"Nie die Ironie und den Witz sich selbst gegenüber verloren"

Moderation: Anke Schaefer · 27.08.2013
In seinem Blog "Arbeit und Struktur" gab der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf bis zuletzt Auskunft über sein Leben mit dem unheilbaren Gehirntumor. Darin habe er gnadenlos sich selbst beschrieben, und wie er sich selbst verloren ging, sagte der Literaturkritiker Jörg Magenau.
In seinem Online-Tagebuch habe der Bestsellerautor sehr viel über sich preisgegeben und letztlich sein eigenes Sterben während drei Jahren protokolliert, beschrieb Jörg Magenau die Blog-Einträge von Wolfgang Herrndorf: "Das Leben mit dem Tod, mit der Todesgegenwart, die Auseinandersetzung damit, was das Leben eigentlich ist."

In Interviews habe der Autor nicht über seine Krebs-Diagnose sprechen wollen, erläuterte Jörg Magenau. Im Gegensatz zum Regisseur Christoph Schlingensief, der sein Sterben auf drastische und pathetische Weise öffentlich gemacht habe, sei Herrndorf nihilistischer und zurückhaltender gewesen: "Er hatte nicht die Möglichkeit sich an einen Gott zu wenden", weil er daran zu wenig geglaubt habe, so Magenau.

Nihilismus und Leichtigkeit
Das Bodenlose und die Fröhlichkeit erkenne er als gegensätzliche Hauptmotive in Wolfgang Herrndorfs literarischem Werk, sagte Magenau. Die zwei Gegenpole ließen sich gut mit seinen beiden großen Erfolgen in Verbindung bringen. Der millionenfach verkaufte Adoleszenzroman "Tschick" von 2010 ist ein heiteres und leichtes Buch, in dem zwei Teenager im Osten die Welt entdecken und davonfahren, so Magenau. Im Thriller "Sand" von 2011 dagegen wisse der Protagonist nach einem Schlag auf den Kopf nicht mehr, wer er selber ist - darin seien bereits die Symptome der eigenen Krankheit des Autors Herrndorf zu erkennen gewesen.

Das vollständige Gespräch mit Jörg Magenau können Sie mindestens bis zum 27.1.2014 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.

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