Noch ist es nicht zu spät
Das Buch kann man als eindringliche Aufforderung verstehen, vorsichtiger mit den Ozeanen umzugehen. Stefan Rahmstorf und Katherine Richardson versuchen auch nicht mit Horrormeldungen Panik zu verbreiten, sondern aufzuklären. So haben sie mit "Wie bedroht sind Ozeane?" zugleich ein phantastisches Nachschlagewerk zu eigentlich allen Aspekten des Meereslebens vorgelegt.
Klein, fein und unbekannt - der größte Teil des Lebens im Meer ist dem Menschen fremd, weil unsichtbar. Dabei ist das Meer dicht bevölkert. Das Mikroskop entdeckt ein dichtes Gewusel und Gewimmel, eine unglaubliche Formen- und Farbenpracht der winzigen, oft nur Tausendstel Millimeter messenden Phytoplanktonarten, die normalerweise in den obersten 10 bis 20 Metern der Ozeane anzutreffen sind.
Von diesen Miniaturpflanzen ernähren sich sämtliche Meeresorganismen und das sind wohl weit mehr als an Land leben. Auf über 10 Millionen Arten schätzen Meereskundler ihre Zahl. Nur rund 300 000 sind bislang erfasst. Ein typisches Beispiel für unsere Unkenntnis der Meere. Dennoch greifen wir intensiv in ihre Natur ein, wie Stefan Rahmstorf, Professor für Physik der Ozeane der Universität Potsdam und Katherine Richardson, Professorin für biologische Ozeanographie an der Universität Kopenhagen in ihrem populärwissenschaftlichen Buch 'Wie bedroht sind die Ozeane?' detailliert aufzeigen.
Die beiden Autoren breiten erst einmal den derzeitigen Kenntnisstand der Ozeanographie vor dem Leser aus, um ihm vor Augen zu führen, wo die Gefahren liegen. Grundlagenwissen zur Physik, Chemie, Geologie, Biologie der Meere wird da im Schnellverfahren dicht geballt vermittelt. Man fühlt sich von der enormen Fülle an Fakten und Details bisweilen geradezu erschlagen, aber alles ist doch so verständlich formuliert, dass man auch als Laie den Ausführungen folgen kann.
Man erfährt eine Menge erstaunlicher Dinge wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Meere, die immerhin 71 Prozent der Erdoberfläche bedecken, zu 80 Prozent kälter als 5 Grad sind, also Kühlschranktemperatur haben. Zudem stellt der Meeresboden eine Art planetarischer Müllhalde dar: Hier sammelt sich alles, was irgendwann einmal ins Meer geschwemmt wurde. Wir sehen es nur nicht, weil die Ozeane im Schnitt 3800 Meter tief sind. Aus dem Auge aus dem Sinn - ein fataler Kurzschluss, den die beiden Autoren anhand zahlreicher Beispiele vorführen.
So nimmt das Meer derzeit erheblich mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf, als es wieder freisetzt. Dieser Fähigkeit, CO² zu binden und zu speichern, verdanken wir, dass die Konzentration des Klimagases in der Atmosphäre nur halb so rasch ansteigt wie ohne die Ozeane. Doch auch die Meere werden wärmer und damit sinkt ihre CO²-Speicherfähigkeit.
Diese Tendenz wird durch den sogenannten "Albedo"-Effekt verstärkt: Je heller die Erdoberfläche, desto mehr Sonnenstrahlung wird reflektiert. Gletscher und Eisflächen wirken da wie ein Spiegel. Aufgetaut als dunkles Wasser absorbieren sie dagegen die Strahlungswärme, tragen zur Klimaerwärmung bei. Warmes Wasser dehnt sich zudem aus. Die Meeresspiegel steigen, wenn auch weltweit sehr unterschiedlich. Das System schaukelt sich selbst auf.
Die beiden Autoren warnen, aber nicht in hysterischem Ton. So bedroht der Klimawandel langfristig auch das Meeresleben, denn wenn das Wasser durch zusätzliches Kohlendioxid saurer wird, werden die Kalkgerüste zum Beispiel von Muscheln zerstört.
Schon jetzt ist der sichtbare Artenschwund dramatisch, verursacht durch eine offenkundige Überfischung der Meere. Auch die zunehmende Belastung durch industrielle Schadstoffe, die über die Luft oder durch Flüsse in die Meere gelangen, wird oftmals heruntergespielt.
Das Buch kann man als eindringliche Aufforderung verstehen, vorsichtiger mit den Ozeanen umzugehen. Stefan Rahmstorf und Katherine Richardson versuchen auch nicht mit Horrormeldungen Panik zu verbreiten, sondern aufzuklären. So haben sie zugleich ein phantastisches Nachschlagewerk zu eigentlich allen Aspekten des Meereslebens vorgelegt. Es gibt kein Thema, zu dem die beiden Autoren nicht Stellung beziehen, Fakten liefern. Und sie machen Mut. Noch ist es nicht zu spät.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Stefan Rahmstorf/ Katherine Richardson: Wie bedroht sind Ozeane? Biologische und physikalische Aspekte
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2007, 280 Seiten, 9,95 Euro
Von diesen Miniaturpflanzen ernähren sich sämtliche Meeresorganismen und das sind wohl weit mehr als an Land leben. Auf über 10 Millionen Arten schätzen Meereskundler ihre Zahl. Nur rund 300 000 sind bislang erfasst. Ein typisches Beispiel für unsere Unkenntnis der Meere. Dennoch greifen wir intensiv in ihre Natur ein, wie Stefan Rahmstorf, Professor für Physik der Ozeane der Universität Potsdam und Katherine Richardson, Professorin für biologische Ozeanographie an der Universität Kopenhagen in ihrem populärwissenschaftlichen Buch 'Wie bedroht sind die Ozeane?' detailliert aufzeigen.
Die beiden Autoren breiten erst einmal den derzeitigen Kenntnisstand der Ozeanographie vor dem Leser aus, um ihm vor Augen zu führen, wo die Gefahren liegen. Grundlagenwissen zur Physik, Chemie, Geologie, Biologie der Meere wird da im Schnellverfahren dicht geballt vermittelt. Man fühlt sich von der enormen Fülle an Fakten und Details bisweilen geradezu erschlagen, aber alles ist doch so verständlich formuliert, dass man auch als Laie den Ausführungen folgen kann.
Man erfährt eine Menge erstaunlicher Dinge wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Meere, die immerhin 71 Prozent der Erdoberfläche bedecken, zu 80 Prozent kälter als 5 Grad sind, also Kühlschranktemperatur haben. Zudem stellt der Meeresboden eine Art planetarischer Müllhalde dar: Hier sammelt sich alles, was irgendwann einmal ins Meer geschwemmt wurde. Wir sehen es nur nicht, weil die Ozeane im Schnitt 3800 Meter tief sind. Aus dem Auge aus dem Sinn - ein fataler Kurzschluss, den die beiden Autoren anhand zahlreicher Beispiele vorführen.
So nimmt das Meer derzeit erheblich mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf, als es wieder freisetzt. Dieser Fähigkeit, CO² zu binden und zu speichern, verdanken wir, dass die Konzentration des Klimagases in der Atmosphäre nur halb so rasch ansteigt wie ohne die Ozeane. Doch auch die Meere werden wärmer und damit sinkt ihre CO²-Speicherfähigkeit.
Diese Tendenz wird durch den sogenannten "Albedo"-Effekt verstärkt: Je heller die Erdoberfläche, desto mehr Sonnenstrahlung wird reflektiert. Gletscher und Eisflächen wirken da wie ein Spiegel. Aufgetaut als dunkles Wasser absorbieren sie dagegen die Strahlungswärme, tragen zur Klimaerwärmung bei. Warmes Wasser dehnt sich zudem aus. Die Meeresspiegel steigen, wenn auch weltweit sehr unterschiedlich. Das System schaukelt sich selbst auf.
Die beiden Autoren warnen, aber nicht in hysterischem Ton. So bedroht der Klimawandel langfristig auch das Meeresleben, denn wenn das Wasser durch zusätzliches Kohlendioxid saurer wird, werden die Kalkgerüste zum Beispiel von Muscheln zerstört.
Schon jetzt ist der sichtbare Artenschwund dramatisch, verursacht durch eine offenkundige Überfischung der Meere. Auch die zunehmende Belastung durch industrielle Schadstoffe, die über die Luft oder durch Flüsse in die Meere gelangen, wird oftmals heruntergespielt.
Das Buch kann man als eindringliche Aufforderung verstehen, vorsichtiger mit den Ozeanen umzugehen. Stefan Rahmstorf und Katherine Richardson versuchen auch nicht mit Horrormeldungen Panik zu verbreiten, sondern aufzuklären. So haben sie zugleich ein phantastisches Nachschlagewerk zu eigentlich allen Aspekten des Meereslebens vorgelegt. Es gibt kein Thema, zu dem die beiden Autoren nicht Stellung beziehen, Fakten liefern. Und sie machen Mut. Noch ist es nicht zu spät.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Stefan Rahmstorf/ Katherine Richardson: Wie bedroht sind Ozeane? Biologische und physikalische Aspekte
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2007, 280 Seiten, 9,95 Euro