Nicht anerkannt im Niemandsland

Von Steffen Wurzel |
Der Dauer-Konflikt zwischen dem griechischen Süden und dem türkischen Norden der Insel Zypern bremst die Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU. Für die Menschen vor Ort ist er schon längst Alltag.
"Hier auf der rechten Seite sehen wir das Hauptgebäude, das IT-Gebäude und dahinter die Bibliothek. Dort ist noch die Caféteria und die Bäckerei. Das ist der Haupt-Treffpunkt hier auf dem Campus."

Doğu Erdener steht auf dem Uni-Campus der Middle East Technical University, in der Nähe des zyprischen Städtchens Güzelyurt. Genauer gesagt befinden wir uns im Nordteil Zyperns. In der "Türkischen Republik Nordzypern", also in einem Land, das es völkerrechtlich gesehen nicht gibt. Doğu Erdener besitzt sowohl die türkische als auch die australische Staatsbürgerschaft. Der 38-Jährige arbeitet hier an der Uni als Assistenzprofessor für Psychologie.

"Ich habe einige andere Jobangebote ausgeschlagen, unter anderem eines aus den Niederlanden und eines aus den USA. Einer der Gründe, die mich bewogen haben, hier her zu kommen, war die faszinierende Aussicht, dabei zu sein, wenn Geschichte geschrieben wird. Es geht schließlich um die Frage, ob diese Insel für immer getrennt bleibt - oder ob sie sich wiedervereinigt."

Geteilt ist die Insel seit 1974. Damals landeten türkische Truppen im Nordteil Zyperns, um - so die Sicht der Regierung an Ankara - die türkischstämmige Bevölkerung auf der Insel vor griechisch-zyprischen Nationalisten zu schützen.

"Im Ausland ist es oft so, dass die Leute gar nicht verstehen, was wir meinen, wenn wir 'Nordzypern' sagen!"

Ceren Kayıkcı, 21, Psychologiestudentin an der Middle East Technical University:

"Zypern ist ein Land, das im Ausland immer nur aus der Perspektive des Südens vorgestellt wird. Wenn ich im Ausland bin, betone ich immer: Ich bin türkische Zypriotin! Und die Leute fragen dann oft: Hä? Leben da auch Türken?"

Ins Ausland zu reisen ist für Ceren Kayıkcı gar nicht so einfach. Vom so genannten internationalen Flughafen des Nordteils gibt es Direktflüge ausschließlich in die Türkei. Also wählt die Studentin oft den Umweg über den Südteil. Da ihre Eltern gebürtige Zyprer sind, darf Ceren relativ problemlos die Grenze nach Süden passieren. Sie hat neben dem nordzyprischen Ausweis sogar einen Pass des EU-Mitglieds Republik Zypern.

"Das ist manchmal sehr kompliziert. Ich benutze immer das Reisedokument, das das entsprechende Land verlangt. Das fühlt sich so an, als hätte ich keine wirkliche Identität, keine wirkliche Zugehörigkeit zu einem Staat."

Wie es aussieht, wird sich an dieser komplizierten Situation und an der Teilung Zyperns auf absehbare Zeit nichts ändern. Und das, obwohl seit gut zwei Jahren wieder Vertreter beider Volksgruppen miteinander verhandeln. Ein Problem ist, dass sich viele junge Zyprioten ein gemeinsames Leben in einer gemeinsamen Nation oft gar nicht mehr vorstellen können. Weil sie Zypern eben nur als getrennte Insel kennen. Der türkisch-zyprische Journalist Aral Moral beschäftigt sich seit einiger Zeit mit diesem Phänomen.

"Es gibt zwar ab und zu einen Austausch zwischen Jugendlichen beider Seiten. Aber das ist die Ausnahme. Ich denke, dass wir vor einer politischen Lösung unbedingt eine soziale Lösung brauchen. Beide Seiten müssen einander näher gebracht werden. Wir brauchen vertrauensbildende Maßnahmen. Eine politische Lösung scheint mir fast der einfachere Teil zu sein."
Mehr zum Thema