Neuwahl ohne Ypsilanti als Spitzenkandidatin

Von Günter Hellmich, Deutschlandradio (Landesstudio Berlin) |
Eigentlich konnte es nur noch darum gehen, einen Weg zu finden, wie man Andrea Ypsilanti ohne Gesichtsverlust zum Verzicht auf eine neue Spitzenkandidatur bewegt. Denn die gestern an die gescheiterte Kandidatin heran- und von ihr selbst vorgetragenen Bitte des SPD-Landesvorstandes, doch bei der Neuwahl im Januar erneut anzutreten, kann ja wohl beim besten Willen nicht ernst sondern nur therapeutisch gemeint gewesen sein.
Sollte, was sehr unwahrscheinlich ist, Frau Ypsilanti dem Parteirat morgen tatsächlich erklären, sie würde noch einmal den Versuch unternehmen wollen, Roland Koch herauszufordern, wäre dies nicht nur fatal für die Sozialdemokraten in Hessen, sondern für die SPD in allen Wahlgängen des kommenden Jahres.

Das Ergebnis einer solchen Kandidatur könnte nichts anderes als ein totales Fiasko sein. Wenn nicht alle Demoskopen gelogen haben, dann gibt es für die bisherige Machterwerbsstrategie der Kandidatin im Wahlvolk eine mehrheitliche Ablehnung.

Nicht mal die SPD-Anhänger sind in der Mehrheit unglücklich darüber, dass der rot-rot-grüne Traum geplatzt ist. Warum nur, warum soll sich das Meinungsbild innerhalb weniger Wochen zu Gunsten Ypsilantis ändern. Hinzu kommt dass die Kandidatin mit dem Makel des Wortbruchs belastet ist. Der bleibt an ihr hängen, auch wenn es nicht um Koalitionsaussagen geht, die man ja diesmal tunlichst vermeiden wird. Jedes gewöhnliche Wahlkampfversprechen von der Schulpolitik bis zur ökologischen Wirtschaftsförderung würde man bei dieser Kandidatin noch kritischer sehen als in Wahlzeiten bei Politikern ohnehin üblich.

Außerdem wäre diese gründlich beschädigte Spitzenkandidatin mittlerweile für jeden Koalitionspartner ein Problem, weil sie unter Beweis gestellt hat, dass sie ihre eigene Truppe nicht richtig einschätzen kann. Kurz und gut: für eine Spitzenkandidatin Ypsilanti darf sich die hessische SPD nur dann entscheiden, wenn sie für den späteren Neuanfang eine tiefe Niederlage braucht. Eine solche Pleite aber würde für die Bundes-SPD den Start in Wahljahr erheblich belasten, schon der LandtagsWahlkampf mit Ypsilanti an der Spitze könnte stimmenkostende Flügelkämpfe auslösen - erinnert sei an die Clement-Affäre.

Schadensbegrenzung wäre also angezeigt, die goldene Brücke auf die Spitzenkandidatur zu verzichten und sich mit dem Landesvorsitz zu bescheiden , hat man Frau Ypsilanti offenbar gebaut. Eigentlich aber, wäre bei ein wenig Selbstkritik und Einsicht in die politische Notwendigkeit schon am Dienstag ein echter Rücktritt fällig gewesen. Verrat hin oder her. Das hätte der SPD, ihrem Anliegen in Hessen und dem Ansehen der Politik in Deutschland genutzt.