Nicklas Brendborg: „Quallen altern rückwärts“

Anti-Aging-Tipps aus dem Dschungel

04:54 Minuten
Cover des Buchs „Quallen altern rückwärts. Was wir von der Natur über ein langes Leben lernen können“ von Nicklas Brendborg.
© Eichborn

Nicklas Brendborg

Übersetzt aus dem Dänischen von Justus Carl

Quallen altern rückwärts. Was wir von der Natur über ein langes Leben lernen könnenEichborn, Frankfurt Main 2022

304 Seiten

22,00 Euro

Von Volkart Wildermuth · 22.04.2022
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Altwerden ist nichts für Feiglinge. Auch deshalb boomt der Anti-Aging-Markt. Nicklas Brendborg sucht in der Natur nach Tipps für ein langes Leben. Sein Ziel: „Jung zu sterben, und das so spät wie möglich.“
Tausende Stämme der amerikanischen Zitterpappel Pando gehören zu einem gemeinsamen Wurzelgeflecht, das mehr als 14.000 Jahre alt ist. Ein Grönlandhai wird locker ein paar hundert Jahre alt. Und Quallen verwandeln sich zurück in ihr Jugendstadium.
Da kann man schon mal neidisch werden. Muss man aber eigentlich nicht: „Die langlebigsten Landsäuger kommen tatsächlich in Altersheimen vor“, beruhigt uns Nicklas Brendborg.
Gerade weil Menschen vergleichsweise alt werden, ist es nicht so einfach, noch ein paar Jahre dazuzugewinnen. Trotzdem ist der dänische Molekularbiologe optimistisch. „Unsere Zeit ist die erste, in der wir eine echte Chance haben, die Menschheit von der Geißel des Alterns zu befreien.“ Und zwar mithilfe der Wissenschaft.

Altern ist nicht die Summe aller Krankheiten

Eine wichtige Erkenntnis lautet: Altern ist nicht einfach die Summe aller Krankheiten. Selbst wenn plötzlich jede Form von Krebs besiegt würde, nähme die Lebenserwartung durchschnittlich nur um gut drei Jahre zu.
Entscheidend ist der Alterungsprozess selbst, die vielen kleinen Veränderungen, der Verschleiß an den Enden der Erbsubstanz, defekte Zellkraftwerke oder Zombizellen, die - statt sich selbst ordnungsgemäß zu beseitigen - Giftstoffe produzieren.
Wenn man all das angehen könnte, sollte sich der Tod immer weiter hinausschieben lassen, bis irgendwann ein ewiges Leben möglich ist, sagen zumindest einige Gerontologen. In Bakterien, die von der Osterinsel stammen, wurde der Stoff Rapamycin entdeckt. Ein Mäuseleben lässt sich damit um ein Fünftel verlängert, sogar wenn die Nager das Mittel erst im fortgeschrittenen Alter erhalten.

Wundermittel gibt es nicht ohne Nebenwirkungen

„Ein perfekter Kandidat für ein Anti-Aging-Medikament“, schreibt Nicklas Brendborg. Eigentlich. Aber der Autor ist objektiv genug, deswegen benennt er auch die Schwachstelle dieses Mittels: Rapamycin dämpft die Immunantwort. Kein Problem im sterilen Stall der Labormäuse, aber sehr wohl im menschlichen Alltag.
Eine Jungbrunnenpille zu entwickeln, wird wohl sehr schwer. Auch, weil viele Erkenntnisse zum Altern immer wieder überholt werden. Beispiel Wachstumshormon: Sollte mal schlaffe Muskeln verjüngen, verkürzt aber wohl eher die Lebensspanne. Oder die freien Radikale. Die früheren Bösewichte gelten inzwischen als wichtige Impulsgeber für Regenerationsprozesse.

Einblicke in die aktuelle Forschung

Brendborg gibt viele interessante Einblicke in die aktuelle Forschung und illustriert sie mit spannenden Beispielen. Trotzdem ist man am Ende leider nicht viel klüger, was die Praxis betrifft.
Die Yanomami aus dem Amazonas mögen keine Blutdruckprobleme bekommen, doch damit das auch für Europäer möglich wird, müssten sie in den Dschungel ziehen und ihr Mittagessen mit dem Speer erlegen, schreibt Brendborg.
Bei allem Optimismus lautet sein wissenschaftlicher Rat für ein langes junges Leben deshalb letztlich auch nur: Sport treiben und sich gut ernähren.

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