Der RIAS Kammerchor wird "AIM" am 5. November 2015 in Amsterdam uraufführen, die deutsche Erstaufführung ist am 10. November 2015 in der Berliner Philharmonie. Deutschlandradio Kultur überträgt das Berliner Konzert live in Surround Sound in der Sendung Konzert ab 20.03 Uhr.
Zwischen Märchen und Düsternis
27.10.2015
Ein grooviger Jazzmusiker geht fremd: Der Schweizer Nik Bärtsch hat ein Werk für den RIAS Kammerchor komponiert. Dabei hat er sich von Shakespeare, Heiner Müller und einem Kinder-Text seiner ältesten Tochter inspirieren lassen.
Der Pianist Nik Bärtsch hat sich mit seiner Band Ronin einen Namen gemacht. Doch in der Chorszene ist er ein Newcomer. Dass er vom RIAS Kammerchor einen Kompositionsauftrag bekommen hat, hat vor allem mit seiner groovenden Jazzmusik, seinem offenen Geist und seiner Lust am Experiment zu tun.
Die Komposition "AIM" ist eine Beschäftigung mit dem Tod und dem Leben. "Ich gehe" heißt es im Titel weiter – was Verschwinden und Aufbruch gleichermaßen bedeuten kann. Das Stück bietet heutige Klänge zu Texten von Shakespeare und Heiner Müller. Der Text von Müller habe ihn als Vater dreier Töchter besonders berührt, sagt Bartsch. Im Zimmer seiner Ältesten fand er beim Herumräumen Klaus Theweleits Text über Heiner Müllers "Traumtext", eine skurrile Fantasie am Abgrund eines tiefen Wasserbeckens. Müller schrieb ihn 1995 kurz vor seinem Tod und widmete ihn seiner damals noch sehr kleinen Tochter. Bärtsch hatte bereits als Theatermusiker gearbeitet und liebt Müllers rhythmische Texte. Außerdem ließ der Schweizer Musiker auch von einem Text seiner Tochter inspirieren.
Er sagt: "Ich wollte etwas finden, das mich richtig beschäftigt." Die naive märchenhafte Erzählung seiner damals achtjährigen Tochter sei ihm wie ein zarter Kontrast zu Müllers düsterer Szene erschienen.
Und in diesem Spannungsfeld bewegt sich Bärtsch auch musikalisch – ohne seinen Jazz-Hintergrund zu verleugnen.