Nicht lustig, diese Party
Michael Haneke, der gerade mit einem Oscar bedacht wurde, kann man sich nur schwerlich als Komödienregisseur vorstellen. Und so geriet seine Inszenierung von Mozarts "Così fan tutte" auch eher zu einem todtraurigen Beispiel dafür, dass Beziehungen nicht funktionieren können.
Diese Produktion war ein gut gehütetes Geheimnis: Wie Michael Haneke, der mögliche Oscar-Gewinner, seine zweite und wie er angab, letzte Oper inszenieren würde. Als sich am Samstagabend dann der Vorhang des Teatro Real hob, sah man eine Partygesellschaft, doch wurde es entschieden kein lustiger Abend. Das dramma giocosa verschwand in einem nach allen Regeln der Regiekunst ausgeleuchteten doppelten Boden.
Die Eröffnungs-Schläge der Ouvertüre, die Mozart so genial leicht verstolpert gesetzt hat, um unser aller Geistesgegenwart anzuknipsen, hatte Sylvain Cambreling noch fix und heiter genommen, doch schon mit der folgenden Oboenstimme zieht eine Traurigkeit in die Noten, die sie dann auch nicht mehr verlässt. Damit machte Cambreling sich, mit viel Liebe zum Detail und dem gut geprobten Orchester des Teatro Real, zum Partner des Konzepts. Es sah vor, das fatale Liebesverwechslungspiel zweier Paare so zu besetzen, wie es gedacht ist, mit einem Quartett wirklich junger Menschen, denen man die Freude an ihren Körpern ebenso abnimmt wie die Verwirrung der Gefühle.
Weil es bei aller Typengenauigkeit aber auch darauf ankommt, dass hier Dinge zu singen sind, die zum heikelsten gehören, was überhaupt in der Oper zu singen ist, musste lange gesucht werden. 120 sollen zum Casting geladen worden sein, mit 40 wurde probehalber gearbeitet, bis man sie hatte, junge Leute, aber schon mit Erfahrung.
So ein Aufwand geht sonst bloß beim Kino, oder wenn ein möglicher Oscarpreisträger mal Oper macht. Sie bewegen sich wie Menschen von heute, dazu hätte es vielleicht nicht einmal eines Weltmeisters der Personenregie gebraucht, und als Sänger können sie, kleine Nervositäten inklusive, noch staunen über Mozarts Wunder.
Zu hören ist ein trennscharf konturiertes Ensemble leichter Stimmen, die Despina der schwedischen Sopranistin Kerstin Avemo dazu zu zählen, denn auch die ist jung, und auch dies tut was zur Sache, die Haneke mit unerschütterlicher Konsequenz verfolgt.
Die junge Despina hat nämlich den alten Mann Alfonso einmal geheiratet, und um diese Ehe steht es katastrophal. Die beiden haben sich nichts mehr zu sagen. Alfonso (mit kalter Präsenz und scharfer Artikulation William Shimell, der schon in "Liebe" in einer Nebenrolle zu sehen war) wird als Ehemann einer jungen Blondine Opfer seines eigenen Zynismus, der sich attraktive Frauen nicht anders als untreu denken kann, er singt ja davon, così fan tutte.
Wohl deshalb wird er zum Regisseur des bösen Spiels, die Liebe der Jungen mit einer blöden Wette auf die Probe zu stellen, und Despina, Frau Alfonso, macht mit. Ein Partyspaß mit lächerlichen Verkleidungen, wenn die Liebhaber angeblich in den Krieg müssen und als falsche Albaner zurückkommen, die Mädchen überkreuz mit flauen Sprüchen und den ältesten Tricks, zum Beispiel fingiertem Selbstmord, belagern und dann den Boden unter den Füßen verlieren, als sie sehen: Das klappt sogar. Schon beim weltvergessen Abschieds-Terzettino, als Dorabella und Fiordiligi ihre künftigen Ex-Geliebten aufs Meer schicken, ist zu hören, wie da einer Idee von Glück nachgewunken wird. Irgendwie wissen alle Bescheid, da braucht es nur genügend Alkohol, keine Maskerade mehr und keine Komödienmechanik.
Aber dann liegen sie doch, die Mädchen früher, die Jungs naturgemäß später, auf dem Boden, von den Gastgebern und den anderen Gästen, dem Publikum - uns! - beäugt wie auf einem Objektträger.
Das reale Publikum in Madrid hatte womöglich mehr dramma giocoso erwartet, aber das war im doppelten Boden verschwunden. Das hier war nicht zum Lachen. Betretener Applaus.
Die Eröffnungs-Schläge der Ouvertüre, die Mozart so genial leicht verstolpert gesetzt hat, um unser aller Geistesgegenwart anzuknipsen, hatte Sylvain Cambreling noch fix und heiter genommen, doch schon mit der folgenden Oboenstimme zieht eine Traurigkeit in die Noten, die sie dann auch nicht mehr verlässt. Damit machte Cambreling sich, mit viel Liebe zum Detail und dem gut geprobten Orchester des Teatro Real, zum Partner des Konzepts. Es sah vor, das fatale Liebesverwechslungspiel zweier Paare so zu besetzen, wie es gedacht ist, mit einem Quartett wirklich junger Menschen, denen man die Freude an ihren Körpern ebenso abnimmt wie die Verwirrung der Gefühle.
Weil es bei aller Typengenauigkeit aber auch darauf ankommt, dass hier Dinge zu singen sind, die zum heikelsten gehören, was überhaupt in der Oper zu singen ist, musste lange gesucht werden. 120 sollen zum Casting geladen worden sein, mit 40 wurde probehalber gearbeitet, bis man sie hatte, junge Leute, aber schon mit Erfahrung.
So ein Aufwand geht sonst bloß beim Kino, oder wenn ein möglicher Oscarpreisträger mal Oper macht. Sie bewegen sich wie Menschen von heute, dazu hätte es vielleicht nicht einmal eines Weltmeisters der Personenregie gebraucht, und als Sänger können sie, kleine Nervositäten inklusive, noch staunen über Mozarts Wunder.
Zu hören ist ein trennscharf konturiertes Ensemble leichter Stimmen, die Despina der schwedischen Sopranistin Kerstin Avemo dazu zu zählen, denn auch die ist jung, und auch dies tut was zur Sache, die Haneke mit unerschütterlicher Konsequenz verfolgt.
Die junge Despina hat nämlich den alten Mann Alfonso einmal geheiratet, und um diese Ehe steht es katastrophal. Die beiden haben sich nichts mehr zu sagen. Alfonso (mit kalter Präsenz und scharfer Artikulation William Shimell, der schon in "Liebe" in einer Nebenrolle zu sehen war) wird als Ehemann einer jungen Blondine Opfer seines eigenen Zynismus, der sich attraktive Frauen nicht anders als untreu denken kann, er singt ja davon, così fan tutte.
Wohl deshalb wird er zum Regisseur des bösen Spiels, die Liebe der Jungen mit einer blöden Wette auf die Probe zu stellen, und Despina, Frau Alfonso, macht mit. Ein Partyspaß mit lächerlichen Verkleidungen, wenn die Liebhaber angeblich in den Krieg müssen und als falsche Albaner zurückkommen, die Mädchen überkreuz mit flauen Sprüchen und den ältesten Tricks, zum Beispiel fingiertem Selbstmord, belagern und dann den Boden unter den Füßen verlieren, als sie sehen: Das klappt sogar. Schon beim weltvergessen Abschieds-Terzettino, als Dorabella und Fiordiligi ihre künftigen Ex-Geliebten aufs Meer schicken, ist zu hören, wie da einer Idee von Glück nachgewunken wird. Irgendwie wissen alle Bescheid, da braucht es nur genügend Alkohol, keine Maskerade mehr und keine Komödienmechanik.
Aber dann liegen sie doch, die Mädchen früher, die Jungs naturgemäß später, auf dem Boden, von den Gastgebern und den anderen Gästen, dem Publikum - uns! - beäugt wie auf einem Objektträger.
Das reale Publikum in Madrid hatte womöglich mehr dramma giocoso erwartet, aber das war im doppelten Boden verschwunden. Das hier war nicht zum Lachen. Betretener Applaus.