Nipah-Virus in Indien

Was Sie über das Virus wissen müssen

Eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das Nipah-Virus (gelb), das sich von der Oberfläche einer Zelle löst.
Extrem gefährlich: Im indischen Kerala wird mit strikten Maßnahmen gegen das Nipah-Virus (auf dieser mikroskopischen Aufnahme gelb gefärbt) vorgegangen. © picture alliance / BSIP / NIH / IMAGE POINT FR
20.09.2023
In der Region Kerala in Indien gibt es einen strikten Lockdown. Nicht wegen Corona, sondern wegen eines Ausbruchs des Nipah-Virus. Was das für ein Virus ist und ob erneut eine Pandemie droht – wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Schulen und Märkte sind geschlossen, Versammlungen verboten, teilweise Straßensperren errichtet – es klingt nach Corona-Maßnahmen. Doch diesmal ist es nicht Covid-19, was die Menschen ängstigt, sondern das Nipah-Virus, das im indischen Bundesstaat Kerala grassiert. Das Virus gilt als extrem gefährlich, da die Sterberate hoch ist.

Was ist das Nipah-Virus?

Das Nipah-Virus ist bereits seit rund 25 Jahren bekannt und trat zuerst in Malaysia im Dorf Nipah auf, nachdem das Virus benannt ist. Das Nipah-Virus wird in der Regel von Flughunden und bestimmten Fledermäusen übertragen.
Auch die Infektion von Menschen durch Schweine hat es in der Vergangenheit gegeben. Zur Übertragung kann es zudem durch kontaminierte Lebensmittel, zum Beispiel Obst kommen – etwa wenn der Urin von infizierten Tieren auf Früchten landet, die Menschen essen.
Das Nipah-Virus ist eine klassische Zoonose, bei der der Erreger vom Tier zum Menschen überspringt. Ist ein Mensch infiziert, kann er wiederum auch andere Menschen anstecken. Allerdings braucht es für die Übertragung des Nipah-Virus von Mensch zu Mensch einen sehr engen Kontakt. Tückisch ist die lange Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit. Bis zu 45 Tagen kann die Inkubationszeit dauern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt das Virus als gefährlichen Krankheitserreger, der – ebenso wie etwa das Ebola-Virus oder SARS-CoV-2 – als Auslöser großer Epidemien oder Pandemien infrage kommen könnte.

Welche Symptome hat das Nipah-Virus und was kann man tun?

Zu den Symptomen einer Ansteckung mit dem Nipah-Virus zählen hohes Fieber, Erbrechen und Atemwegsinfektionen. In schweren Fällen kann es zu Krampfanfällen und Gehirnentzündungen bis hin zum Koma kommen.
Die Sterblichkeitsrate liegt laut Weltgesundheitsorganisation bei 40 bis 75 Prozent. Derzeit können bei Infizierten nur die Symptome behandelt werden. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht und auch keine wirksamen Medikamente.
Das ist der Grund, warum die Behörden in Indien die betroffenen Regionen rigoros abriegeln. Bei Ausbrüchen in der Vergangenheit wurden ganze Herden von infizierten Tieren getötet, was zu erheblichen Verlusten für die betroffenen Landwirte geführt hat.

Keine Panik: Gefahr einer Nipah-Virus-Pandemie gering

Nipah ist in Indien nicht unbekannt. In den vergangenen fünf Jahren gab es schon einige Ausbrüche in Kerala. Beim ersten Ausbruch starben 21 von 23 Infizierten. Die Region konnte aber die Infektionsketten durchbrechen und mit strengen Lockdowns in den Griff bekommen.
Derzeit muss man keine Angst oder Panik vor dem Virus haben. Doch ist Aufmerksamkeit geboten, auch weil Kerala eine Urlaubsgegend ist. Der Erreger werde wohl nicht die nächste Pandemie auslösen, sagen Experten.
Insgesamt gilt: Das Pandemierisiko steigt. Zoonosen gab es zwar schon immer. Doch steigen deren Gefahr und deren Ausbereitung, denn der Mensch wird immer mobiler und verdrängt zunehmend Tiere aus ihrem Lebensraum.
Laut einer im Jahr 2018 in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichten Schätzung gibt es weltweit 1,7 Millionen unbekannte Viren in Säugetieren und Vögeln. 540.000 bis 850.000 von ihnen haben das Potenzial, Menschen zu infizieren.

Martin Mair, nho
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