Nikolaus Blome über Globalisierung

"Wie viel Ungleichheit hält eine Gesellschaft aus?"

Die Hände eines Mannes im Anzug halten eine kleine Weltkugel.
Globale Wirtschaft und Nachhaltigkeit © imago / Westend61
Moderation: Korbinian Frenzel · 16.10.2018
Für Microsoft-Gründer und Stifter Bill Gates ist der Kapitalismus ein gutes Instrument, um Chancengleichheit zu ermöglichen. Was davon - und von der Globalisierung - zu halten ist, besprechen wir mit dem Journalisten Nikolaus Blome.
Microsoft-Gründer und Millardär Bill Gates will über seine Bill & Melinda Gates-Stiftung zur Chancengleichheit beitragen. Nur mit Hilfe des Kapitalismus könne die Idee von Gleichheit in der Welt umgesetzt werden, so Gates. Was ist dran an Gates These?
Von Bill Gates und seiner Stiftung sind wir mit unserem Studiogast, dem stellvertretenden "Bild"-Chefredakteur Nikolaus Blome, schnell bei grundsätzlichen Fragen gelandet: bei Segen und Fluch der Globalisierung sowie der Unzufriedenheit der Bürger.

Globalisierung nicht automatisch verdammen

Globalisierung habe in vielen Ländern der Welt dabei geholfen, Menschen aus dramatischer Armut zu befreien. Zugleich habe sie vielerorts jedoch auch die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert, sagte Blome.
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Studiogast Nikolaus Blome.© Deutschlandfunk Kultur/ Mareike Knoke
"Obwohl es allen besser geht, geht es denen oben noch viel besser. Das ändert aber nichts daran, dass die am unteren Ende auch einen Fortschritt haben. Und jetzt ist die Frage, wieviel Ungleichheit eine Gesellschaft aushalten kann."

Was treibt die Leute wirklich in die Unzufriedenheit?

Stichwort "Ungerechtigkeit" und - damit verbunden - Zulauf für die populistischen Parteien: Was die Leute tatsächlich in deren Arme treibe, müsse erst noch genau herausgefunden werden, sagt Blome. Wenn man die Gründe in der fortschreitenden Globalisierung suche, seien es vermutlich eher die kulturellen Veränderungen im eigenen Land, die die Leute verunsicherten, weniger die Tatsache, "dass die Erdbeeren aus Spanien kommen". Es gehe nicht so sehr darum, ob jemand mehr oder weniger im Geldbeutel habe, sondern darum, wie Politiker die Identität ihrer Bürger verteidigten.

Das Beispiel Ungarn

Das lasse sich gut am Beispiel Ungarns zeigen: "Das Land würde wohl niemand als weltoffen bezeichnen. Die wollen unter sich bleiben. Die wählen mit Zweidrittelmehrheit die Partei, die ihnen das verspricht, bis hin zu wirklich sehr völkisch klingenden Tönen - und sind gleichzeitig komplett durchglobalisiert im Binnenmarkt der EU und im Weltmarkt." Daraus folgt für Blome: "Insofern können Sie, indem Sie etwas an der Globalisierung und am Kapitalismus machen, nichts an diesem Gefühl von Fremdheit oder gar Entfremdung ändern."
Vor allem anderen sei auch für die Menschen in Deutschland das Gefühl wichtig, in einem Land zu leben, in dem der Staat einen funktionierenden Alltag garantiere. Gebe es aber Defizite, schaffe das Frust und Unzufriedenheit. (mkn)

Nikolaus Blome ist stellvertretender Chefredakteur der "Bild"-Zeitung und verantwortlich für das Politik- und Wirtschaftsressort. Zuvor war er von 2013 bis 2015 Leiter des Hauptstadtbüros und Mitglied der Chefredaktion des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Von 2011 bis 2013 war er schon einmal stellvertretender Chefredakteur der "Bild"-Zeitung.

Die komplette Sendung mit Nikolaus Blome hören Sie hier:
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