Nicht bloß Lebensgefährtin und Lehrerin
Erst seit einigen Jahren wird das Werk der russischen Malerin Marianne von Werefkin genauer erforscht und gewürdigt. Ihr Leben war sehr bewegt: So überwand sie einen Schuss in ihre Malerhand und war Wegbegründerin der Künstlergruppe "Der Blaue Reiter".
"Ich gab ihm ein Atelier und die Möglichkeit, ohne Sorge zu arbeiten, machte ihn frei von der Routine der Akademie, umgab ihn mit Glorienschein, brachte ihn ins Ausland, formte seinen Geschmack, lehrte ihn die Kunst lieben, verschaffte ihm Gönner und gab ihm die Möglichkeit, großzügig und sorglos Farben, Leinwand und Modelle zu verwenden."
Nicht ohne Bitterkeit blickte Marianne von Werefkin auf ihr Verhältnis mit dem Maler Alexej Jawlensky zurück. Ihn hatte sie zum internationalen Weltkünstler formen wollen, eine Karriere, die ihr selbst - obwohl damals eine in Russland mit dem Beinamen "russischer Rembrandt" gefeierte Künstlerin - versperrt schien.
Am 11. September 1860 in eine wohlhabende russische Adelsfamilie in Tula hineingeboren, wird Marianne westlich erzogen und ausgebildet. Ihr realistisches Frühwerk orientiert sich am Stil der Peredwischniki, der sog. Wandermaler; Ilja Repin erteilt ihr Privatstunden in St. Petersburg. Bei einem Jagdunfall durchschießt sie sich die rechte, die Maler-Hand, die lebenslang verkrüppelt bleibt. Aber durch zähe Übung lernt sie, mit Mal- und Zeichengerät wieder umzugehen. Nur wenige Werke aus jener Zeit sind erhalten. Nach 1890 nähert sie sich der Freilichtmalerei und dem Impressionismus. Die Historikerin und Werefkin-Biographin Brigitte Roßbeck:
"Sie hat schon sehr früh erkannt, dass der Impressionismus nicht ihr Endziel sein kann, sondern sie hat den Expressionismus gleichsam vorausgesagt. Das hängt einfach auch damit zusammen, dass sie neben ihrer Tätigkeit als praktische Malerin auch eine Kunstphilosophin und auch Philosophin darüber hinaus war."
Mit 31 Jahren lernt sie Alexej Jawlensky kennen und beschließt, den fünf Jahre jüngeren mittellosen Offizier und malenden Autodidakten zu fördern. Dafür unterbricht sie für Jahre ihre eigene künstlerische Arbeit. Ausgestattet mit einer noblen zaristischen Rente, zieht sie 1896, nach dem Tod ihres Vaters, mit Jawlensky und ihrem zehnjährigen Dienstmädchen Helene Nesnakomoff nach München-Schwabing, wo sie ein lebhaftes Salon-Leben entwickelt.
"Sie ist ja 1903 und 1906 in Frankreich mit der modernen Kunst in Verbindung gekommen, wo ihr Matisse oder auch die Schule um Gauguin einfach bewusst gemacht hat, dass das, was die Franzosen schon vorexerzierten, das ist, was sie auch anstrebte. Und mit diesem Wissen hat sie 1908 - gemeinsam mit Münter, Kandinsky und Jawlensky in Murnau, in diesem legendären Sommer - ihren Freunden den Expressionismus vorbuchstabiert."
"Die Kunst, das sind Funken, die durch die Reibung des Individuums mit dem Leben entstehen, wie bei zwei elektrischen Drähten. Wenn er einmal da ist, dann ist der Funke etwas ganz anderes als die Drähte. So auch die Kunst. Sie entsteht durch den Schock, den empfangenen Eindruck. Damit der starke Charakter des Eindrucks gewahrt bleibe, ist es notwendig, dass man einen ihm gemäßen Ausdruck findet, so wie der Schrei dem Schmerz entspricht, das Lachen der Freude und die Tränen der Trauer."
Als die noch unmündige Helene im Jahr 1902 einen Sohn von Jawlensky erwartet, kommt es zur Krise. Werefkins Plan, Jawlensky an sich zu binden, um mit ihm den Weg in die Moderne zu gehen, ist gescheitert. Werefkin geht eigene Wege: Sie beginnt wieder zu malen und stellt in Herwarth Waldens Berliner Galerie Der Sturm aus. Die Seelenverwandtschaft mit Kandinsky bewirkt, dass ihre Gedanken in sein Hauptwerk "Das Geistige in der Kunst" einfließen:
Als Mitglied der Künstlervereinigung "Blauer Reiter" fand Marianne von Werefkin noch einmal zu ganz eigenständigen, farbenprächtigen Gemälden. Der Erste Weltkriegs trieb sie ins Schweizer Exil, als Staatenlose. Ihre letzte Station war Ascona, wo sie sich endgültig von Jawlensky trennte.
"Es kam ein Galerist - in den späten Jahren, kurz vor ihrem Tod - zu ihr nach Ascona und versuchte sozusagen eine Verbindung wieder herzustellen. Und sie schaute durch ihn hindurch in die Luft und tat so, als habe sie den Namen Jawlensky nie gehört: Jawlensky, Jawlensky? Und dann sagt sie: Ja, ja, sagen Sie ihm, ich werde für ihn beten."
Marianne von Werefkin starb am 6. Februar 1938 in Ascona.
Nicht ohne Bitterkeit blickte Marianne von Werefkin auf ihr Verhältnis mit dem Maler Alexej Jawlensky zurück. Ihn hatte sie zum internationalen Weltkünstler formen wollen, eine Karriere, die ihr selbst - obwohl damals eine in Russland mit dem Beinamen "russischer Rembrandt" gefeierte Künstlerin - versperrt schien.
Am 11. September 1860 in eine wohlhabende russische Adelsfamilie in Tula hineingeboren, wird Marianne westlich erzogen und ausgebildet. Ihr realistisches Frühwerk orientiert sich am Stil der Peredwischniki, der sog. Wandermaler; Ilja Repin erteilt ihr Privatstunden in St. Petersburg. Bei einem Jagdunfall durchschießt sie sich die rechte, die Maler-Hand, die lebenslang verkrüppelt bleibt. Aber durch zähe Übung lernt sie, mit Mal- und Zeichengerät wieder umzugehen. Nur wenige Werke aus jener Zeit sind erhalten. Nach 1890 nähert sie sich der Freilichtmalerei und dem Impressionismus. Die Historikerin und Werefkin-Biographin Brigitte Roßbeck:
"Sie hat schon sehr früh erkannt, dass der Impressionismus nicht ihr Endziel sein kann, sondern sie hat den Expressionismus gleichsam vorausgesagt. Das hängt einfach auch damit zusammen, dass sie neben ihrer Tätigkeit als praktische Malerin auch eine Kunstphilosophin und auch Philosophin darüber hinaus war."
Mit 31 Jahren lernt sie Alexej Jawlensky kennen und beschließt, den fünf Jahre jüngeren mittellosen Offizier und malenden Autodidakten zu fördern. Dafür unterbricht sie für Jahre ihre eigene künstlerische Arbeit. Ausgestattet mit einer noblen zaristischen Rente, zieht sie 1896, nach dem Tod ihres Vaters, mit Jawlensky und ihrem zehnjährigen Dienstmädchen Helene Nesnakomoff nach München-Schwabing, wo sie ein lebhaftes Salon-Leben entwickelt.
"Sie ist ja 1903 und 1906 in Frankreich mit der modernen Kunst in Verbindung gekommen, wo ihr Matisse oder auch die Schule um Gauguin einfach bewusst gemacht hat, dass das, was die Franzosen schon vorexerzierten, das ist, was sie auch anstrebte. Und mit diesem Wissen hat sie 1908 - gemeinsam mit Münter, Kandinsky und Jawlensky in Murnau, in diesem legendären Sommer - ihren Freunden den Expressionismus vorbuchstabiert."
"Die Kunst, das sind Funken, die durch die Reibung des Individuums mit dem Leben entstehen, wie bei zwei elektrischen Drähten. Wenn er einmal da ist, dann ist der Funke etwas ganz anderes als die Drähte. So auch die Kunst. Sie entsteht durch den Schock, den empfangenen Eindruck. Damit der starke Charakter des Eindrucks gewahrt bleibe, ist es notwendig, dass man einen ihm gemäßen Ausdruck findet, so wie der Schrei dem Schmerz entspricht, das Lachen der Freude und die Tränen der Trauer."
Als die noch unmündige Helene im Jahr 1902 einen Sohn von Jawlensky erwartet, kommt es zur Krise. Werefkins Plan, Jawlensky an sich zu binden, um mit ihm den Weg in die Moderne zu gehen, ist gescheitert. Werefkin geht eigene Wege: Sie beginnt wieder zu malen und stellt in Herwarth Waldens Berliner Galerie Der Sturm aus. Die Seelenverwandtschaft mit Kandinsky bewirkt, dass ihre Gedanken in sein Hauptwerk "Das Geistige in der Kunst" einfließen:
Als Mitglied der Künstlervereinigung "Blauer Reiter" fand Marianne von Werefkin noch einmal zu ganz eigenständigen, farbenprächtigen Gemälden. Der Erste Weltkriegs trieb sie ins Schweizer Exil, als Staatenlose. Ihre letzte Station war Ascona, wo sie sich endgültig von Jawlensky trennte.
"Es kam ein Galerist - in den späten Jahren, kurz vor ihrem Tod - zu ihr nach Ascona und versuchte sozusagen eine Verbindung wieder herzustellen. Und sie schaute durch ihn hindurch in die Luft und tat so, als habe sie den Namen Jawlensky nie gehört: Jawlensky, Jawlensky? Und dann sagt sie: Ja, ja, sagen Sie ihm, ich werde für ihn beten."
Marianne von Werefkin starb am 6. Februar 1938 in Ascona.