Nichts als große Krieger
Der Band versammelt biographische Skizzen über 22 Persönlichkeiten, die in ihrer Gesamtheit ein Bild jener eigentümlichen Spezies der Kriegsherren ergeben. Einige Namen hat man erwartet: Alexander, Hannibal und Caesar, Attila und Dschingis Khan, Friedrich II und Napoleon, Stalin, Churchill und Hitler. Andere Namen liest man mit leiser Verblüffung – Lincoln, Mao, Nixon.
Ein Rezensent der „Welt“ vermerkte ironisch, der Titel des Buches, das pünktlich zum Libanon-Einsatz auf dem Markt kam, klinge wie eine „Morgengabe für Angela Merkel, die mittlerweile deutsche Soldaten auf Schlachtfeldern dreier Erdteile anführt“. In der Tat: Die freimütige Erörterung kriegerischer Einsätze, für Politiker und Wissenschaftler noch vor kurzem ein Tabu, ist mittlerweile Normalität. Jene berühmte, lange Zeit als anachronistisch angesehene Clausewitz-Sentenz, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, gilt wieder fast uneingeschränkt.
„Kriegsherren der Weltgeschichte“: Die Herausgeber des Bandes – Stig Förster ist Geschichtsprofessor in Bern, Dierk Walter Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Markus Pöhlmann Lehrbeauftragter in München – erkannten den neuen Trend frühzeitig. 2001 publizierten sie das Sammelwerk „Schlachten der Weltgeschichte“. Nun, im Folgeband, zeigen sie die Akteure – jedoch keine simplen Feldherren, Oberbefehlshaber oder „Warlords“. „Kriegsherren“, so definieren es die Herausgeber, vereinten militärische Führung mit der höchsten politischen Position ("Staatslenker, die auch Kriegslenker waren"), und sie besaßen „wenigstens punktuell“ tatsächliche, nicht nur mittelbare Befehlsgewalt.
Der Band versammelt populärwissenschaftliche Artikel über 22 Persönlichkeiten, biographische Skizzen, die in ihrer Gesamtheit ein Bild jener eigentümlichen Spezies ergeben. Die Liste der Porträtierten – sie reicht von der Antike bis fast in die Gegenwart – verspricht Spannung und Abwechslung. Einige Namen hat man erwartet: Alexander, Hannibal und Caesar, Attila und Dschingis Khan, Friedrich II und Napoleon, Stalin, Churchill und Hitler. Marc Aurel kennen wir eher als Philosophen, Tecumseh nur als tapferen Häuptling. Andere Namen liest man mit leiser Verblüffung – Lincoln, Mao, Nixon. Und die Kaiserinwitwe Cixi (1835-1908) dürfte weithin unbekannt sein.
Beim Rundgang durch die Galerie erschließt sich als erstes eine vermutlich ungewollte, gleichwohl deutliche Besonderheit der Unternehmung: Hintergrund, Kulisse der Porträts sind ausschließlich europäische Konflikte – auch wenn sie auf fernen Kontinenten ausgefochten wurden.
Auffällig ist sodann die hohe Wertschätzung, wenn nicht Bewunderung vieler Autoren für die intellektuelle Leistung „großer“ Krieger. Militärhistoriker, so zeigt sich erneut, betrachten ihre Feldherren oft mit einem gleichsam technischen Blick (mit dem sie auch Schachweltmeister oder Formel-1-Champions analysieren könnten). Die moralischen und soziologischen Aspekte der Führergestalten interessieren sie weniger: Wie muß ein Mensch beschaffen sein, der Tausende in Schlacht und Tod führt? Hat er Skrupel, Gewissensbisse? Wenn nein: Warum nicht? Die seltsame Beziehung zwischen Kriegen einerseits und dem strengen Tötungsverbot unserer Zivilisation auf der anderen Seite wird hier nicht erörtert.
Die Texte der Sammlung sind – mit Ausnahmen – gut lesbar, faktenreich und unterhaltsam, essayistisch, in ihren besten Momenten an Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“ erinnernd. (Hervorhebenswert: der Beitrag von Mitherausgeber Dierk Walter über Wilhelm I., den „Berufssoldaten auf dem Thron“, sowie die Skizze zu Friedrich II. Bedauerlich: die mißlungene Annäherung an den Deutsch-Ostafrika-Krieger Paul von Lettow-Vorbeck und die unglaubwürdige Charakterisierung Alexanders des Großen; der ungebärdige Mazedonier, liest man, sei „zum Gentleman erzogen“ worden.)
Es gibt keinen Klatsch und keine Sensationen in diesem Buch. Heldenmythen werden nicht kolportiert, sondern zerstört (etwa der Mythos vom „edlen Wilden“ Tecumseh). Jeder Essay enthält eine knappe Studie zur Figur, einen kommentierten Rundblick über den Stand der Forschung, außerdem Literaturangaben und Anmerkungen. So wird das Lesebuch zum Nachschlagewerk.
„Sind es wirklich die ‚großen Männer’ und die gelegentlichen ‚großen’ Frauen, die Geschichte machen?“ fragen die Herausgeber eher rhetorisch. Denn, es war zu erwarten, genau das erfahren wir auch diesmal nicht. Nur so viel: Noch die mächtigsten und aggressivsten Damen oder Herren mußten Schranken respektieren, ein Korsett politischer und wirtschaftlicher Barrieren, ihre biologischen, psychologischen, auch intellektuellen Grenzen sowieso. Wie sollte irgendwer so eingezwängt Geschichte „machen“...
Fazit der Lektüre: Ein Buch wie ein üppiges, abwechslungsreiches Mahl, mitunter mit bitterem Beigeschmack.
Rezensiert von Uwe Stolzmann
Stig Förster, Markus Pöhlmann, Dierk Walter (Hg.): Kriegsherren der Weltgeschichte. 22 historische Portraits
C.H. Beck Verlag, München 2006. 415 Seiten, 24,90 Euro
„Kriegsherren der Weltgeschichte“: Die Herausgeber des Bandes – Stig Förster ist Geschichtsprofessor in Bern, Dierk Walter Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Markus Pöhlmann Lehrbeauftragter in München – erkannten den neuen Trend frühzeitig. 2001 publizierten sie das Sammelwerk „Schlachten der Weltgeschichte“. Nun, im Folgeband, zeigen sie die Akteure – jedoch keine simplen Feldherren, Oberbefehlshaber oder „Warlords“. „Kriegsherren“, so definieren es die Herausgeber, vereinten militärische Führung mit der höchsten politischen Position ("Staatslenker, die auch Kriegslenker waren"), und sie besaßen „wenigstens punktuell“ tatsächliche, nicht nur mittelbare Befehlsgewalt.
Der Band versammelt populärwissenschaftliche Artikel über 22 Persönlichkeiten, biographische Skizzen, die in ihrer Gesamtheit ein Bild jener eigentümlichen Spezies ergeben. Die Liste der Porträtierten – sie reicht von der Antike bis fast in die Gegenwart – verspricht Spannung und Abwechslung. Einige Namen hat man erwartet: Alexander, Hannibal und Caesar, Attila und Dschingis Khan, Friedrich II und Napoleon, Stalin, Churchill und Hitler. Marc Aurel kennen wir eher als Philosophen, Tecumseh nur als tapferen Häuptling. Andere Namen liest man mit leiser Verblüffung – Lincoln, Mao, Nixon. Und die Kaiserinwitwe Cixi (1835-1908) dürfte weithin unbekannt sein.
Beim Rundgang durch die Galerie erschließt sich als erstes eine vermutlich ungewollte, gleichwohl deutliche Besonderheit der Unternehmung: Hintergrund, Kulisse der Porträts sind ausschließlich europäische Konflikte – auch wenn sie auf fernen Kontinenten ausgefochten wurden.
Auffällig ist sodann die hohe Wertschätzung, wenn nicht Bewunderung vieler Autoren für die intellektuelle Leistung „großer“ Krieger. Militärhistoriker, so zeigt sich erneut, betrachten ihre Feldherren oft mit einem gleichsam technischen Blick (mit dem sie auch Schachweltmeister oder Formel-1-Champions analysieren könnten). Die moralischen und soziologischen Aspekte der Führergestalten interessieren sie weniger: Wie muß ein Mensch beschaffen sein, der Tausende in Schlacht und Tod führt? Hat er Skrupel, Gewissensbisse? Wenn nein: Warum nicht? Die seltsame Beziehung zwischen Kriegen einerseits und dem strengen Tötungsverbot unserer Zivilisation auf der anderen Seite wird hier nicht erörtert.
Die Texte der Sammlung sind – mit Ausnahmen – gut lesbar, faktenreich und unterhaltsam, essayistisch, in ihren besten Momenten an Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“ erinnernd. (Hervorhebenswert: der Beitrag von Mitherausgeber Dierk Walter über Wilhelm I., den „Berufssoldaten auf dem Thron“, sowie die Skizze zu Friedrich II. Bedauerlich: die mißlungene Annäherung an den Deutsch-Ostafrika-Krieger Paul von Lettow-Vorbeck und die unglaubwürdige Charakterisierung Alexanders des Großen; der ungebärdige Mazedonier, liest man, sei „zum Gentleman erzogen“ worden.)
Es gibt keinen Klatsch und keine Sensationen in diesem Buch. Heldenmythen werden nicht kolportiert, sondern zerstört (etwa der Mythos vom „edlen Wilden“ Tecumseh). Jeder Essay enthält eine knappe Studie zur Figur, einen kommentierten Rundblick über den Stand der Forschung, außerdem Literaturangaben und Anmerkungen. So wird das Lesebuch zum Nachschlagewerk.
„Sind es wirklich die ‚großen Männer’ und die gelegentlichen ‚großen’ Frauen, die Geschichte machen?“ fragen die Herausgeber eher rhetorisch. Denn, es war zu erwarten, genau das erfahren wir auch diesmal nicht. Nur so viel: Noch die mächtigsten und aggressivsten Damen oder Herren mußten Schranken respektieren, ein Korsett politischer und wirtschaftlicher Barrieren, ihre biologischen, psychologischen, auch intellektuellen Grenzen sowieso. Wie sollte irgendwer so eingezwängt Geschichte „machen“...
Fazit der Lektüre: Ein Buch wie ein üppiges, abwechslungsreiches Mahl, mitunter mit bitterem Beigeschmack.
Rezensiert von Uwe Stolzmann
Stig Förster, Markus Pöhlmann, Dierk Walter (Hg.): Kriegsherren der Weltgeschichte. 22 historische Portraits
C.H. Beck Verlag, München 2006. 415 Seiten, 24,90 Euro