Niedersachsen vor der Wahl

Kaum noch Geld für die Kultur

08:28 Minuten
Beschäftigte der Theater in Niedersachsen und weitere Kulturschaffende demonstrieren vor dem Landtag Niedersachsen. Hintergrund der Demonstration ist der Haushaltsplanentwurf der niedersächsischen Landesregierung für 2022/23, den die Beteiligten als Bedrohung für die Kulturlandschaft empfinden.
Aus Sorge um die bedrohte Kultur in Niedersachsen gingen in diesem Jahr Beschäftigte der Theater und aus der freien Szene zu Protesten auf die Straße. © picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte
Alrun Hofert und Heinz-Rudolf Kunze im Gespräch mit Nana Brink und Korbinian Frenzel  · 07.10.2022
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In Niedersachsen findet die Kultur in der Politik nicht genug Unterstützung. Deshalb gab es Proteste und viele Kulturleute hoffen darauf, dass sich die schwierige Lage nach der Wahl am Sonntag wieder verbessert. Aber auch das Publikum bleibt oft weg.
Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am Sonntag richten sich viele Hoffnungen darauf, dass die Kulturszene unter einer neuen Regierung mehr Unterstützung bekommt. Denn die Theater wüssten derzeit nicht, wie sie weiterarbeiten sollen, ohne am Programm zu sparen oder Leute rauszuschmeißen, sagt die Schauspielerin Alrun Hofert vom Schauspiel Hannover, die sich in der Initiative "Rette Dein Theater" engagiert. Im letzten Haushalt sei die Kultur kaum berücksichtigt worden.

Existenzangst am Theater

Schauspielerinnen und Schauspieler hätten extreme Existenzangst, so Hofert. In den Häusern wisse man wegen der Geldnot nicht, ob Sparten geschlossen oder Theaterproduktionen abgesagt werden müssten. "Das gilt eben für die ganze Kulturlandschaft, nicht nur für die festen Institutionen, sondern auch für die freien Künstler." Alle hätten Angst, wie es weitergeht.
Hofert erinnert daran, dass es vorher strenge Corona-Auflagen gegeben habe. "Wir wurden von der Politik da ziemlich im Stich gelassen." Dabei hätten ihnen einige Politiker immer zugesichert, Geld für die Kultur geben zu wollen. "Ohne einen Nachtragshaushalt nach dieser Wahl wissen wir nicht, wie es weitergeht."
Bühne auf der verschiedene Personen auf Stühlen sitzen und sich unterhalten. Zwei tragen Kopfhörer, alle haben ein Mikrofon in der Hand. Im Vordergrund ist das Publikum zu sehen.
Unsere Sendung zur Wahl mit Publikum in Hannover: Auf dem Podium von links nach rechts: Bastian Brandau (Korrespondent), Heinz Rudolf Kunze, Nana Brink, Christian Wulff, Alrun Hofert (Ensemblemitglied am Schauspiel Hannover), Korbinian Frenzel und Nele Evers (Fridays for Future).© Anastasija Roon
Der Rockmusiker und Schriftsteller Heinz-Rudolf Kunze stimmt da völlig zu. "Wir sind ja wirklich frei, uns hilft keiner", sagt er über die Musikerszene und die Coronazeit. "Wir haben ganz viele Kollegen verloren, die beruflich umsatteln mussten." Das sei vor allem in technischen Berufen geschehen, beispielsweise die Gitarrentechniker oder die Rowdies, die bei Touren die Technik organisieren. "Die Hälfte von denen ist verschwunden und arbeitet jetzt bei Security-Firmen oder sonst wo, weil die einfach nicht mehr warten konnten."
Er habe Musiker in seiner Band, die hätten vor drei Jahren noch als Begleitmusiker mit den größten deutschen Stars in Arenen und Fußballstadien gespielt. "Die arbeiten jetzt an der Tankstelle." Immer mehr hielten es nicht durch, den Musikerberuf noch auszuüben.

Das Publikum bleibt weg

Im dritten Coronajahr könne er zwar wieder landauf, landab spielen, aber jeder Veranstalter sage ihm, dass die Freude schon groß sei, wenn es gelinge, den Raum nur zu Zweidritteln zu füllen – ganz unabhängig von der Größe des Saals. "Meistens ist es die Hälfte oder weniger", so Kunze.
"Das heißt, es gibt keine ausverkauften Shows mehr in Deutschland." Er wisse nicht, wie lange das für die Branche noch erträglich sei. Es habe nur kleine Finanzspritzen gegeben, die aber nicht ausgereicht hätten.
Im Publikum hätten viele Leute wegen Corona immer noch Angst und trauten sich immer noch nicht in größere Menschengruppen, so Kunze. Außerdem hätten die Leute kein Geld mehr und Angst vor dem kommenden Winter. Bei der Kultur werde dann immer zuerst gespart. "Das ist verständlich irgendwo, wenn auch tragisch für uns", so der Künstler. "Erst mal muss gegessen und geschlafen werden und dann kommt Kultur."

(gem)

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