Nolte: Keine Gefährdung der Demokratie durch Neuwahl-Entscheidung

21.07.2005
Nach Ansicht des Geschichtsprofessors Paul Nolte wird die Entscheidung für Neuwahlen die Stabilität der Demokratie in Deutschland nicht gefährden. Eine vorzeitige Auflösung des Bundestages und vorgezogenen Neuwahlen dürften in einer gefestigten Demokratie durchaus alle 20 Jahre vorkommen, sagte Nolte am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.
1983 sei die Situation "verfassungspolitisch wesentlich heikler" gewesen. Helmut Kohl habe damals fest im Sattel gesessen und es habe keinen Grund gegeben, von einem gestörten Vertrauen auszugehen. 1972 habe es sich dagegen um das andere Extrem gehandelt, da habe die gezählte Regierungsmehrheit gebröckelt, so "als hätte tatsächlich ein Ottmar Schreiner die SPD-Bundestagsfraktion verlassen". Der Fall von 2005 liege da gewissermaßen in der Mitte.

Neuwahlen seien eine gute Lösung, wichtiger sei jedoch eine gute Politik nach den Wahlen, sagte Nolte. Schon der Vorwahlkampf habe gezeigt, dass sich auch die Opposition schwer damit tue, Perspektiven aufzuzeigen. Die Aufforderung von Bundespräsident Köhler, die Wahlentscheidung sorgsam zu treffen, versteht Nolte als Wink, den Aufwärtstrend der neuen Linkspartei zu stoppen. Durch die Blume habe Köhler sagen wollen, dass die Bürger sich überlegen sollten, ob sie einfachen Versprechungen auf den Leim gehen wollten.

Dass zwei Bundestagsabgeordnete gegen die Neuwahlen klagen werden, habe auch mit Quertreiberei und Geltungsbedürfnis zu tun. "So kommt man leicht mal in die Medien, das hat man ja heute Abend schon gesehen." Doch müsse man deren Anliegen respektieren. Nolte zeigte sich davon überzeugt, dass sich das Bundesverfassungsgericht für Neuwahlen zum vorgesehenen Termin entscheiden werde.