Norwegen rückt nach rechts

Von Tim Krohn |
In Norwegen steht ein Regierungswechsel bevor. Das bürgerliche Lager um Erna Solberg erzielte eine deutliche Mehrheit. Für eine Regierungsbildung ist die Konservative auf eine Zusammenarbeit mit der Fortschrittspartei angewiesen - einer Partei, die bislang vor allem durch ihren fremdenfeindlichen Populismus Schlagzeilen gemacht hatte.
Gestern Abend punkt 21 Uhr. Die erste Prognose, dramatisch eingeläutet im Fernsehen, macht deutlich: Norwegen rückt politisch nach rechts. Das bürgerliche Lager hat im neuen Storting eine deutliche Mehrheit.

Die Nacht in Oslo war lang. Und sie war vor allem blau. Erna Solberg, die wahrscheinliche neue Ministerpräsidentin, kam im blauen Kostüm auf die Bühne, bekam blau verpackte Blumen und ließ sich mit blauem Konfetti berieseln. Die "blaue Erna" – ihr Spitzname passte.

Solberg selbst sprach von einem historischen Einschnitt. Und machte sich gleich an die Arbeit.

"Ich habe am Abend schon mit den Vorsitzenden der drei anderen bürgerlichen Parteien gesprochen. Ich habe für den gemeinsamen Wahlkampf gedankt und vor allem für dieses großartige Ergebnis des bürgerlichen Lagers."

Solberg braucht Partner, denn alleine reicht es nicht. Ihre Hoyre-Partei hat deutlich zugelegt, mit gut 27 Prozent der Stimmen liegt sie aber immer noch hinter den Sozialdemokraten.

Wenigstens diese Schmach blieb Ministerpräsident Stoltenberg erspart.

"Die Arbeiterpartei ist immer noch landesweit die größte Partei. Wir wussten, dass es schwer wird. In dieser Nacht wissen wir, dass es zu schwer gewesen ist. Wir haben unser Ziel für eine neue Mehrheit im Parlament nicht erreicht. Und wir müssen unsere Niederlage und Enttäuschung anerkennen. Aber wir sind nicht KO gegangen."

Über 30 Prozent der Norweger haben Stoltenberg gewählt, kein schlechtes Ergebnis. Doch dem Amtsinhaber sind die Partner abhanden gekommen. Die beiden kleineren Koalitionsparteien haben gleich so viele Stimmen verloren, dass es für Rot-Rot-Grün nach acht Jahren an der Regierung nicht mehr reicht.

Mitregieren dürfen jetzt wohl andere. Siv Jensen zum Beispiel. Die Vorsitzende der "Fremskrittspartiet", die früher vor allem durch ihren fremdenfeindlichen Populismus bekannt geworden war, kam nach den Hochrechnungen der Nacht auf 16 Prozent.

"Wir werden verhandeln, um eine gemeinsame Regierungsplattform zu finden. Und so wie wir es im Wahlkampf versprochen haben, werden wir dabei einen deutlichen Fußabdruck hinterlassen. Wir haben den Wählern immer gesagt, dass es eine Lösung nur mit uns geben kann. Und die Wähler haben jetzt geantwortet: Ja, sie wollen uns!"

Die Angst vor der "Fremskrittspartiet", meint der Parteienforscher Frank °Arebrot, sei doch "ein bisschen übertrieben". Man dürfe nicht vergessen, dass auch die Fortschrittspartei dazugelernt habe. "Sie ist längst nicht so extrem wie beispielsweise der Front National in Frankreich oder wie andere bekannte extreme Rechte in Europa."

Leicht allerdings dürften die Koalitionsverhandlungen in Oslo nicht werden. Bekommt Solberg auch die Liberalen und Christdemokraten mit ins bürgerliche Boot? Oder versucht sie es gleich mit einer Minderheitsregierung?

Es werden spannende Wochen für Norwegen - und für die "blaue Erna."