Nostalgische Rückkehr eines Action-Helden

Vorgestellt von Hannelore Heider · 21.05.2008
Nach fast 20 Jahren kehrt der legendäre Held Indiana Jones auf die Leinwand zurück und wirkt angesichts heutiger Action-Knaller geradezu nostalgisch langsam. "Indy"-Fans können sich ob der bewährten Zutaten wie Bösewichte, exotische Schauplätze und eine gehörige Portion Selbstironie freuen. "Die Unbekannte" ist ein düsterer Thriller um eine Einwanderin in Italien, die auf Rache an ihren ehemaligen Peinigern sinnt.
"Die Unbekannte"
Italien 2006. Regie und Drehbuch: Guiseppe Tornatore. Darsteller: Xenia Rappoport, Michele Placido, Claudia Gerini, Margherita Buy, Pierrefrancesco Favino, Alessandro Haber. 121 Minuten, ab 16 Jahren

Für seinen poetisch nostalgischen Film "Cinema Paradiso" erhielt der damals erst 33-jährige Sizilianer Guiseppe Tornatore den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. "Allen geht's gut" oder "Die Legende vom Ozeanpianisten" waren schon weniger erfolgreich, aber dass sein neuer Film ein düsterer Thriller mit ernstem gesellschaftlichem Hintergrund und Gewaltpotential sein würde, darauf war man dann doch nicht gefasst.

Eine junge Frau, deren osteuropäischer Hintergrund durch die deutsche Synchronisation verloren geht, kommt in eine kalte italienische Stadt und hat genug Geld, sich eine elegante (Triester?) Wohnung zu mieten. Trotzdem ist sie ist auf Arbeitssuche als Putzfrau und nimmt dafür alle Demütigungen auf sich. Schnell ist klar, dass es ihr vor allem auf eines ankommt - sie will den direkten Blick auf die Wohnung gegenüber und tut alles, um dort auch als Haushaltshilfe unterzukommen. Dafür lässt sie sich von einem schmierigen Hausmeister (Alessandro Haber) erpressen. Nur eines darf er nicht - sie anfassen.

Immer blitzen auch schon in dieser Ausgangssituation alptraumhafte Bilder vor ihrem inneren Auge auf, Bilder von brutalen Vergewaltigungen und sexuellen Erniedrigungen. Will sie sich an einem dieser Männer rächen, ist es der Familienvater von gegenüber, der sich gerade von dieser eleganten Frau trennt, nicht aber vom süßen Töchterchen?

In einem handwerklich sauber gemachten, aber auf Dauer nervenden Mix aus Rückblenden und Handlungsablauf, ständig unterlegt von der hoch emotionalen Musik Ennio Morricones erleben wir eine Besessene, die auch vor Mord nicht zurückschreckt, um ihr Ziel zu erreichen. Was das sein könnte, ist recht schnell klar, aber der Film versucht den Zuschauer immer wieder auf falsche Fährten zu locken, holt auch den ehemaligen Peiniger wieder in die Story. Das verstärkt den Thrillereffekt, aber sinnvoller wird die Geschichte damit nicht.

Es ist die Geschichte von ausgebeuteten armen Frauen, wie sie wohl gerade in Italien heute immer aktueller wird. Aber hier stimmen weder die gesellschaftlichen Bezüge (vielleicht war das von ihr angegebene Geburtsland ja auch nur eine Schutzbehauptung, die aber durch die russische Hauptdarstellerin erhärtet wird), noch die zeitliche Zuordnung. Man ist als Zuschauer ständig auf der Suche nach Plausibilität, was die Spannung stört und auch durch die besonders in den Szenen mit dem Kind (Clara Dossena) großartig spielende Xenia Rappaport, in Russland ein Star, nicht wett gemacht werden kann.

Sein Film sei "ein komplexes und dicht verwobenes Netz aus Gefühlen und Geheimnissen, das sich mir in Gänze erst nach und nach offenbarte, während wir drehten", gesteht Regisseur Giuseppe Tornatore und offenbart damit die Schwächen seines Filmes.

"Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"
USA 2008. Regie: Steven Spielberg. Darsteller: Harrison Ford, Shia LaBeouf, Cate Blanchett, Karen Allen, Ray Winstone, John Hurt, Jim Broadbent. 122 Minuten, ab 12 Jahre


<im_44639>"Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_44639>Dass Steven Spielberg, Produzent George Lucas und ihr Darstellerensemble 19 Jahre nach den letzten Abenteuern des draufgängerischen Archäologen Dr. Jones da weitermachen, wo sie 1989 mit "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" aufgehört haben, mag manchen enttäuschen, Fans der erfolgreichen Filmfolge aber hoffentlich nicht. Denn die Indiana-Jones Filme standen für charismatische Helden, handfeste und möglichst auch handgemachte Action mit Überraschungsfaktor, Humor und das Quäntchen Geschichtsunterricht, den ein erklärter Unterhaltungsfilm gerade noch vertragen konnte.

Oft kopiert und in dieser Qualität nicht erreicht, auch wenn die neuen Historienabenteuer oder Schatzsucherfilme schneller und knalliger daherkommen. Das tut dieser vierte Indianer Jones nicht. Nostalgisch hält er an der langsamen Gangart fest, zeigt lieber Fäuste und Degen als Schießgerät und lässt Harrison Ford schön selbstironisch mit seinem sichtbaren Alter und seinen Marotten spielen.

Die Schauplätze dieser Suche nach einem in Material und Gestalt mysteriösem Kristallschädel und dem Ort, wohin er letztlich gehört, sind die Wüste Nevada und der Regenwald des Amazonas. Es geht also zu den Mayas und Dr. Jones verlässt seinen Schreibtisch auch diesmal nicht ganz freiwillig.

1957 ist in den USA ein Jahr hysterischer Kommunistenhatz, Indiana Jones ist ins Visier des FBI geraten, weil ihn die Russen kapern, um den Schädel zwecks Weltherrschaft in ihren Besitz zu bringen. Ehe er diesem Wahnsinn den Rücken kehren kann, erreicht ihn der Hilferuf eines jungen Mannes (Shia LaBeouf). Seine Mutter und ein befreundeter Professor( John Hurt) sind ebenfalls von den Russen entführt worden. Das sind alte Bekannte von Indiana Jones, genauso wie sein Kumpel, der undurchsichtige Agent Mac (Ray Winstone), mit dem er im Krieg manches Abenteuer bestanden hat. Die alte Personnage ist wieder zusammen, schön, dass ausgerechnet auch die pfiffigste seiner Geliebten, Marion (Karen Allen) wieder mit an Bord ist und somit auch die Love-Story nostalgisch gerät.

Neu allerdings ist die böse Dame. Kate Blanchett spielt mit schwarzem Pagenkopf Irina, eine Stalinistin reinsten Wasser, die als besessene Wissenschaftlerin und agile Killerin eine würdige Gegnerin ist.

Wilde Tiere, wilde Gestalten, alte Gemäuer und ein Kristall, der nicht von dieser Welt ist, sondern von der anderen Lieblingsspielwiese der Herren Spielberg und Lucas ist und das alles im genussvoll ausgemalten Interieur der 50er Jahre, zu dem auch ein Atompilz über der Wüste Nevada gehört - das müsste Abenteuerfans zufrieden stellen, auch wenn der ganz große Überraschungscoup sicher ausgeblieben ist.