"Nicht nur eine Entscheidung zwischen Tag und Nacht“
Der Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, Christian Stückl, will von seinem Amt zurücktreten, sollte ein Bürgerentscheid seiner Idee nicht zustimmen, die Spiele in die Nacht hineinzuverlegen. "Dieses Bürgerbegehren ist nicht nur eine Entscheidung zwischen Tag und Nacht, sondern es ist die Vertrauensfrage an den Spielleiter", sagte Stückl am Freitag im Deutschlandradio Kultur. "Wenn die Mehrheit der Bevölkerung für den Tag stimmt, werde ich gehen."
Christine Deggau: Und mit Christian Stückl bin ich jetzt am Telefon verbunden. Guten Morgen, Herr Stückl.
Christian Stückl: Guten Morgen.
Deggau: Zuallererst müssen Sie mir bitte erklären, warum Sie die Passionsfestspiele in die späten Abendstunden verlegen wollen.
Christian Stückl: Ja, das wirkt immer, wie wenn wir das totale Nachtspiel haben wollten. In der Vergangenheit hat das Spiel um neun Uhr begonnen, habe dann Mittagspause gehabt und am Nachmittag ging es dann um 17.30 Uhr zu Ende. Jetzt soll es am Nachmittag beginnen und um 22.30 Uhr zu Ende sein. Für mich ist es einfach ganz klar, dass ich glaube, das es viel schöner ist, wenn der Zuschauer den ganzen Tag erlebt, wenn er nachmittags den "Einzug in Jerusalem" erlebt, wenn er beim Abendmahl in die Dämmerung kommt, wenn die Gefangennahme schon fast in der Dunkelheit stattfindet und wenn die Kreuzigung dann ganz tief in der Nacht … Selbst in der Bibel heißt es: Um die neunte Stunde kam eine große Finsternis über das ganze Land. Also eigentlich will ich mehr Konzentration, ich will den Zuschauer gegen Ende des Stücks wirklich zwingen, auf die wichtigsten Sachen zu schauen, durch Licht, durch Feuer – ich erhoffe mir einfach viele, viele Möglichkeiten, inszenatorische Möglichkeiten, um das Spiel zu steigern.
Deggau: Das fällt Ihnen aber spät ein, weil 1990 und 2000 haben Sie ja auch schon inszeniert und sich an diese 400 Jahre alte Tradition gehalten. Wie jetzt dieser Sinneswandel?
Stückl: Das ist jetzt nicht so, dass das jetzt eine 400 Jahre alte Tradition ist. Vor 200 Jahren hat man noch das Passionsspiel in drei Tagen gespielt, 1950 hat es noch neun Stunden gedauert. Wir haben es auf fünf Stunden in der letzten Passion oder sechs oder fünfeinhalb Stunden runtergekürzt. Es ist also so, dieses Spiel ist eigentlich immer, die Tradition ist eigentlich immer, dass das Spiel in Bewegung bleibt. Ich meine, gut, in der Vergangenheit, wir spielen ja nur alle zehn Jahre, und in der Vergangenheit war halt … bis 1970 hatten wir im Passionsspielhaus keinen einzigen Scheinwerfer. Wir haben die letzten Passionsjahre auch immer schon wieder nachgerüstet, haben gesagt, wir müssen die Bilder stärker rausbringen, haben auch den Park beleuchtet. Wir haben eine große Lichtanlage drin im Haus. Und jetzt beim dritten Mal denke ich mir halt einfach, ich will noch mal weiter gehen. Ich hab das letzte Mal alle Bühnenbilder neu gemacht, die (…) Kostüme neu gemacht, und diesmal will man halt noch mal weiter gehen.
Deggau: Es ist ja auch so, der Streit um die … Es gibt ja immer Streit in Oberammergau. Traditionalisten und Modernisten knallen aufeinander. Dass es da Veränderungen im Konsens gibt, das ist anscheinend überhaupt nicht denkbar?
Stückl: Ja, wie der Herr Streibl am Telefon sagt oder im Interview sagt, gehört der Streit dazu. Da muss man sagen, es gibt hier eine Gruppe um den Herrn Streibl, die bei jedem Passionsspiel seit 30 Jahren Unterschriftensammlungen unternehmen und Bürgerbegehren machen, das ist ja nicht das erste Bürgerbegehren. Und jedes Mal versuchen irgendwie diejenigen, die (…) verantwortlich sind, die das Spiel weiterbringen wollen, an ihrer Arbeit zu hindern und ständig auf das Alte pochen. Also beim Herrn Streibl ist jetzt nichts Neues dabei, sondern er pocht ständig auf das Alte und seine ganze Gruppe außen rum. Und letztlich muss man sich jedes Passionsspiel mit dieser Gruppe auseinandersetzen.
Deggau: Sie haben sich ja vorgestern noch mal getroffen mit dem Gemeinderat, und wie zu lesen war, ist es da richtig eskaliert, Sie sind richtig aneinandergeraten. Und dann haben Sie gedroht, Ihre bereits aufgenommene Arbeit niederzulegen. Wie ernst ist es Ihnen damit?
Stückl: Wir sind nicht (…) ich habe eine halbe Stunde, ja, eine halbe Stunde auf den Gesamtgemeinderat eingeredet. Ich bin selbst im Gemeinderat. Eskaliert ist es da gar nicht. Ich habe mich eher gewundert, dass ich alle Argumente, die die Gegenseite vorbringt, eigentlich entkräften konnte und alle, die im Raum waren, eher applaudiert haben. Für mich ist das ganz klar, ich habe meinen Vertrag auf den Tisch gelegt und habe (…) dieses Bürgerbegehren ist nicht nur eine Entscheidung zwischen Tag und Nacht, sondern es ist die Vertrauensfrage an den Spielleiter. Und ich stelle mir hiermit eigentlich die Vertrauensfrage. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung für den (…) stimmt, werde ich gehen.
Deggau: Und wie wollen Sie jetzt die Bürger vielleicht noch auf Ihre Seiten ziehen? Haben Sie da schon Strategien entwickelt oder Ideen?
Stückl: Ja, gut, jetzt (…) bereits am Sonntag und dann mehrere Abende mehr werde ich Bürgerversammlungen abhalten, ich sage, die Bürger sollen kommen, sollen sich informieren, sollen vor allem mit mir reden, und werde versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Deggau: Aber was sagen Sie denn den Ladenbesitzern und Gastronomen? Da geht es ja um Gewinne in Höhe von zwei Millionen. Hat das nicht auch seine Berechtigung, wenn da Arbeitsplätze zum Beispiel auf dem Spiel stehen? Ist da Ihr künstlerisches Ego wichtiger als das Allgemeinwohl?
Stückl: Da geht es nicht ums künstlerische Ego, sondern es geht einfach darum – Sie sagen Gewinne von zwei Millionen, da sind Umsätze im Bereich von 100 Millionen im Spiel. Ich bin mir selber sehr bewusst – mein Vater ist Gastronom, einer meiner besten Freunde ist Gastronom –, es ist letztlich ja so, es muss ums Spiel gehen, das dreht sich letztlich alles ums Spiel. Wenn wir halt aufhören, den künstlerischen, das künstlerische Wollen hinter das wirtschaftliche Wollen zu stellen, dann geht dieses Passionsspiel kaputt. In erster Linie müssen wir schauen, dass dieses Spiel eine große Geschichte wird, dass wir da wirklich sauber arbeiten, und alles andere, alles Wirtschaftliche und Organisatorische muss sich hinten anstellen.
Und ich bin nicht bereit, meine Ideen dafür aufgeben, dass dann vielleicht der kleine Einzelhändler sagt, dann habe ich vielleicht ein bisschen weniger Umsatz. Wobei das nicht die Meinung der Einzelhändler im Dorf ist. Es gibt viele Einzelhändler im Dorf, die ganz klar sagen, sie erwarten sich sogar bessere Zahlen dadurch.
Deggau: Mit 13 war mir klar, das Passionsspiel muss sich verändern – das haben Sie der "FAZ" in einem Interview dieses Jahr gesagt. Was haben Sie denn in Ihrer 20-jährigen Arbeit – Sie sind ja mit 28 schon zum jüngsten Regisseur in Oberammergau gekürt worden –, was haben Sie da verändern können?
Stückl: Ja gut erstmal, ich habe wirklich mit 12 oder 13 schon gesagt, ich will das werden, ich wollte nie Regisseur werden, ich wollte immer nur Spielleiter werden. Für mich war das Passionsspiel immer fast Lebensmittelpunkt. Mein Großvater, mein Vater, alle haben große Rollen gehabt. Als Kind habe ich gedacht, das ist (..), und trotzdem habe ich immer das Gefühl gehabt, man muss das weitertreiben. Was ganz wichtig war, gerade in dem ersten Passionsjahr 1990, war das Ausmerzen aller Antijudaismen im Spiel. Gerade im Dritten Reich und in den 50er Jahren hat sich da sehr viel eingeschlichen, dass man also wirklich – Hitler hat damals das Spiel für (…) erklärt, weil man den jüdischen Mob so schön auf der Bühne gesehen hat. Also in erster Linie war 1990 für mich ganz wichtig die Zusammenarbeit mit Anti Defamation League und (…) Comedy, um die Antijudaismen aus dem Spiel herauszubringen. Ich habe dann gesagt, dieses ganze nazarenerhafte, ja weichliche, hübsche Jesusbild habe ich versucht, wirklich in ein klares Jesusbild zu verinnern, mit großer Faszination ist ja diese Figur, die mit einer wahnsinnigen Konsequenz und Stringenz durch ihr Leben geht und selbst weiß, ich gehe ja direkt auf den Tod zu. Wir haben 2000 alle Bühnenbilder erneuert, wir haben 2000 2.000 neue Kostüme genäht, also wir haben richtig gearbeitet. Ich habe 2000 die größte Textbearbeitung seit 1990 gemacht. Und für mich ist das Spiel wirklich – ich bin wahnsinnig gern Intendant in München, ganz klar, aber ich arbeite auch wahnsinnig gern in anderen Häusern, aber für mich ist das Passionsspiel lebenswichtig, das gehört einfach zu mir dazu, das ist nicht trennbar von mir. Und deswegen würde es mich sehr hart treffen, wenn sie sagen, wir wollen ihnen zwar als Regisseur, was sehr viele Gegner auch sehen, aber wir wollen seine Ideen nicht. Und deswegen muss ich die Vertrauensfrage stellen.
Deggau: Das Radiofeuilleton auf Deutschlandradio Kultur. Wir sprachen mit Christian Stückl, selbst Oberammergauer und Regisseur der kommenden Passionsspiele in Oberammergau, wenn es denn so sein soll, über die Konsequenzen seines Vorschlags, die Spiele in die Nacht zu verlegen.
Christian Stückl: Guten Morgen.
Deggau: Zuallererst müssen Sie mir bitte erklären, warum Sie die Passionsfestspiele in die späten Abendstunden verlegen wollen.
Christian Stückl: Ja, das wirkt immer, wie wenn wir das totale Nachtspiel haben wollten. In der Vergangenheit hat das Spiel um neun Uhr begonnen, habe dann Mittagspause gehabt und am Nachmittag ging es dann um 17.30 Uhr zu Ende. Jetzt soll es am Nachmittag beginnen und um 22.30 Uhr zu Ende sein. Für mich ist es einfach ganz klar, dass ich glaube, das es viel schöner ist, wenn der Zuschauer den ganzen Tag erlebt, wenn er nachmittags den "Einzug in Jerusalem" erlebt, wenn er beim Abendmahl in die Dämmerung kommt, wenn die Gefangennahme schon fast in der Dunkelheit stattfindet und wenn die Kreuzigung dann ganz tief in der Nacht … Selbst in der Bibel heißt es: Um die neunte Stunde kam eine große Finsternis über das ganze Land. Also eigentlich will ich mehr Konzentration, ich will den Zuschauer gegen Ende des Stücks wirklich zwingen, auf die wichtigsten Sachen zu schauen, durch Licht, durch Feuer – ich erhoffe mir einfach viele, viele Möglichkeiten, inszenatorische Möglichkeiten, um das Spiel zu steigern.
Deggau: Das fällt Ihnen aber spät ein, weil 1990 und 2000 haben Sie ja auch schon inszeniert und sich an diese 400 Jahre alte Tradition gehalten. Wie jetzt dieser Sinneswandel?
Stückl: Das ist jetzt nicht so, dass das jetzt eine 400 Jahre alte Tradition ist. Vor 200 Jahren hat man noch das Passionsspiel in drei Tagen gespielt, 1950 hat es noch neun Stunden gedauert. Wir haben es auf fünf Stunden in der letzten Passion oder sechs oder fünfeinhalb Stunden runtergekürzt. Es ist also so, dieses Spiel ist eigentlich immer, die Tradition ist eigentlich immer, dass das Spiel in Bewegung bleibt. Ich meine, gut, in der Vergangenheit, wir spielen ja nur alle zehn Jahre, und in der Vergangenheit war halt … bis 1970 hatten wir im Passionsspielhaus keinen einzigen Scheinwerfer. Wir haben die letzten Passionsjahre auch immer schon wieder nachgerüstet, haben gesagt, wir müssen die Bilder stärker rausbringen, haben auch den Park beleuchtet. Wir haben eine große Lichtanlage drin im Haus. Und jetzt beim dritten Mal denke ich mir halt einfach, ich will noch mal weiter gehen. Ich hab das letzte Mal alle Bühnenbilder neu gemacht, die (…) Kostüme neu gemacht, und diesmal will man halt noch mal weiter gehen.
Deggau: Es ist ja auch so, der Streit um die … Es gibt ja immer Streit in Oberammergau. Traditionalisten und Modernisten knallen aufeinander. Dass es da Veränderungen im Konsens gibt, das ist anscheinend überhaupt nicht denkbar?
Stückl: Ja, wie der Herr Streibl am Telefon sagt oder im Interview sagt, gehört der Streit dazu. Da muss man sagen, es gibt hier eine Gruppe um den Herrn Streibl, die bei jedem Passionsspiel seit 30 Jahren Unterschriftensammlungen unternehmen und Bürgerbegehren machen, das ist ja nicht das erste Bürgerbegehren. Und jedes Mal versuchen irgendwie diejenigen, die (…) verantwortlich sind, die das Spiel weiterbringen wollen, an ihrer Arbeit zu hindern und ständig auf das Alte pochen. Also beim Herrn Streibl ist jetzt nichts Neues dabei, sondern er pocht ständig auf das Alte und seine ganze Gruppe außen rum. Und letztlich muss man sich jedes Passionsspiel mit dieser Gruppe auseinandersetzen.
Deggau: Sie haben sich ja vorgestern noch mal getroffen mit dem Gemeinderat, und wie zu lesen war, ist es da richtig eskaliert, Sie sind richtig aneinandergeraten. Und dann haben Sie gedroht, Ihre bereits aufgenommene Arbeit niederzulegen. Wie ernst ist es Ihnen damit?
Stückl: Wir sind nicht (…) ich habe eine halbe Stunde, ja, eine halbe Stunde auf den Gesamtgemeinderat eingeredet. Ich bin selbst im Gemeinderat. Eskaliert ist es da gar nicht. Ich habe mich eher gewundert, dass ich alle Argumente, die die Gegenseite vorbringt, eigentlich entkräften konnte und alle, die im Raum waren, eher applaudiert haben. Für mich ist das ganz klar, ich habe meinen Vertrag auf den Tisch gelegt und habe (…) dieses Bürgerbegehren ist nicht nur eine Entscheidung zwischen Tag und Nacht, sondern es ist die Vertrauensfrage an den Spielleiter. Und ich stelle mir hiermit eigentlich die Vertrauensfrage. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung für den (…) stimmt, werde ich gehen.
Deggau: Und wie wollen Sie jetzt die Bürger vielleicht noch auf Ihre Seiten ziehen? Haben Sie da schon Strategien entwickelt oder Ideen?
Stückl: Ja, gut, jetzt (…) bereits am Sonntag und dann mehrere Abende mehr werde ich Bürgerversammlungen abhalten, ich sage, die Bürger sollen kommen, sollen sich informieren, sollen vor allem mit mir reden, und werde versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Deggau: Aber was sagen Sie denn den Ladenbesitzern und Gastronomen? Da geht es ja um Gewinne in Höhe von zwei Millionen. Hat das nicht auch seine Berechtigung, wenn da Arbeitsplätze zum Beispiel auf dem Spiel stehen? Ist da Ihr künstlerisches Ego wichtiger als das Allgemeinwohl?
Stückl: Da geht es nicht ums künstlerische Ego, sondern es geht einfach darum – Sie sagen Gewinne von zwei Millionen, da sind Umsätze im Bereich von 100 Millionen im Spiel. Ich bin mir selber sehr bewusst – mein Vater ist Gastronom, einer meiner besten Freunde ist Gastronom –, es ist letztlich ja so, es muss ums Spiel gehen, das dreht sich letztlich alles ums Spiel. Wenn wir halt aufhören, den künstlerischen, das künstlerische Wollen hinter das wirtschaftliche Wollen zu stellen, dann geht dieses Passionsspiel kaputt. In erster Linie müssen wir schauen, dass dieses Spiel eine große Geschichte wird, dass wir da wirklich sauber arbeiten, und alles andere, alles Wirtschaftliche und Organisatorische muss sich hinten anstellen.
Und ich bin nicht bereit, meine Ideen dafür aufgeben, dass dann vielleicht der kleine Einzelhändler sagt, dann habe ich vielleicht ein bisschen weniger Umsatz. Wobei das nicht die Meinung der Einzelhändler im Dorf ist. Es gibt viele Einzelhändler im Dorf, die ganz klar sagen, sie erwarten sich sogar bessere Zahlen dadurch.
Deggau: Mit 13 war mir klar, das Passionsspiel muss sich verändern – das haben Sie der "FAZ" in einem Interview dieses Jahr gesagt. Was haben Sie denn in Ihrer 20-jährigen Arbeit – Sie sind ja mit 28 schon zum jüngsten Regisseur in Oberammergau gekürt worden –, was haben Sie da verändern können?
Stückl: Ja gut erstmal, ich habe wirklich mit 12 oder 13 schon gesagt, ich will das werden, ich wollte nie Regisseur werden, ich wollte immer nur Spielleiter werden. Für mich war das Passionsspiel immer fast Lebensmittelpunkt. Mein Großvater, mein Vater, alle haben große Rollen gehabt. Als Kind habe ich gedacht, das ist (..), und trotzdem habe ich immer das Gefühl gehabt, man muss das weitertreiben. Was ganz wichtig war, gerade in dem ersten Passionsjahr 1990, war das Ausmerzen aller Antijudaismen im Spiel. Gerade im Dritten Reich und in den 50er Jahren hat sich da sehr viel eingeschlichen, dass man also wirklich – Hitler hat damals das Spiel für (…) erklärt, weil man den jüdischen Mob so schön auf der Bühne gesehen hat. Also in erster Linie war 1990 für mich ganz wichtig die Zusammenarbeit mit Anti Defamation League und (…) Comedy, um die Antijudaismen aus dem Spiel herauszubringen. Ich habe dann gesagt, dieses ganze nazarenerhafte, ja weichliche, hübsche Jesusbild habe ich versucht, wirklich in ein klares Jesusbild zu verinnern, mit großer Faszination ist ja diese Figur, die mit einer wahnsinnigen Konsequenz und Stringenz durch ihr Leben geht und selbst weiß, ich gehe ja direkt auf den Tod zu. Wir haben 2000 alle Bühnenbilder erneuert, wir haben 2000 2.000 neue Kostüme genäht, also wir haben richtig gearbeitet. Ich habe 2000 die größte Textbearbeitung seit 1990 gemacht. Und für mich ist das Spiel wirklich – ich bin wahnsinnig gern Intendant in München, ganz klar, aber ich arbeite auch wahnsinnig gern in anderen Häusern, aber für mich ist das Passionsspiel lebenswichtig, das gehört einfach zu mir dazu, das ist nicht trennbar von mir. Und deswegen würde es mich sehr hart treffen, wenn sie sagen, wir wollen ihnen zwar als Regisseur, was sehr viele Gegner auch sehen, aber wir wollen seine Ideen nicht. Und deswegen muss ich die Vertrauensfrage stellen.
Deggau: Das Radiofeuilleton auf Deutschlandradio Kultur. Wir sprachen mit Christian Stückl, selbst Oberammergauer und Regisseur der kommenden Passionsspiele in Oberammergau, wenn es denn so sein soll, über die Konsequenzen seines Vorschlags, die Spiele in die Nacht zu verlegen.