New Yorker Stonewall Inn vor 50 Jahren

Queerer Kampf für Gleichberechtigung und gegen Polizeiübergriffe

04:11 Minuten
Das New Yorker Stonewall Inn
Der ikonischste von vielen queeren Szeneorten in New York – das Stonewall Inn © ZUMA press / imago
Von Kai Clement · 24.05.2019
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Die Razzia im Stonewall Inn war schwulen und lesbischen New Yorkern 1969 eine Gängelung zu viel. Im Juni jährt sich der Aufstand gegen den Polizeieinsatz in der Szenebar zum 50. Mal. Ausstellungen widmen sich schon jetzt dieser frühen queeren Bewegung.
Da sind ihre Rollerskates, ihre sternförmige Sonnenbrille, ein Zauberstab und die perlenbesetzte Handtasche auf der "Kentucky" steht.
"Sie zog 1968 nach New York. Tanzte und feierte in der Bar Stonewall Inn. Dann aber wurde sie in den Vietnam-Krieg eingezogen. Kämpfte dort. Überlebte. Kam zurück im Herbst 1969, hatte überhaupt nichts von den Stonewall-Krawallen mitbekommen - ging eines Abends wieder zu der Bar - und stand vor verschlossenen Türen."
Kuratorin Rebecca Klassen hat die Erinnerungsstücke an diesen jungen Mann aus Gravelsnatch in Kentucky zusammengetragen. Der während seines Vietnam-Einsatzes gar nicht mitbekommt, dass das Stonewall Inn zum Zentrum schwul-lesbischen Widerstandes gegen Polizeiübergriffe geworden und geschlossen worden war. Der in New York dann seine Verwandlung erlebt.
"1970 fand sie einen Job im Rockefeller und begann zur Arbeit zu skaten. Eines Tages ging sie in einen Secondhand-Laden - und die Besitzer fingen an, sie einzukleiden. Ein Kleid, ein Hut und so weiter. So wurde sie zur 'Rollerena Fairy Godmother'. Sie skatete durch ganz New York - im Fummel. Das war geradezu unerhört in den frühen 70er-Jahren! Und sie fing an, zu CSD-Paraden zu gehen."

Schwul-lesbische Orte, um sich sicher zu fühlen

50 Jahre Stonewall Inn - das ist die Geschichte eines Kampfes um Gleichberechtigung und Respekt. Ein Kampf, der in der gleichnamigen Bar einen symbolstarken Höhepunkt erlebt. Als die Polizei dort am 28. Juni 1969 wieder einmal eine Razzia durchführt, da war es dieses eine Mal zu viel. Der Widerstand beginnt.
Historischer Zeitungsartikel über die Razzia im Stonewall Inn im Juni 1969
Die Presse ging damals nicht unbedingt sensibel mit der Würde von Schwulen und Lesben um-© ZUMA press / imago
Daran erinnern viele New Yorker Einrichtungen, vom Kunstmuseum in Brooklyn bis hin zur historischen Bibliothek am Bryant Park. Die Historical Society der Stadt widmet ihre Ausstellung lesbischer Geschichte und schwul-lesbischem Nachtleben auch jenseits des Stonewall Inn. Museumsdirektorin Margi Hofer nennt den Cork Club an der Upper West Side, die Bar Matchbook im Astor Hotel am Times Square oder den Blue Parrot.
"Das waren einige der wenigen Orte, wo sich Schwule und Lesben sicher fühlten. Feiern und loslassen konnten. Aber das waren eben auch Orte, um Leute aufzurütteln, Teil einer Bewegung zu werden und Dinge zu verändern."

"Ich würde diese Ausstellung gern in jeder Schule sehen"

Die Ausstellung zeigt aber auch, dass das Ringen um selbstbestimmtes schwul-lesbisches Leben nicht erst 1969 beginnt. Flavia Rando weist auf ein 100 Jahre altes Foto. Darauf die Afro-Amerikanerin Mabel Hampton, sie war von North Carolina nach Harlem gezogen.
"Vor Stonewall, bevor es eine Bewegung gab, bevor viele überhaupt das Wort 'lesbisch' kannten, gab es Lesben, die ihr Leben offen und stolz führten. Mabel Hampton arbeitete als Tänzerin, als Hilfsschwester, hatte nie herausgehobene Jobs - aber ihr Leben hat geholfen, diese Welt zu ändern."
Flavia Rando hat an der Ausstellung in der New York Historical Society mitgewirkt. Sie arbeitet für ein New Yorker Archiv zu lesbischer Geschichte - das deshalb auch nicht His-tory Archives heißt sondern Her-story Archives.
"Es ist sehr einfach, eine Tat zu feiern, einen so genannten Aufstand, das also zu feiern und dann zum Alltag überzugehen. Ich aber würde gerne eine Version dieser Ausstellung in jeder Schule sehen."
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