einem Luftangriff auf die Stadt Saqba in der syrischen Rebellen-Enklave Ost-Ghuta.© afp / ABDULMONAM EASSA

Kinder sind unterernährt

Die Menschen seien jetzt auf sich allein gestellt.
"Der letzte Konvoi, den wir reinbekommen haben, das war im November. Das war genug Hilfe für einen Monat für 30.000 Menschen. Das war schon sehr beschränkt, was da überhaupt noch möglich war in Ost-Ghuta. Wir gehen davon aus, dass zehn Prozent der Kinder jetzt akut mangelernährt sind, den Frauen fallen die Haare und die Zähne aus, das hat ein Ausmaß angenommen, das haben wir in den fünf, sechs Jahren des Konflikts vorher nicht gesehen!"
Mylius schloss sich der UN-Forderung nach einer sofortigen Feuerpause an. Es müsse Verhandlungen geben.
"Wir haben wirklich ganz große Bedenken, dass das nur ein Vorspiel ist zu einer Bodenoffensive und dass das dann so ähnlich ausgetragen wird wie in Aleppo, wo wirklich auf dem Rücken der Zivilbevölkerung und zynisch der Verlust von Menschenleben in Kauf genommen wurde, um diese Gebiet wieder zurückzuerobern. Das muss sofort aufhören!"
(abu)
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