Nicht immer erreichbar
Mehr als 72 Millionen Deutsche telefonieren inzwischen mit dem Handy. Alle anderen gehören eindeutig zu einer aussterbenden Spezies. Aber es gibt sie dennoch - die letzten Mohikaner, die nie eine SMS geschickt haben und denen die Leidenschaft fehlt, über Klingeltöne zu fachsimpeln.
"Handies sind teuer, die klingeln und sind nervig. "
"Ich hab selber kein Handy, weil ich denke, dass ich gar nicht mit der Technik klarkomme oder mir der Energieaufwand, um mich da reinzuknien, zu hoch ist. "
Wer heutzutage kein Handy hat, der muss nicht unbedingt mit der Technik auf Kriegsfuß stehen. Anstößiger ist für viele, dass der Mobilfunk das soziale Miteinander stört.
"Mich hat auch der Gebrauch abgeschreckt, den ich bei anderen miterlebt habe.
Ich möchte nicht immer erreichbar sein für irgendwen, irgendwann. Man verliert dadurch irgendwie auch an Ruhe …"
"Zunächst fand ich das Handy ganz interessant, weil man so flexibel ist, aber diese Flexibilität hat auch ihre Tücken, weil man sich nicht mehr verbindlich am Telefon äußern kann, was man dann häufiger bei Jugendlichen feststellen kann, die sich 20 mal miteinander verabreden im Fünf-Minuten-Abstand. Und letzten Endes doch keine Verabredung zustande kommt. "
Was Handygegner auf die Palme bringt, sind die vielen ach so bedeutungsschwangeren Gespräche im Mobilfunk:
Augsburger Puppenkiste: "Hier spricht der Dings, äh, der Dings. - König Alfons? Ja? - Ach ja, der. "
"In Geschäften, ob an der Gefriertruhe oder der Brottheke, wird alles nachgefragt nach Grammzahl und Preisen, was sich früher erübrigt hat – vollkommen sinnlos. "
In Notlagen - wie Staus und plötzlichen Terminabsagen - machen Handys an sich Sinn. Das geben eingefleischte Handygegner gerne zu. Doch das Drumherum geht ihnen mächtig auf den Geist. Außerdem: Was als Notsituation gilt, hängt stark vom Blickwinkel ab:
"Wir sind mal mit dem Auto - als wir noch eins hatten - liegen geblieben, als es regnete. Und wir kriegten nen Schreck: "Oh, jetzt brauchen wir ein Handy!" Ich wartete nen Moment, machte die Kühlerhaube auf, da war die Kühlung defekt. "
"Es reichte, fünf Minuten zu warten, und wir fuhren zur nächsten Werkstatt. Und wir dachten mal wieder: "Prima, dass wir kein Handy hatten." "
Soziologisch betrachtet sind Handys mehrfache Grenzverletzer:
Sie dringen in einst ungestörte Nischen ein. Privates macht sich lautstark im öffentlichen Raum breit.
"Also diese permanente Klingeln in allen möglichen Tonlagen und Musikstücken, dieses, wenn man Fremden gegenüber oder daneben sitzt, dieses Privatgespräche mithören müssen. "
"Mich stört, dass, wenn man heute mit Leuten essen geht, jeder ein Handy dabei hat und während man am Tisch sitzt auch das auch im Einsatz hat. Die Leute sind eben nicht im Hier und Jetzt, sondern ständig mit anderen Kommunikationen beschäftigt, im Grunde sitzen immer irgendwelche Leute in Anführungsstrichen mit am Tisch, die man nicht kennt, die irgendwie ihren Senf dazu geben. "
Außerdem wird durchs Handy die Trennwand zwischen privater und beruflicher Sphäre eingerissen. Noch dazu verstoßen Handynutzer häufig gegen alt ehrwürdige Höflichkeitsregeln:
"Ich bin mit jemandem im Gespräch, und da bricht einer in unsere Kommunikation ein.
Und die Leute auch nicht mal mehr sagen können: "Entschuldigung, ich muss das Gespräch unterbrechen für ein Telefonat", weil es mittlerweile für selbstverständlich gehalten wird, dass das Telefon Vorrang hat vor allem anderen, dass die rudimentärsten Höflichkeitsfloskeln nicht mehr gebraucht werden. "
Die Handy-Kultur treibt inzwischen immer wildere Blüten. Mit dem Handy am Ohr betreten Leute Geschäfte - und genauso verlassen sie diese auch. Zwischendurch wird wild gestikuliert. Der Verkäufer darf raten, was man möchte. Die Sprache wird auf einen binären Code reduziert: Außer Nicken und Kopfschütteln gibt es nichts - "Sittenverfall" allerorten, sagen Handygegner: Auch das Simsen kommt ihnen ziemlich dekadent vor:
"Das beobachte ich öfters in Straßenbahnen oder im Zug, dass die Leute so vertieft sind in dieses Tippen und Gucken, und gar nichts mehr mitkriegen, sich so abschotten.
Sprachverstümmelung, ganz schlimm, da ist keine Liebe mehr zur Sprache, da muss in Kürze ganz viel abgehandelt werden.
Und auch Geburtstagsgrüße, Weihnachtsgrüsse, alles ohne Anrede, mit Smily und "Herzlichen Glückwunsch" – finde ich fürchterlich. "
Gespräche unter vier Augen besitzen mehr Ruhe und Besinnlichkeit. Davon abgesehen gehen per Handy noch andere interessante Seiten verloren:
"Dass ich für jeden jederzeit erreichbar bin, das finde ich superlangweilig. Ich möchte ne gewisse Spannung haben, ich möchte sagen, ich freue mich auf jemand. Ich möchte da nicht immer ne doofe SMS geschickt haben: "Hallo was machst du gerade?" Ich kann mich auf den jemanden nicht richtig freuen, weil ich von dem schon wieder ein Bild geschickt bekomme. Das wird mir unaufgefordert zugeschickt und ich muss mir den dann ansehen. "
"Ich hab selber kein Handy, weil ich denke, dass ich gar nicht mit der Technik klarkomme oder mir der Energieaufwand, um mich da reinzuknien, zu hoch ist. "
Wer heutzutage kein Handy hat, der muss nicht unbedingt mit der Technik auf Kriegsfuß stehen. Anstößiger ist für viele, dass der Mobilfunk das soziale Miteinander stört.
"Mich hat auch der Gebrauch abgeschreckt, den ich bei anderen miterlebt habe.
Ich möchte nicht immer erreichbar sein für irgendwen, irgendwann. Man verliert dadurch irgendwie auch an Ruhe …"
"Zunächst fand ich das Handy ganz interessant, weil man so flexibel ist, aber diese Flexibilität hat auch ihre Tücken, weil man sich nicht mehr verbindlich am Telefon äußern kann, was man dann häufiger bei Jugendlichen feststellen kann, die sich 20 mal miteinander verabreden im Fünf-Minuten-Abstand. Und letzten Endes doch keine Verabredung zustande kommt. "
Was Handygegner auf die Palme bringt, sind die vielen ach so bedeutungsschwangeren Gespräche im Mobilfunk:
Augsburger Puppenkiste: "Hier spricht der Dings, äh, der Dings. - König Alfons? Ja? - Ach ja, der. "
"In Geschäften, ob an der Gefriertruhe oder der Brottheke, wird alles nachgefragt nach Grammzahl und Preisen, was sich früher erübrigt hat – vollkommen sinnlos. "
In Notlagen - wie Staus und plötzlichen Terminabsagen - machen Handys an sich Sinn. Das geben eingefleischte Handygegner gerne zu. Doch das Drumherum geht ihnen mächtig auf den Geist. Außerdem: Was als Notsituation gilt, hängt stark vom Blickwinkel ab:
"Wir sind mal mit dem Auto - als wir noch eins hatten - liegen geblieben, als es regnete. Und wir kriegten nen Schreck: "Oh, jetzt brauchen wir ein Handy!" Ich wartete nen Moment, machte die Kühlerhaube auf, da war die Kühlung defekt. "
"Es reichte, fünf Minuten zu warten, und wir fuhren zur nächsten Werkstatt. Und wir dachten mal wieder: "Prima, dass wir kein Handy hatten." "
Soziologisch betrachtet sind Handys mehrfache Grenzverletzer:
Sie dringen in einst ungestörte Nischen ein. Privates macht sich lautstark im öffentlichen Raum breit.
"Also diese permanente Klingeln in allen möglichen Tonlagen und Musikstücken, dieses, wenn man Fremden gegenüber oder daneben sitzt, dieses Privatgespräche mithören müssen. "
"Mich stört, dass, wenn man heute mit Leuten essen geht, jeder ein Handy dabei hat und während man am Tisch sitzt auch das auch im Einsatz hat. Die Leute sind eben nicht im Hier und Jetzt, sondern ständig mit anderen Kommunikationen beschäftigt, im Grunde sitzen immer irgendwelche Leute in Anführungsstrichen mit am Tisch, die man nicht kennt, die irgendwie ihren Senf dazu geben. "
Außerdem wird durchs Handy die Trennwand zwischen privater und beruflicher Sphäre eingerissen. Noch dazu verstoßen Handynutzer häufig gegen alt ehrwürdige Höflichkeitsregeln:
"Ich bin mit jemandem im Gespräch, und da bricht einer in unsere Kommunikation ein.
Und die Leute auch nicht mal mehr sagen können: "Entschuldigung, ich muss das Gespräch unterbrechen für ein Telefonat", weil es mittlerweile für selbstverständlich gehalten wird, dass das Telefon Vorrang hat vor allem anderen, dass die rudimentärsten Höflichkeitsfloskeln nicht mehr gebraucht werden. "
Die Handy-Kultur treibt inzwischen immer wildere Blüten. Mit dem Handy am Ohr betreten Leute Geschäfte - und genauso verlassen sie diese auch. Zwischendurch wird wild gestikuliert. Der Verkäufer darf raten, was man möchte. Die Sprache wird auf einen binären Code reduziert: Außer Nicken und Kopfschütteln gibt es nichts - "Sittenverfall" allerorten, sagen Handygegner: Auch das Simsen kommt ihnen ziemlich dekadent vor:
"Das beobachte ich öfters in Straßenbahnen oder im Zug, dass die Leute so vertieft sind in dieses Tippen und Gucken, und gar nichts mehr mitkriegen, sich so abschotten.
Sprachverstümmelung, ganz schlimm, da ist keine Liebe mehr zur Sprache, da muss in Kürze ganz viel abgehandelt werden.
Und auch Geburtstagsgrüße, Weihnachtsgrüsse, alles ohne Anrede, mit Smily und "Herzlichen Glückwunsch" – finde ich fürchterlich. "
Gespräche unter vier Augen besitzen mehr Ruhe und Besinnlichkeit. Davon abgesehen gehen per Handy noch andere interessante Seiten verloren:
"Dass ich für jeden jederzeit erreichbar bin, das finde ich superlangweilig. Ich möchte ne gewisse Spannung haben, ich möchte sagen, ich freue mich auf jemand. Ich möchte da nicht immer ne doofe SMS geschickt haben: "Hallo was machst du gerade?" Ich kann mich auf den jemanden nicht richtig freuen, weil ich von dem schon wieder ein Bild geschickt bekomme. Das wird mir unaufgefordert zugeschickt und ich muss mir den dann ansehen. "