Neues wagen

Von Katharina Hamberger · 11.03.2011
Der gemischte Jazzchor Freiburg wagt sich immer wieder an Neues und Ungewöhnliches heran. Wie im vergangenen Jahr wagen sich die 33 Sängerinnen und Sänger auch 2011 wieder an einen Auftritt mit Bobby McFerrin heran.
Klingt wie ein Chor mit Schlagzeug und Percussion, sind aber ein Chor und Julian Knörzer. Der 25-jährige ist die rhythmische Begleitung und eines der Markenzeichen des Jazzchors Freiburg.

Meistens singt der Jazzchor mit einer Band. Sich einen Beatboxer für die a-capella-Stücke zu holen, war eine spontane Idee des Chorleiters Bertrand Gröger:

"Als er 17 war, habe ich ihn in einer Jugend Big Band gesehen. Den dacht’ ich, den möchte ich gerne haben. Das passt natürlich auch gut zur a-capella-Musik, wenn man da ein bisschen Rhythmus drunter hat, ist das natürlich wunderbar."

An diesem Donnerstagabend proben die Sängerinnen und Sänger des Jazzchors in einem Mehrzweckraum einer Grundschule in Freiburg. Mittendrin Chorleiter Bertrand Gröger und sein Klavier. Dahinter baut Julian Knörzer, der auch als Tenor im Chor singt, einen kleinen Verstärker auf und schließt sein Mikrofon an.

Julian Knörzer: "Zum Beatboxen bin ich über Hip Hop gekommen. Ich hab’ mit 12 angefangen zu rappen und mich dann irgendwann mit 15 doch mehr zum Beatboxen hinreißen lassen."

Gröger: "Die Fans oder die Zuschauer, die toben und das ist völlig egal welches Alter. Ob die Leute 70 sind oder 60, oder ob die Leute 20 oder 10 sind. Die finden das einfach großartig. Und wenn jemand sieht, da spielt jemand Schlagzeug ohne Schlagzeug und begreifen, was da grade vor sich geht, umso mehr ist es toll."

Engemann: "Beatbox ist eine extreme Bereicherung für den Chor. Es ist so ein Spaß und so eine Freude und so ein Rhythmus und so ein Gewinn, ich weiß gar nicht mehr, wie das vorher war."

Der 55-jährige Tenor und selbstständige Frisör Stefan Engemann ist bereits seit 15 Jahren beim Jazzchor Freiburg und schätzt die Dynamik und Professionalität des Laienchors:

Stefan Engemann: "Wir haben sehr abwechslungsreiches Programm, wir haben sehr viele Swingstücke und unser Chorleiter animiert auch die Zuhörer immer mal wieder was mitzumachen, mitzuklatschen, mitzuschnippen, mitzusingen."

Maggie Horrer: "”Ich würd’s schon ziemlich professionell nennen. Sonst kenn’ ich das eigentlich nicht so, dass man so an Details arbeitet und so rhythmisch und mit Groove arbeitet, was man, glaub ich, in anderen Chören oft nicht macht.""

Maggie Horrer ist eine der Solistinnen im Chor und - als eines der wenigen Chormitglieder - ausgebildete Sängerin. Die 26-Jährige zählt zu den neueren Mitgliedern. Trotz ihrer Vorbildung musste sie den dreistufigen Aufnahmetest des Chors durchlaufen.

Engemann: "Im Moment ist die Aufnahmesituation so, dass man zuerst vorsingen muss. Man bringt ein eigenes Stück mit, das man vorsingt. Und dann gibt es noch eine Rhythmus-Probe, da wird also geguckt, wie ist die Stimme und wie ist das Rhythmus-Gefühl des Sängers. Und dann gibt es diese 18 Stücke, sind’s glaub’ ich mittlerweile, die man innerhalb von zwei Prüfungen, auswendig, mit Metronom vorsingen muss. Das ist tough."

Diese harte Auswahl spiegelt sich in der Qualität und den zahlreichen Auszeichnungen des Chors wider. Aber auch in den Einladungen, die der Chorleiter Bertrand Gröger immer wieder aus der ganzen Welt erhält.

Gröger: "Das Erfolgsrezept? Ich glaube zu dem Rezept gehören viele verschiedene Zutaten. Und das eine ist einfach mal, dass wir gute, tolle Sänger haben, dass wir irgendwie immer Visionen haben, dass wir meistens gute Konzerte vor der Nase haben und insofern einfach immer Spaß haben, zu arbeiten."

Gröger: "Wir machen Jazz, allerdings im ganz ausgedehnten Sinne. Alles was unter diesen Deckel noch passt, versuchen wir eigentlich mitzunehmen und auch so zu machen, dass es für das Publikumsohr auch verständlich ist."

Schon 2010 gab der Jazzchor Freiburg mit Bobby McFerrin ein Konzert. Auch in diesem Jahr werden die Sängerinnen und Sänger im Mai mit dem Künstler auf der Bühne stehen, der in seinem neuen Programm mit außergewöhnlicher Vocal-Musik experimentiert.
Gröger: "Ja, ich glaube, das ist zumindest ein Zweig der Chormusik der Zukunft. Also, mich fasziniert diese Musik sehr. Ich glaub’, diese Musik hat Farben, die wirklich in die Zukunft weisen. Es ist einfach vieles drin."

Diese Experimentierfreude und Offenheit gegenüber neuen Dingen ist charakteristisch für den Jazzchor in Freiburg. So hat der Chor unter anderem einen Tango von Astor Piazzolla nachgesungen. Die Stimmen der Sängerinnen und Sänger wurden dabei zu Instrumenten.

Gröger: "Worum ich mich sehr bemühe ist, dass wir ein sehr spezielles und abwechslungsreiches Programm haben. Also, das heißt, wir versuchen möglichst immer Dinge zu machen, die andere noch nicht gemacht haben."


Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.