Neuland im Internet
Die Londoner Musik-Webseite Last.FM gilt seit einigen Wochen als "das europäische Internet-Wunder". Vor kurzem wurde die Seite für 200 Millionen Euro an den amerikanischen Medienkonzern CBS verkauft. Last.FM ist keine gewöhnliche Musik-Börse, die Seite stellt für jeden User ein individuelles Musik-Programm zusammen.
Das Großraum-Büro von Last.FM sieht so aus, wie man es sich in einem jungen Internet-Unternehmen vorstellt. Auf dem Industrie-Parkett im Besprechungszimmer stehen Schlagzeug, E-Gitarre und Keyboard, falls einer der Angestellten mal eine Kreativ-Pause braucht; an der Wand hängt Graffiti-Kunst und die 50 Mitarbeiter sitzen an mehreren großen Tischen vor ihren Computern, und stehen eigentlich nur auf, wenn nachmittags die Pizza geliefert wird. Kaum einer hier ist älter als 25. Die Kanadierin Anna Donovan ist zuständig für das Design der Webseite:
"Hier ist eigentlich immer gute Stimmung, wir sind alle ziemlich jung und nach der Arbeit gehen wir oft zusammen aus, viele wohnen sogar zusammen. Die meisten hier interessieren sich für Musik, viele spielen ein Instrument. Ich zum Beispiel bin Bassistin und wenn es spät wird hier im Büro, dann jammen wir hier im Meeting-Zimmer, manchmal wird es dabei ziemlich laut und das gefällt dann leider den Nachbarn nicht so gut."
"Icky Thumb" von den White Stripes. Der Titel steht zur Zeit ganz oben in den Last-FM-Charts. Last.FM füllt eine Lücke im Internet. Denn Webseiten, auf denen man Musik kaufen oder herunterladen kann, gibt es inzwischen zur Genüge. Last.FM spielt dagegen Musik über einen audio-stream, kontinuierlich, ähnlich wie ein Radiosender, nur ohne Werbung und ohne Nachrichten. Auf der Webseite läuft aber nicht nur Rockmusik, es laufen Millionen von Musik-Programmen. Denn jeder user, der sich registriert und der Seite seine Musikwünsche anvertraut, wird anschließend mit Musik-Titeln versorgt, die dem eigenen Geschmack entsprechen, kostenlos, solange wie der Computer läuft. Der Österreicher Martin Sticksel hat die Webseite vor fünf Jahren gemeinsam mit seinem Freund Felix Miller gegründet. Sie wollten eine neue Methode entwickeln, um gute Musik im Internet zu finden. Außerdem wollten Sie selbst Musik promoten:
"Felix und ich, wir hatten damals eine Online-Plattenfirma mit jeder Menge Musik, die keiner kannte. Und wir haben uns eben überlegt, wie können wir diese Musik, die großartig ist, an die richtigen Ohren bringen? Und da haben wir dann im Prinzip das Last-FM-System gebaut, um diese beiden Fragen zu beantworten."
Ein Titel der "Fake Sensations" – eine Londoner Band, die immer noch ein Plattenlabel sucht, die aber über Last.Fm jetzt schon Hörer findet. Jeder Künstler kann seine Songs auf die Webseite laden und die eigene Musik so neben den Titeln von internationalen Stars anbieten. Die ursprüngliche Idee, auch völlig unbekannte Bands zu spielen, ist trotz des Erfolgs der Seite nie verschwunden – Last.FM ist heute fester Bestandteil des internationalen Geschäfts mit Musik aus dem Internet. Martin Sticksel erinnert sich aber auch noch an die ersten Monate nach der Gründung, da wurde die Seite von einer Handvoll Idealisten am Leben gehalten, unter merkwürdigen Lebensbedingungen:
"Ich musste damals nicht auf dem Dach schlafen, aber unsere Programmierer mussten dort zelten. Als wir mit der Seite angefangen haben - das war so 2002, 2003 - da war kein Geld da für online-Musik. Das war gerade in den Monaten, nachdem Napster sehr stark verklagt wurde. Und dieser Prozess hat allgemein die online-Musik ja wirklich um Jahre zurückgeworfen. Deshalb mussten wir alles selber machen."
Steve Gravalle, ein 24-jähriger in Jeans und T-Shirt, ist der Schlagzeuger in der Belegschaft – und er ist zuständig für die Software, die die Webseite am Laufen hält:
"Mein Arbeitstag ist immer extrem hektisch, heute habe ich zum Beispiel ein neues Programm in die Webseite eingebaut, das die Suche nach Bands erleichtert. Die meisten Programmierer, die hier arbeiten, waren vorher selbst user von Last.FM und haben den Job über die Seite gefunden. Last.FM veröffentlicht Job-Angebote nämlich nur auf der eigenen Webseite – deshalb kennen die Leute, die hier anfangen, die Seite schon in- und auswendig."
Das Büro von Last.FM liegt heute im Londoner East End, die Gegend ist voll mit Kunstgalerien, jungen Technologie-Firmen und Bars und Kneipen, die alle paar Wochen ihren Namen wechseln. Vor wenigen Wochen hat Martin Sticksel, gemeinsam mit seinen Kompagnons, die Webseite an den amerikanischen Medienkonzern CBS verkauft, für 200 Millionen Euro. Wie viele Millionen er selbst bekommen hat, will der Portal-Gründer Sticksel jedoch nicht verraten. Der Deal sieht allerdings vor, dass sich im Büro von Last.FM nichts ändern soll. Martin Sticksel sitzt weiter an einem der großen Holztische und hört über seine Kopfhörer viel Musik aus dem Internet – und auch seine Mitarbeiter sagen, es sei alles wie vorher. In den nächsten Monaten soll das Video-Angebot auf der Webseite ausgebaut werden, außerdem wird die Software, die Musikgeschmäcker analysiert, ständig verfeinert.
Für CBS könnte sich der Kauf der Webseite auszahlen, denn mit Last.Fm hat der Konzern nicht nur eine interessante Internet-Idee übernommen, sondern auch eine weltweite Anhängerschaft: Die Seite hat 20 Millionen User. Last.FM wird deshalb immer wieder mit Seiten wie "youtube" und "myspace" verglichen, die ebenfalls sehr früh erkannt haben, dass das Internet Treffpunkte braucht, auf denen Web-User Ideen, Erlebnisse oder Informationen austauschen können. Und so wie "youtube" und "myspace" wurde auch Last.FM schon lange von mehreren großen Unternehmen umworben. Angst davor, dass seine Internet-Firma jetzt von der amerikanischen Muttergesellschaft ausgeschlachtet oder als Unterabteilung zurechtgestutzt wird, diese Angst hat der Mitgründer Martin Sticksel allerdings nicht:
"Also, die user wissen, dass die Last.FM-Köpfe nach wie vor am Ruder sitzen. CBS lässt uns alleine und weiß, dass Last.FM zukunftweisend ist. Eben weil es den Leuten Kontrolle gibt über ihr Unterhaltungsprogramm. Das ist meiner Meinung nach und unserer Meinung nach die nächste Stufe von Unterhaltung."
Last.FM gehört mit zu einer wachsenden Gruppe von Webseiten, die sich auf den Geschmack und auf die Vorlieben jedes einzelnen Nutzers einstellen. Martin Sticksel will allerdings mehr bieten als einen individuellen Musikservice – in ein paar Jahren, sagt er, soll Last.FM, so wie der Name schon andeutet, die letzte Musikwebseite im Internet sein.
"Hier ist eigentlich immer gute Stimmung, wir sind alle ziemlich jung und nach der Arbeit gehen wir oft zusammen aus, viele wohnen sogar zusammen. Die meisten hier interessieren sich für Musik, viele spielen ein Instrument. Ich zum Beispiel bin Bassistin und wenn es spät wird hier im Büro, dann jammen wir hier im Meeting-Zimmer, manchmal wird es dabei ziemlich laut und das gefällt dann leider den Nachbarn nicht so gut."
"Icky Thumb" von den White Stripes. Der Titel steht zur Zeit ganz oben in den Last-FM-Charts. Last.FM füllt eine Lücke im Internet. Denn Webseiten, auf denen man Musik kaufen oder herunterladen kann, gibt es inzwischen zur Genüge. Last.FM spielt dagegen Musik über einen audio-stream, kontinuierlich, ähnlich wie ein Radiosender, nur ohne Werbung und ohne Nachrichten. Auf der Webseite läuft aber nicht nur Rockmusik, es laufen Millionen von Musik-Programmen. Denn jeder user, der sich registriert und der Seite seine Musikwünsche anvertraut, wird anschließend mit Musik-Titeln versorgt, die dem eigenen Geschmack entsprechen, kostenlos, solange wie der Computer läuft. Der Österreicher Martin Sticksel hat die Webseite vor fünf Jahren gemeinsam mit seinem Freund Felix Miller gegründet. Sie wollten eine neue Methode entwickeln, um gute Musik im Internet zu finden. Außerdem wollten Sie selbst Musik promoten:
"Felix und ich, wir hatten damals eine Online-Plattenfirma mit jeder Menge Musik, die keiner kannte. Und wir haben uns eben überlegt, wie können wir diese Musik, die großartig ist, an die richtigen Ohren bringen? Und da haben wir dann im Prinzip das Last-FM-System gebaut, um diese beiden Fragen zu beantworten."
Ein Titel der "Fake Sensations" – eine Londoner Band, die immer noch ein Plattenlabel sucht, die aber über Last.Fm jetzt schon Hörer findet. Jeder Künstler kann seine Songs auf die Webseite laden und die eigene Musik so neben den Titeln von internationalen Stars anbieten. Die ursprüngliche Idee, auch völlig unbekannte Bands zu spielen, ist trotz des Erfolgs der Seite nie verschwunden – Last.FM ist heute fester Bestandteil des internationalen Geschäfts mit Musik aus dem Internet. Martin Sticksel erinnert sich aber auch noch an die ersten Monate nach der Gründung, da wurde die Seite von einer Handvoll Idealisten am Leben gehalten, unter merkwürdigen Lebensbedingungen:
"Ich musste damals nicht auf dem Dach schlafen, aber unsere Programmierer mussten dort zelten. Als wir mit der Seite angefangen haben - das war so 2002, 2003 - da war kein Geld da für online-Musik. Das war gerade in den Monaten, nachdem Napster sehr stark verklagt wurde. Und dieser Prozess hat allgemein die online-Musik ja wirklich um Jahre zurückgeworfen. Deshalb mussten wir alles selber machen."
Steve Gravalle, ein 24-jähriger in Jeans und T-Shirt, ist der Schlagzeuger in der Belegschaft – und er ist zuständig für die Software, die die Webseite am Laufen hält:
"Mein Arbeitstag ist immer extrem hektisch, heute habe ich zum Beispiel ein neues Programm in die Webseite eingebaut, das die Suche nach Bands erleichtert. Die meisten Programmierer, die hier arbeiten, waren vorher selbst user von Last.FM und haben den Job über die Seite gefunden. Last.FM veröffentlicht Job-Angebote nämlich nur auf der eigenen Webseite – deshalb kennen die Leute, die hier anfangen, die Seite schon in- und auswendig."
Das Büro von Last.FM liegt heute im Londoner East End, die Gegend ist voll mit Kunstgalerien, jungen Technologie-Firmen und Bars und Kneipen, die alle paar Wochen ihren Namen wechseln. Vor wenigen Wochen hat Martin Sticksel, gemeinsam mit seinen Kompagnons, die Webseite an den amerikanischen Medienkonzern CBS verkauft, für 200 Millionen Euro. Wie viele Millionen er selbst bekommen hat, will der Portal-Gründer Sticksel jedoch nicht verraten. Der Deal sieht allerdings vor, dass sich im Büro von Last.FM nichts ändern soll. Martin Sticksel sitzt weiter an einem der großen Holztische und hört über seine Kopfhörer viel Musik aus dem Internet – und auch seine Mitarbeiter sagen, es sei alles wie vorher. In den nächsten Monaten soll das Video-Angebot auf der Webseite ausgebaut werden, außerdem wird die Software, die Musikgeschmäcker analysiert, ständig verfeinert.
Für CBS könnte sich der Kauf der Webseite auszahlen, denn mit Last.Fm hat der Konzern nicht nur eine interessante Internet-Idee übernommen, sondern auch eine weltweite Anhängerschaft: Die Seite hat 20 Millionen User. Last.FM wird deshalb immer wieder mit Seiten wie "youtube" und "myspace" verglichen, die ebenfalls sehr früh erkannt haben, dass das Internet Treffpunkte braucht, auf denen Web-User Ideen, Erlebnisse oder Informationen austauschen können. Und so wie "youtube" und "myspace" wurde auch Last.FM schon lange von mehreren großen Unternehmen umworben. Angst davor, dass seine Internet-Firma jetzt von der amerikanischen Muttergesellschaft ausgeschlachtet oder als Unterabteilung zurechtgestutzt wird, diese Angst hat der Mitgründer Martin Sticksel allerdings nicht:
"Also, die user wissen, dass die Last.FM-Köpfe nach wie vor am Ruder sitzen. CBS lässt uns alleine und weiß, dass Last.FM zukunftweisend ist. Eben weil es den Leuten Kontrolle gibt über ihr Unterhaltungsprogramm. Das ist meiner Meinung nach und unserer Meinung nach die nächste Stufe von Unterhaltung."
Last.FM gehört mit zu einer wachsenden Gruppe von Webseiten, die sich auf den Geschmack und auf die Vorlieben jedes einzelnen Nutzers einstellen. Martin Sticksel will allerdings mehr bieten als einen individuellen Musikservice – in ein paar Jahren, sagt er, soll Last.FM, so wie der Name schon andeutet, die letzte Musikwebseite im Internet sein.