Nicholas Crane: Der Weltbeschreiber

Der britische Autor Nicholas Crane stellt in seinem neuen Sachbuch eine akribische Biographie jenes Gerhard Kremer, der sich später den Künstlernamen Mercator gab, geboren 1512, gestorben 1594 in Duisburg, vor. Mercators Arbeit als Kartograph, Mathematiker, Astronom und Herausgeber von Atlanten revolutionierte die wissenschaftliche Navigation auf Schiffen und damit die Geschichte der Entdeckung der Welt.
Der britische Autor Nicholas Crane stellt sein neues Sachbuch vor: "Der Weltbeschreiber oder wie der Erfinder des Atlas die Seefahrt revolutionierte", eine akribische Biographie jenes Gerhard Kremer, der sich später den Künstlernamen Mercator gab, geboren 1512, gestorben 1594 in Duisburg.

Mercators Familie stammte vom heute belgischen Niederrhein, seine Muttersprache war Deutsch, er war der Sohn eines Kleinbauern und Schusters und wurde zu einem der wichtigsten Männer des 16. Jahrhunderts. Mercators Arbeit als Kartograph, als Sammler von Landkarten, Kupferstecher, Mathematiker, Astronom und Herausgeber von Atlanten, denen er ihren Namen gab, revolutionierte die wissenschaftliche Navigation auf Schiffen und damit die Geschichte der Entdeckung der Welt bis heute: Auch die Satellitenkarten der NASA beruhen auf jenem mathematischen Proportionsmaß, das Mercator festlegte.

Der Autor Nicholas Crane, selbst gelernter Geograph, versetzt den Leser in ein hochdynamisches Jahrhundert, an eine wahre Schnittstelle unserer modernen Geschichte: Gerade hatte Columbus Amerika entdeckt, da verließ Magellan 1519 den Hafen, um als erster die Welt zu umsegeln. In Europa grassierte die Pest, ein Kälteperiode führte zu Hungersnöten, 1517 erhob sich Martin Luther gegen die katholische Kirche und seitdem tobte auch noch die Inquisition durch Europa und drohte allenthalben mit ihren Scheiterhaufen, ein Konflikt, in den übrigens auch Mercator verwickelt wurde: Ein Jahr verbrachte er im Gefängnis, der Ketzerei beschuldigt.

Mercators ganzes Leben war davon geprägt, nicht zwischen die Fronten des Krieges der Konfessionen zu geraten. Und es ist ein Wunder, dass ihm dieses Kunststück gelang, denn man muss bedenken, Mercator, der sich selbst als bescheidener Handwerker sah, war als Kartograph eigentlich ein Geheimnisträger erster Güte. Land- bzw. Seekarten waren meist Staatsgeheimnisse, die mit Gold aufgewogen wurden; Columbus ließ seinen Bruder Bartolomeo unter Todesgefahr solche eigens aus dem Staatsarchiv in Lissabon stehlen.

Der Autor Nicholas Crane tritt würdig in die Fußstapfen der großen langen Tradition britischer Sachbuchautoren, die Historie und Reisebeschreibung miteinander verbinden, von William Dampier und Daniel Defoe bis zu Bruce Chatwin oder John McPhee. Und wie immer bei britischen Autoren finden wir jene hochpräzise wissenschaftliche Recherche, die auf der anderen Seite das Bedürfnis des Lesers, gerade bei einer Reise in ein anderes Jahrhundert, befriedigt, zu erfahren, wie die Menschen damals tatsächlich lebten, wie viel sie verdienten und wie viel Heringe oder wie viel Bier sie sich dafür leisten konnten oder wie es auf der vor 500 Jahren schon florierenden Frankfurter Buchmesse aussah.

"Der Weltbeschreiber" von Nicholas Crane ist ein hoch spannendes Sachbuch, das historisch-politische und wissenschaftliche Zusammenhänge fasslich erklärt und sie dem Leser vor allem auch lebendig vermittelt. Die britischen Kritiker beschrieben es zurecht als "brillant, faszinierend wie auch klar und elegant im Stil", und hinzugefügt sei: investigativ.

Wie keine andere Mercator-Biographie vorher arbeitet dieses Buch die Beziehung zwischen Mercator und dessen altem Schulfreund John Dee, dem Top-Geheimagenten der Königin von England heraus, das heißt, der Schustersohn Gerhard Kremer war von seinem Arbeitsplatz in Duisburg aus mitentscheidend am Aufstieg Englands zur Weltmacht beteiligt. Für jeden Fan von Geschichte ein Lektüre-Muss.


Nicholas Crane: "Der Weltbeschreiber, - Gelehrter, Ketzer, Kosmograph -, Wie die Karten des Gerhard Mercator die Welt veränderten",
übersetzt von Harald Stadler
Droemer(-Knaur) Verlag, München 2005, 381 Seiten mit 32-seitigem, farbigem Bildteil.
22,90 Euro,