Notfallpsychologie

"Gaffer-Verbote helfen wenig"

Schaulustige gucken hinter einer Absperrung zum explodierten Wohnhaus in Brühl.
Nach Unfällen werden Schaulustige immer dreister und behindern die Arbeit von Rettungskräften und Polizei. Ein neues Gesetz soll das ändern. © dpa / Roland Weihrauch
Clivia Langer im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting  · 13.05.2016
Die Notfallpsychologin Clivia Langer ist skeptisch, dass Verbote gegen Gaffer am Unfallort helfen. Im Gegenteil, dies befördere den besonderen "Kick". Besser wäre mehr Präventionsarbeit bei jungen Leuten.
"Das Problem, was ich sehe, ist, dass starke Verbote und drakonische Strafen nicht hilfreich sein werden", sagte die Notfallpsychologin Clivia Langer über das geplante Verbot von Gaffen am Unfallort. Das Land Niedersachsen hatte einen Gesetzentwurf eingebracht, dass die Behinderung von Polizei und Rettungskräften am Unfallort bei Androhung von Haftstrafen bis zu einem Jahr verbieten soll. "Was da entsteht ist ein Kick", sagte Langer. Wenn es jemanden dann gelinge, trotzdem etwas zu erhaschen, dann sei es noch attraktiver.

Prävention im Erste Hilfe Kurs

Aus psychologischer Sicht empfehle sie stärker auf Prävention zu setzen, sagte Langer. Es sei wichtiger schon in jungen Jahren ein Bewusstsein dafür zu wecken, wie es einem selbst als betroffenes Unfallopfer in der gleichen Situation gehen würde. "So etwas könnte man beispielsweise in den Erste-Hilfe-Kursen unterbringen, die jeder Mensch, der einen Führerschein vorhat, durchlaufen muss."

Mit dem Handy am Unfallort

Die Notfallpsychologin beschrieb das Gaffen als schon lange bekanntes Phänomen. Das mediale Zeitalter der Selbstdarstellung lade dazu ein, jeden Schnappschuss einzustellen und zu teilen. Polizei und Rettungskräfte beklagen immer häufiger, dass Schaulustige Rettungsarbeiten nach Unfällen behindern, weil sie das Geschehen mit Smartphones fotografieren wollen.