Noch lebt in mir der Hoffnung Lust und Schmerz

Von Hans Bräunlich |
Zeitgenossen nannten ihn den armen Hölderlin. Das seelische Verstörtsein des 1770 geborenen, extrem empfindenden, unerfüllbare Ansprüche an sich und seine Umwelt stellenden Dichters setzte 1799 verstärkt ein. Da hatte er nicht nur seinen Hoffnungen auf gesellschaftliche Umwälzungen in Deutschland längst aufgeben müssen.
Auch sein persönliches Scheitern (die Ablehnung als Dichter durch Goethe, der Zwang zum Broterwerb als Hofmeister, die unerfüllbare Liebe zur Bankiersgattin Suzette Gontard, die zur vergötterten Diotima-Figur im "Hyperion"-Roman wird) war nicht mehr zu verleugnen. Zwangsläufig daher nun Friedrich Hölderlins Verklärung des klassischen Griechenlands gegenüber der deutschen Misere. Auch die lebenslang gebrochene Beziehung zur Mutter trug zum tragischen Schicksal des Dichters bei: Ab 1807 vegetierte er bis zum Tode 1843 in einem Turmzimmer am Neckar. War es aber wirklich Wahnsinn oder nur Flucht in die Krankheit? Sein zeitweilig wichtigster Dialogpartner: Wilhelm Waiblinger, ein Zeitgenosse von ähnlichem Naturell, doch niemals zu der Dichterreife gelangt wie jener, den er im Tübinger Turm aufsuchte und dessen erster Biograph er wurde.
Die szenische Collage, gestaltet aus Briefen, Werk-Texten und Zeitzeugen-Berichten, zeichnet als sozusagen authentische Biografie in drei Kapiteln ("Ich war die Morgenwolke nur ..." / "Ins abhängige Leben muß ich hinein ..." / "Es ist sehr finster um mich geworden ...") die Lebens- und Dichterhoffnungen des Friedrich Hölderlins nach.
D. E. Sattler, geboren 1939 in Apolda, Thüringen, lebt jetzt in Treya. Anfang der Siebzigerjahre hat er mit der Arbeit an einer neuen Ausgabe der Schriften Friedrich Hölderlins begonnen.

D.E. Sattler (Hrsg.)
Friedrich Hölderlin
Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente. Band 9
eBook
Luchterhand Literaturverlag 2009
Mit dieser Ausgabe schließt der Herausgeber, der als einfacher Leser begann, seine Arbeit ab. Sie enthält auf 3.000 Seiten das Resultat der 1974 begonnenen Arbeit, die für ihn von Anfang an keinen anderen Zweck hatte als den hier vorgelegten, gegenüber allen früheren und noch im Handel erhältlichen Ausgaben wesentlich erweiterten und korrigierten Text ...


D. E. Sattler (Hrsg.)
Friedrich Hölderlin
Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente. 12 Bände
Broschur in Kassette, 12 Bände einzeln
Luchterhand Literaturverlag
2004

Mit dieser Leseausgabe in 12 Bänden legt D. E. Sattler die Summe seiner Arbeit als Herausgeber vor. Er begann damit 1972 als junger Leser Hölderlins, dem die vorhandenen Ausgaben nicht genügten. Um zu den vollständigen und überprüfbaren Texten zu gelangen, ging er zurück zu den Manuskripten und begann mit der Arbeit an der 20bändigen historischkritischen Ausgabe. Ein verborgener Hölderlin trat hervor, und Sattler hatte die Praxis des Edierens damit insgesamt revolutioniert.
Friedrich Hölderlin bei Random House

www.hoelderlin.de
Die 1975 begonnene historisch-kritische Hölderlin-Ausgabe wurde im Herbst 2008 mit Band 20 "Chronologisch-Integrale Edition' abgeschlossen; obwohl die Arbeitsstelle Bremen nicht mehr besteht, wird das Internet-Archiv Hölderlin-Edition noch von Zeit zu Zeit ergänzt; nachzutragen sind einige zum Abschluss der Edition erschienene Rezensionen in 'Süddeutsche Zeitung', 'Die Zeit', 'Taz' und 'The Times Literary Supplement'

Hölderlin-Gesellschaft

Die Hölderlin-Gesellschaft setzt sich in ihrer Arbeit vornehmlich vier Schwerpunkte: In mehrtägigen zweijährlichen Jahresversammlungen - alternierend in Tübingen und anderen Städten - bietet sie ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu einem offenen Austausch zwischen Publikum, Forschern und Künstlern. Mit ihren Publikationen, Jahrbuch und Schriftenreihe unterstützt sie die Forschung und vermittelt deren neueste Ergebnisse. Sie fördert die wissenschaftlichen Hölderlin-Ausgaben und hält engen Kontakt zum Hölderlin-Archiv. Im Auftrag der Stadt Tübingen verwaltet sie das Hölderlinhaus. Das Haus am Neckar ist Museum, Gedenkstätte und Forum für wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen (das Turmprogramm erscheint halbjährlich). Die Pflege anderer Hölderlin-Gedenkstätten gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben.


Weitere Links:
Hölderlin-Sammlung der Württembergischen Landesbibliothek
Wikipedia: Friedrich Hölderlin
Gedichte von A - Z können Sie beim Projekt Gutenberg nachlesen:
Projekt Gutenberg: Gedichte von Hölderlin
Auch "Hyperion" können Sie bei Gutenberg im Internet nachlesen:
Projekt Gutenberg: Friedrich Hölderlin